Franz-Xaver Bernhard

Hermle

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Automatisiert und digital werden Prozesse besser

Während viele Bediener noch mit dem Smartphone schlafen gehen, weil sie nachts jederzeit die laufende Bearbeitung überwachen wollen, hat Hermle Tools für einen sicheren automatisierten Prozess erarbeitet. Mit dem Tochterunternehmen HLS Hermle Systemtechnik GmbH erfährt der Hersteller von Werkzeugmaschinen aus Gosheim, Kreis Tuttlingen, eine dynamische Entwicklung durch den Trend zur Automatisierung. Vorstand Franz-Xaver Bernhard erläutert im Interview mit dem IndustryArena eMagazine, welche Bedeutung Automatisierung und damit verbunden Digitalisierung für das schwäbische Unternehmen haben. Nicht nur für die Kunden, sondern auch in der eigenen Fertigung wird es immer wichtiger, ein Gesamtkonzept für Maschine und Automatisierung zu nutzen.

Vom Werkzeugmaschinenhersteller zum Anbieter von Automatisierungslösungen scheint im Trend zu liegen. Was treibt den Maschinenbau an?

Bernhard: Viele Unternehmen machen es gleich wie Hermle. Wir müssen als erstes die Anforderungen unserer Kunden im Markt verstehen. Die ändern sich im Lauf der Zeit. Dafür müssen wir die besten Lösungen entwickeln. Da hat sich in der Tat in den vergangenen Jahren ein deutlicher Trend hin zur Automatisierung ergeben. Schlussendlich geht Automatisierung auch mit der Digitalisierung ein her. Das haben wir als Anforderung aufgenommen und Lösungen dafür entwickelt, um die Anforderungen im gleichen Schwierigkeitsgrad mit entsprechenden Lösungen bieten zu können. Das Ziel dabei ist, dass Kunden die längeren Einsatzzeiten, die durch die Automatisierung möglich sind, die Stundensätze reduzieren und somit wettbewerbsfähig bleiben können. Durch automatisierte Prozesse kann auch Personal, dass an allen Ecken und Enden knapp ist, ersetzt werden.

Die Digitalisierung reicht in die einzelne Werkzeugmaschine hinein. Welche weitere Entwicklung erkennen Sie?

Bernhard: Das zeichnet sich ein stetiger Prozess ab. Bei unseren Produkten müssen wir dafür sorgen, dass die Anforderungen des Kunden mit möglichst einfachen Lösungen umgesetzt werden. Die Automatisierung bedeutet ja nicht nur, dass man ein Werkstück von einem Ort zum nächsten einfach transportiert. Das ist zu kurz gedacht. Wir müssen erst einmal dafür sorgen, dass ein Prozess stattfinden kann. Das fängt beim Greifen an, damit das Werkstück genauso genommen wird, wie es später in der Maschine benötigt wird. Und wir müssen in der Maschine für eine sichere Spannvorrichtung sorgen. Die mechanischen Komponenten der Automatisierung sind Greifen, Transportieren, Spannen und wieder Greifen. Das ist gewissermaßen die einfachste Übung. Und dann müssen wir auch dafür sorgen, dass der Prozess automatisch läuft. Der Prozess muss so gestaltet sein, dass es keines Eingriffs eines Mitarbeiters bedarf. Diese Aufgabe können wir nur gemeinsam mit dem Kunden lösen.

Wie kommt man zu den richtigen Prozessen?

Bernhard: Dazu braucht es eine neue Organisation, wie der Kunde seine Prozesse organisiert. Um ihm dabei unter die Arme zu greifen, haben wir verschiedene Software-Tools, also digitale Bausteine, entwickelt. Ein Beispiel. Wenn sie als Mitarbeiter einen solchen Prozess vorbereiten, der möglichst über das Wochenende oder zumindest über Nacht allein laufen soll, dann muss der Prozess stimmen. Dann kann niemand eingreifen, falls der Prozess aus den Toleranzen läuft. Einen schlechten Prozess kann dann niemand abbrechen. Das muss alles automatisch gehen. Deshalb muss ich zunächst dafür sorgen, dass der Prozess, den ich generiere, allein läuft. Ich muss sicherstellen, dass die nötigen Werkzeuge mit der erforderlichen Standzeit in der Maschine vorhanden sind. Dann muss ich sicher sein, dass die NC-Programme alle erstellt und zur Verfügung gestellt werden. Denn ein Anwender, der ständig überlegen muss, ob alles vollständig ist, hat keine Zeit, um andere Dinge zu tun. Deshalb haben wir ein Tool entwickelt, dass diese Prozesse im Vorfeld simuliert. Dann sieht er beispielsweise, dass er nachts um 2:00 Uhr keinen Gewindebohrer mehr hat, weil die Standzeit abgelaufen ist. Oder dass ein NC-Programm gar nicht auf dem Server vorhanden ist. Das sind ein paar Beispiele dafür, wie wichtig die Prozessorganisation ist. Wie wichtig es ist, die Automation mit einfachen und möglichst intuitiv bedienen baren Software-Tools zu unterstützen.

