
Titelthema
Durchgängige Digitalisierung verbessert die Wettbewerbsfähigkeit
Mit der durchgängigen Digitalisierung können die Hersteller von Präzisionswerkzeugen Komplexitätskosten reduzieren. Damit steigern sie die Wettbewerbsfähigkeit. Das Jahr 2024 verlief für die Präzisionswerkzeugindustrie enttäuschend, wie der VDMA mitteilte. Die erhoffte Belebung blieb aus. Im Gesamtjahr 2024 steht ein deutliches Produktionsminus von neun Prozent auf einen Produktionswert von neun Milliarden Euro. Zum Thema Zerspanung äußerte sich Markus Horn, der Vorsitzende der Fachabteilung Wendeschneidplatten im VDMA-Fachverband Präzisionswerkzeuge.
Kernaussagen
• Die deutsche Präzisionswerkzeug-Produktion sank 2024 um neun Prozent auf neun Milliarden Euro. Eine erhoffte Erholung in der zweiten Jahreshälfte blieb aus.
• Die Branche sieht Anzeichen dafür, die Talsohle bald erreicht zu haben. Sie erwartet für 2025 einen weiteren Rückgang der Produktion um zwei Prozent.
• Um Nachhaltigkeitsziele umzusetzen und Effizienzverbesserungen für die Kunden zu erreichen, benötigen die Unternehmen stabile und konkurrenzfähige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen.
Wirtschaftliche Situation
Die Hersteller von Zerspanwerkzeugen verzeichneten 2024 überwiegend Rückgänge im einstelligen, teilweise sogar auch im zweistelligen Umsatzbereich. Das erste Halbjahr war wie erwartet schwach. Leider blieb die für das zweite Halbjahr erhoffte Belebung aus.
Der Absatz im Inland sank 2024 deutlich unter das Vorjahresniveau. Eine Rückkehr des deutschen Marktes auf das Vorkrisenniveau ist auf lange Zeit nicht erkennbar. Das Auslandsgeschäft enttäuschte ebenfalls auf breiter Front und blieb insgesamt unter dem Niveau von 2023.
Die Exportstatistik weist von Januar bis November des Jahres 2024 über alle Absatzmärkte hinweg einen Rückgang um vier Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus. Praktisch alle wichtigen Märkte zeigten sich schwächer. Eine positive Ausnahme war der US-amerikanische Markt, der ein stärkeres Geschäft mit Zerspanwerkzeugen ermöglichte. Wie schon im Vorjahreszeitraum blieb die USA damit auch 2024 der größte Einzelmarkt und baute die Bedeutung aus. Die Lieferungen in die Vereinigten Staaten stiegen in den ersten elf Monaten des Jahres um knapp elf Prozent.
In Mittel- und Südamerika schwächten sich die Märkte ab. Der zweitgrößte Markt auf dem amerikanischen Kontinent, Mexiko, verzeichnete ein Minus von fünf Prozent. Nach Brasilien, in den drittgrößten amerikanischen Markt, lieferten die deutschen Hersteller im gleichen Zeitraum zwei Prozent weniger Zerspanwerkzeuge.
Das Geschäft mit China ging deutlich zurück. Es lag 2024 um zehn Prozent unter dem Vergleichszeitraum aus 2023. Die Nachfrage aus dem Reich der Mitte schwächt sich seit Ende 2021 kontinuierlich ab. Weiterhin gibt es keine Anzeichen einer Besserung. Die Bedeutung des chinesischen Marktes sinkt folglich. Auch Japan mit einem Minus von 14 Prozent und Korea mit einem Rückgang um fünf Prozent zeigten sich abermals schwächer.
Der Export nach Indien entwickelte sich dagegen weiter positiv und konnte ein Wachstum um fünf Prozent verzeichnen. Auch in Taiwan wurde nach dem Rückgang im Vorjahr wieder ein kleines Plusverzeichnet.
