Hallo!
Ich wollte jetzt schon mehrmals auf diese Frage antworten, aber leider kann ich von der Arbeit aus nur lesen, aber merkwürdigerweise nichts ins Forum schreiben. Also mach ich das jetzt von zu Hause.
Ich arbeite auch auf einer
Wenzel mit WM Quartis. Insgesamt habe ich über 13 Jahre Erfahrung mit verschiedensten Softwareprodukten im Bereich Koordinatenmesstechnik.
Fall 1:
Passfedernutsymmetrien sind mein Täglich Brot. Man sollte es nicht meinen, aber was so einfach aussieht, ist nicht so trivial. Wie habback richtig erwähnte, ist die Ausrichtung nicht so simpel. Einerseits muss man einen relativ kleinen Taster benutzen (z.B. Durchmesser 1 mm), andererseits muss man penibelst darauf achten, nicht mit dem Schaft anzutasten. Man muss also für einen guten Zugang zur Nut sorgen. In der Praxis spanne ich das Bauteil auf ein Magnetprisma und richte die Nut mit einem Winkel anhand der Kanten der Passfedernut aus. Manche Kollegen denken, dass es anschließend ausreicht, auf einem Höhenmessgerät oben und unten in der Nut je einen Punkt anzutasten, aber das funktioniert leider nicht. Sollte die Nut außermittig sein, richtet man die Nut auf die Weise schief aus und bekommt ein falsches Ergebnis.
Auf der Messmaschine ist das kein Problem, nur muss man sicherstellen, dass man keine Schaftantastung bekommt.
Im Messprogramm misst man die Seitenflächen der Nut als Ebenen, am besten mit hoher Punktdichte, da man so am besten anhand der Spannweite beurteilen kann, ob die Ergebnisse plausibel sind. Aus diesen Ebenen bildet man eine Symmetrieebene. Vorher hat man natürlich den Außendurchmesser gemessen, aber Vorsicht! Dies sollte man nur um die Passfedernut herum tun, es sei denn, das Bauteil ist stabil genug, um nicht durchzuhängen.
Für die Auswertung bildet man ein
Koordinatensystem mit dem Bezug als Hauptrichtung und der Symmetrieebene als Nebenrichtung. Dann bestimmt man die Symmetrie der Ebene. In WM Quartis kann man eine Ebene leider nur zu einer anderen Ebene auswerten (obwohl die Bedienungsanleitung behauptet, Achsen gingen auch), deshalb muss man erst eine theoretische Ebene erstellen, die parallel zur Symmetrieebene der Nut liegt und durch die Achse des Bezugs geht, daher auch die Erstellung des Koordinatensystems.
Bitte beachte, dass für die Symmetrieebene, die man zur Auswertung nutzt, eine passende Wirklänge (gleich der Länge der Nut) angegeben werden muss, und dass der Symmetriewert aus der größten Abweichung gebildet wird.
Fall 2:
Beide Varianten a) und b) sind möglich, bedeuten aber im Endeffekt etwas anderes. Im Fall b), den ich bevorzugen würde, werden die Koaxialitäten der Mittelachsen A und B tatsächlich nicht zu sich selber ausgewertet, sondern zur gemeinsamen Achse A-B (wobei der Bindestrich hier eine Gleichwertigkeit der Bezüge andeutet). Die Achse kann man hier durch eine Verbindungsachse der Schwerpunkte der jeweiligen Zylinder A und B bilden (oder noch besser: Man bildet eine Achse aus den Mittelpunkten der Bezüge, dazu unten mehr. Im Fall b werden die Unterschiede aber vernachlässigbar
klein sein). Im Idealfall nimmt man auch hier eine hohe Punktdichte, und vorzugsweise bildet man die Zylinder durch Scannen der Mantelflächen mit Linien (nicht mit Kreisen), da durch Mantellinien die Lage der Achsen deutlich besser abgebildet wird.
Die Koaxialitäten werden zweimal ausgewertet, einmal für Achse A zu A-B und einmal für Achse B zu A-B. Für beide Auswertungen gilt die Toleranz ⌀0,01.
Bei Variante a) wird nur eine Auswertung durchgeführt, und zwar für die gemeinsame Achse aus A und B. Hier muss man unbedingt eine Gerade erzeugen, die auf den Mittelpunkten der beiden Zylinder basiert. Entweder man scannt dann eben doch Kreise (um an die Mittelpunkte zu gelangen) oder die Software bietet die Möglichkeit, direkt aus der Achse eines Zylinders die Geradheit auszuwerten. WM Quartis beispielsweise kann das erst ab Version 2020-1, also der neuesten Version.
(Anmerkung: Beim Durchlesen merke ich gerade, dass das Unsinn ist, das trifft natürlich nur bei einem einzigen Zylinder zu. Aus mehreren Zylindern mit unterschiedlichen Durchmessern solltest Du keinen neuen Zylinder konstruieren, sondern eine Gerade, und die braucht in dem Fall die Mittelpunkte als Grundlage, also sind wir doch wieder bei den Kreismessungen, und die auch nicht innerhalb einer Zylindermessung, sondern wirklich und tatsächlich einzelne Kreise).In diesem Fall gilt die Toleranz für die gesamt Achse, was etwas ungünstiger für die Auswertung ist, da sich die Toleranz auf eine deutlich größere Wirklänge verteilt.
Fall 3:
In dem Fall wird der Rundlauf des auszuwertenden Elements ausgewertet auf eine Hilfsachse, die rechtwinklig zu Bezug A und konzentrisch zu Bezug B liegen muss. Diese Art des Bezugs bildet gerade bei kurzen Werkstücken eine zuverlässige, stabile und trotzdem funktionale Auswertegrundlage.
Der Beitrag wurde von DanielWB bearbeitet: 05.03.2020, 18:16 Uhr