Dann muss der Anwender in Zukunft nicht mehr nachts mit dem Tablett ins Bett gehen, um öfter zu kontrollieren, ob alles passt?

Bernhard: Genau das wollen wir eigentlich vermeiden. Der Anwender soll nicht ständig prüfen müssen, sondern sicher sein, dass der Prozess funktioniert, bevor er ihn startet. Das können wir in diesen Punkten mit unseren Software-Tools sehr gut machen. Natürlich trägt der Bediener die Verantwortung dafür, dass das NC-Programm in Ordnung ist. Oder, dass es kollisionsgeprüft ist. Wenn alles passt, dann funktioniert eben der Prozess reibungslos. Das erfordert auch eine Veränderung der Arbeitsweise beim Kunden. Dann startet man nicht mehr das Programm und steht daneben, um zu schauen, ob alles passt. Vernünftigerweise muss überprüft werden, ob der Bohrer am Ende des Prozesses noch vorhanden ist. Ansonsten wird das Werkstück ausgeschlossen, die Palette rot markiert, das heißt defekt, dann wird ein Schwesterwerkzeug verwendet und die Anlage läuft wieder.

Wo steht Hermle in dieser technologischen Entwicklung?

Bernhard: Das Angebot für unsere Kunden habe ich gerade beschrieben. Und was wir lernen müssen, ist die Frage, wo gibt es Themen, die die Kunden interessieren. Beispielsweise die Prozessüberwachung noch detaillierter hinzubekommen. Die Zustände an der Anlagentechnik zu verstehen und entsprechende Tools zu entwickeln, dass Störungen korrigiert werden. Der Prozess der Digitalisierung findet nicht nur bei den Kunden statt, sondern auch in unserem eigenen Haus. Wir haben als Unternehmen auch Industrie 4.0 im Haus, das bedeutet, dass wir auch unsere eigenen Prozesse im Blick behalten. Alle Unternehmen im Maschinenbau sind gut beraten, sich mit dem Thema Digitalisierung in der eigenen Fertigung zu beschäftigen. Da sind wir seit einiger Zeit dran, aber noch lange nicht da, wo wir sein wollen. Das sind lange dauernde Prozesse, die man Schritt für Schritt vorantreiben muss. Und auch in für die eigene Firma verdaulichen Schritten umsetzen.

Welche technologischen Entwicklungen sehen Sie in der Branche?

Bernhard: Die Branche Werkzeugmaschinenbau ist sehr vielschichtig. Wir haben sehr unterschiedliche Firmen im VDW, dem Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken; mit unterschiedlichen Themen. Vielfach ist es die Transformation vom Verbrenner zum E-Antrieb. Es gibt auch aus anderen Industriezweigen neue Anforderungen, zum Beispiel die Energieerzeuger. Dazu gehören Windräder, Fotovoltaik, Elektronik. Für Bauteile und Maschinen ist der allgemeine Werkzeugmaschinenbau zuständig. Es gibt auch aktuell aus eher unschönem Anlass viele Anfragen aus der Wehrtechnik. Allen gemein ist, dass Automatisierung und Digitalisierung eine Rolle spielen. Das wird auch in den nächsten Jahren so bleiben.

Also war die Sorge, dass die additive Fertigung, den Zerspanern die Arbeit wegnimmt, aus heutiger Sicht absolut unberechtigt?

Bernhard: Absolut unberechtigt ist sicherlich nicht korrekt. Es gibt bestimmte Anwendungen, wo diese Technologie Einzug gehalten hat und zu einer guten Koexistenz zwischen additiven und spanenden Fertigungsmethoden geführt hat. Häufig ist es so, dass ein additiv gefertigtes Werkstück an Funktionsflächen nicht einsatzbereit ist, ohne dass wir mit abtragenden Technologien Hand anlegen. Der Gedanke, alles additiv zu fertigen, war sicherlich zu euphorisch gedacht. Es ist ein gutes technologisches Instrument, um bestimmte Werkstücke schneller herstellen zu können. Sie fertig zu machen, ist meistens die Aufgabe der abtragenden Technologien.

Die HLS Hermle Systemtechnik GmbH ist ein Tochterunternehmen, das sich mit der Automatisierungstechnik beschäftigt und kräftig gewachsen ist. Wie schätzen Sie das weitere Wachstum ein?

