Management
Wie Organisationen aufs Ganze gehen
Wer Organisation nur als Zusammenspiel von Aufbau- und Ablauforganisation betrachtet, übersieht ein Element, ohne das selbst die besten Strukturen und Prozesse wirkungslos bleiben: Es ist die Motivation der Menschen, die innerhalb dieser Aufbau- und Ablauforganisation tätig werden. Das ACE-Modell der Organisation erweitert die bislang übliche Systematik der Organisationsaufgaben um diesen Faktor.
Nun ist die Bedeutung der Motivation für Unternehmen längst erkannt. Überraschend ist aber, dass sie fast ausschließlich als eine Aufgabe von Personalarbeit und Führungssystemen betrachtet wird, statt darin ein eigenständiges Aufgabengebiet der Organisation zu erkennen.
Die Betonung liegt hier auf „eigenständig“. Natürlich wird auch im Organisationsmanagement immer wieder betont, wie wichtig es ist, Motivation zu ermöglichen. Dennoch dominieren in der Organisationslehre weiterhin die klassischen Aufbau- und Ablaufaufgaben. Wenn man sich die entscheidende Bedeutung der Mitarbeitermotivation für den Erfolg eines Unternehmens vergegenwärtigt, zeigt sich darin ein rein technisch angelegtes Organisationsverständnis. Die Mitarbeiter werden als Lieferanten von Leistungen gedacht, deren Motivation für die Leistungserbringung aus ihrem Gehalt und gegebenenfalls materiellen Sonderleistungen entsteht. Dies mag in manchen Produktionsbereichen tatsächlich so sein. Doch von der großen Mehrzahl der Mitarbeiter wird weit mehr als der Dienst nach Vorschrift erwartet. Unternehmen brauchen hoch engagierte „Mit-Denker“ und „Mit-Arbeiter“, die sich für den gemeinsamen Erfolg einsetzen.
Das ACE-Modell der Organisation wurde entwickelt am IOM Institut für Management & Organisation. Quelle: Roadmap Organisation, Andreas Aulinger 2017
Ein weiterer Mangel haftet dem reduzierten Denken in Aufbau- und Ablauforganisation an: Es ist statisch angelegt und geht von der Vorstellung aus, dass die Verteilung von Arbeit und die Kombination der verteilten Arbeitselemente zu Prozessen auf Dauer festgelegt werden könnten. Davon kann jedoch immer weniger die Rede sein. In Zeiten zunehmender Digitalisierung und mit der Industrie 4.0 im Blick sind agile Organisationen gefordert, fähig und bereit zur schnellen Veränderung. Stabil bleiben nur noch die Werte und Prinzipien einer Organisation, nicht jedoch die Details der Aufbau- und Ablauforganisation.
Motivation als originäre Organisationsaufgabe
Deshalb bietet das ACE-Modell der Organisation eine neue, vollständige und dynamische Systematik. Dabei werden drei Aufgabenbereiche unterschieden, die in jeder Art von Organisation wirksam sind: Assign, Combine und Energize.
Assign (Englisch für „zuordnen“) bezeichnet die Zuteilung von fachlichen und Leitungsaufgaben innerhalb eines Unternehmens.
Assign umfasst damit zum einen die klassische Aufbauorganisation mit ihrer auf Dauer angelegten Arbeitsteilung. Zu Assign gehören aber auch alle Fälle, in denen Unternehmensmitgliedern Aufgaben spontan oder befristet zugeordnet werden beziehungsweise in denen Mitarbeiter selbst solche Aufgaben übernehmen.
Zu klären sind:
- Nach welchen Kriterien können fachliche Aufgabenbereiche in Unternehmen dauerhaft aufgeteilt und konkrete Aufgaben situativ verteilt werden?
- Nach welchen Kriterien sollen Leitungsaufgaben dauerhaft und situativ verteilt werden? Wer also bekommt in welchen Situationen welche Entscheidungsbefugnisse?
- Und wie kann man Menschen für neue Arten der Arbeitsteilung gewinnen?