Bernhard: Die Hermle-Leibinger-Systemtechnik wird jetzt 24 Jahre alt. Wir sind davon überzeugt, dass die Thematik Automatisierung und Digitalisierung in den nächsten Jahren noch mehr an Bedeutung gewinnt. Das sieht man überall. Wir haben es in den vergangenen Jahren erlebt, dass die Kurve der Anfragen steil nach oben ging. Die Tochtergesellschaft, die zu 100 Prozent zur Hermle AG gehört, leistet einen enorm wichtigen Beitrag zu unserem Gesamtprodukt. Eine Maschine ohne Automation bringt sicherlich gute Ergebnisse, erzeugt aber nicht die Wirtschaftlichkeit wie mit Automation. Deswegen wächst die Hermle AG gemeinsam mit der HLS und wird es auch in Zukunft tun. Vermutlich gibt es sogar einen dynamischeren Anteil an Automatisierungs- und Digitalisierungskomponenten.

Bleibt der Maschinenbau bestimmend oder können Sie sich vorstellen, dass die HLS irgendwann die Führungsrolle übernimmt?

Bernhard: Ich sehe es so, dass das Gesamtkonzept stimmen muss. Wenn eine hervorragende Werkzeugmaschine unzureichend mit digitalen Tools versehen ist, dann ist der Kunde nicht zufrieden und hat zusätzliche Anforderungen, die erfüllt werden müssen. Ebenso ist es umgekehrt. Ein gutes digitales Produkt zur Automation einer Maschine, die aber ihren Job nicht macht, ist auch keine gute Kombination. Unsere Stärke ist, dass wir sowohl das eine mit unseren Universalbearbeitungszentren haben, und dazu die passende Automation mit allen Anforderungen, die wir vom Markt erfahren. Diese Kombination macht den Wert eines Produkts in Zukunft aus, um am Markt erfolgreich zu sein.

Hermle ist stark auf Deutschland fokussiert, aber auch weltweit unterwegs. Wie schätzen Sie die weltweite Entwicklung des Maschinenbaus ein?

Bernhard: Deutschland ist unser größter Einzelmarkt, aber wir sind mit einem Exportanteil von 65 Prozent in der Welt unterwegs. Die Entwicklungen, die wir in Deutschland sehen, setzen sich in allen anderen Märkten in gleicher Weise fort. Erstaunlicherweise hat auch das Thema Automation in vielen Ländern, die wir allgemein als Günstiglohnländer bezeichnen, sehr stark beschäftigt. Wir wollen dafür sorgen, dass wir auch in den einzelnen Märkten die Kompetenz haben, um solche Anlagen verkaufen, die Beratung machen und insbesondere diese Anlagen vor Ort auch betreuen zu können. Das bedeutet, dass Unternehmen wie Hermle die Kompetenz im Bereich Service in allen Märkten auf das deutsche Niveau bringen.

Das klingt, als sei Deutschland ein Vorreiter für den Weltmarkt?

Bernhard: Ich würde Deutschland und Europa gleichsetzen. In Europa setzen sich sehr viele Kunden mit Automation auseinander, genauso wie sich die deutschen Kunden schon viele Jahre damit beschäftigen. Über Europa hinaus sehe ich auch in den anderen Märkten, dass diese Thematik dort in naher Zukunft eine bedeutende Rolle spielen wird.

Was werden Werkzeugmaschinen in fünf Jahren können und was müssen Sie dann noch lernen?

Bernhard: Was wir und unsere Marktbegleiter beobachten, sind steigende Anforderungen an Maschinenzustandsüberwachung. Prozessautomatisierung und automatische Korrekturen bei Abweichungen müssen sich weiterentwickeln. Mit einem etwas provokativen Ausdruck geht es um die selbst fahrende Maschine, so wie wir sie bei den Pkw sehen. In diese Richtung wird sich der Markt in Zukunft entwickeln. Allerdings sind fünf Jahre ein langer Zeitraum. Ich kann mich noch gut an Diskussionen im Verband und mit anderen Kollegen vor fünf Jahren erinnern. Da sind manche Punkte gar nicht erwähnt worden, die heute schon Standard sind. Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten fünf Jahren genauso sein wird. Ganz sicher ist, dass die Werkzeugmaschinenbranche zukünftig noch viel lernen muss. Hermle lernt täglich von den Kunden und deren Anwendungen und wird dies auch weiterhin in die Entwicklung seiner Produkte einbringen.

Kontakt

Franz-Xaver Bernhard

Vorstandsmitglied
Maschinenfabrik Berthold Hermle AG
Gosheim

Tel. +49 7426 95-0
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Die Fragen stellte Georg Dlugosch, Chefredakteur des IndustryArena eMagazines.

www.hermle.de