Bei Combine geht es darum, verschiedene fachliche Tätigkeiten so zu Arbeitsfolgen zu kombinieren, dass das Unternehmen als Ganzes Werte schafft.
Dazu gehören alle Aufgaben, die klassisch der Ablauforganisation zugerechnet werden, zusätzlich aber auch Aufgaben wie das Erstellen von Plänen sowie Wenn-dann-Regeln, also die Definition von Schrittfolgen auf der Grundlage von Abhängigkeiten und Vorbedingungen.
Hier ist zu fragen:
- Wie kann das Prozessmanagement die Kommunikation zwischen abgeteilten Organisationseinheiten (daher der Name „Abteilung“) optimal gestalten?
- Mit welchen Werkzeugen und Dokumentationsstandards können formale Prozesse in einer für die Unternehmensmitglieder hilfreichen Weise beschrieben werden?
- Wie detailliert müssen Prozesse und Wenn-dann-Regeln ausgelegt sein, die einerseits zu einem Höchstmaß an Verlässlichkeit und Wertschöpfung führen und andererseits in unerwarteten Situationen das so wichtige Mitdenken der Einzelnen ermöglichen?
Motivation wird in der Regel als eine Aufgabe von Personalarbeit und Führungssystem betrachtet. Das ACE-Modell von Andreas Aulinger erkennt darin ein eigenständiges Aufgabengebiet der Organisation. Fotos: Klonk
Neben berufsbegleitenden Studienangeboten betreibt das IOM Forschung und Networking im Bereich Organisation & Management.
Mehr zum Thema maßgeschneiderte Organisationen lesen Sie in der Publikation „Roadmap Organisation“, Band 2 der IOM-Edition 2017, herausgegeben von Andreas Aulinger und Markus Heudorf
Das IOM Institut für Organisation & Management ist eine private Business School an der Steinbeis-Hochschule Berlin.
2011 gegründet, bietet das IOM Führungs- und Nachwuchskräften die Möglichkeit, neben dem Beruf ihren Bachelor bzw. Master zu machen oder sich in anspruchsvollen Zertifikatslehrgängen weiter zu qualifizieren.
Mit der Kategorie Energize, also „Antrieb geben, Energie zuführen“, ergänzt und erweitert das ACE-Modell die herkömmliche Sichtweise der Organisation um den wichtigen Faktor Motivation.
Unter Energize fallen alle Aufgaben, die Einfluss auf die Motivation der Unternehmensmitglieder nehmen und bestimmte Haltungen und Verhaltensweisen bei ihnen bewirken sollen.
Im Fokus stehen die Fragen:
- Wie wirken verschiedene Anreize auf die Motivation der Mitglieder eines Unternehmens?
- Mit welchen Anreizsystemen lässt sich die Motivation für engagiertes Mitarbeiten und Mitdenken an den Zielen und Visionen des Unternehmens fördern?
- Welche Anreize gehen von den im Unternehmen vorhandenen Managementsystemen aus?
- Welche Führungssysteme können zur Motivation der Mitarbeiter beitragen?
Das Ganze sehen und gestalten
Oft ist eine aufeinander abgestimmte Betrachtung aller drei Organisationsaufgaben erforderlich, um optimal wirksame Regelungen für jeden der drei Bereiche zu finden. Wichtig ist, dass keine der Aufgaben per se Priorität hat, denn jede kann Ausgangspunkt von organisatorischer Entwicklung sein.
Das Fazit für die Gestaltung einer optimal wirksamen Organisation liegt auf der Hand: Mit dem klassischen Zweiermodell kommt man nicht weiter. Wichtig ist, dass alle drei Aufgaben – Assign, Combine und Energize –immer in ihrem Zusammenwirken betrachtet und gestaltet werden.
Kontakt
Prof. Dr. Andreas Aulinger
Direktor
Institut für Organisation & Management (IOM)
Steinbeis-Hochschule Berlin
Berlin
Tel. + 49 30 762 39 22 – 60
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