Die Nachfrage auf dem europäischen Kontinent blieb auch 2024 schwach. Die Lieferungen an die EU-Partnerländer gingen um fünf Prozent zurück. Einziger Lichtblick in Europa war Frankreich. Wegen der weiterhin guten Nachfrage aus dem Luftfahrzeugbau konnten die Lieferungen auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden. Die Entwicklung in den weiteren europäischen Märkten außerhalb der EU27 war noch schwächer und schlug mit einem Minus von neun Prozent zu Buche.
Herausforderungen
Neben dem nach wie vor bestehenden Fachkräftemangel und der Schwäche wichtiger Abnehmerbranchen ist gerade für kleinere Mittelständler die Senkung von Kosten eine entscheidende Herausforderung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das funktioniert nur mit einer konsequenten, durchgängigen Digitalisierung. Dadurch lassen sich die Komplexitätskosten um etwa 30 Prozent reduzieren.
Man soll sich auch über kleine Dinge freuen: Das Maßnahmenpaket für Exportkreditgarantien, das die Bundesregierung am 20. Januar 2025 beschlossen hat, reformiert das Exportförderinstrument zugunsten der Unternehmen. Es verbessert die Exportfinanzierung für Auftragswerte bis zehn Millionen Euro und bringt Deutschland auf Augenhöhe mit Wettbewerbern.
Der VDMA begrüßt es ausdrücklich, dass die Kriterien für die Hermes-Deckung modernisiert wurden, um den Zugang zur Exportförderung zu erleichtern – vorausgesetzt, das Instrumentarium „German Footprint“ wird flexibel und transparent gehandhabt. Denn die Unternehmen müssen bei der Antragstellung mehrere Kriterien erfüllen, beispielsweise dass sie in Deutschland in Forschung und Entwicklung investieren, steuerpflichtig sind und in neue Anlagen oder Technologien investieren. Zudem werden die Anzahl der in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter, der angebotenen Ausbildungsplätze und der Anteil der Produktion in Deutschland berücksichtigt.

Die Kapazitätsauslastung vieler Kunden der Präzisionswerkzeughersteller ist „auf ein erschreckendes Maß gefallen“, heißt es beim VDMA-Fachverband. Fotos: Horn
Initiativen der Branche
Die brancheneinheitliche Berechnungsmethode für den CO2-Fußabdruck der Produkte wurde als VDMA-Einheitsblatt 35111 mit dem Titel „Methode zur Berechnung des Product Carbon Footprints (PCF) für Präzisionswerkzeuge“, Ausgabedatum 2025-03, veröffentlicht. Die englische Version folgt in Kürze.
Recycling von Werkzeugverpackungen
Im vergangenen Jahr hat der VDMA den Arbeitskreis „Recycling von Werkzeugverpackungen“ gegründet. Dieser hat die Aufgabe, die einzelnen Aspekte der Verpackungen und ihre heutigen Entsorgungs-/Recyclingwege zu untersuchen sowie die Potenziale einer Kreislaufwirtschaft im Bereich der Werkzeugverpackungen aufzuzeigen.
Hierzu wurde ein Feldversuch gestartet, bei dem gebrauchte Werkzeugverpackungen an einen Recycler geschickt werden, der diese zu Post-Consumer-Rezyklat aufbereitet. Das Rezyklat wird an einen Hersteller von Werkzeugverpackungen geschickt, der die Qualität und Verarbeitbarkeit prüft. Eine Teilnahme an dem Feldversuch ist noch möglich.
Projekt „ProWerWolf“
Das Forschungsprojekt „ProWerWolf“ ist im Mai 2023 gestartet worden. Es zielt darauf ab, die Wirtschaftlichkeit und Geometriefreiheit der Hartmetallbearbeitung zu steigern. Im Mittelpunkt steht die Optimierung der Werkzeug- und Prozessauslegung und die Untersuchung verschiedener Werkstoffe, Werkzeugbeschichtungen und Prozessbedingungen. „ProWerWolf“ läuft bis April 2025. Es wird vom Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen durchgeführt und vom VDMA-Präzisionswerkzeuge unterstützt.
Termine
Vom 11. bis 14. März stellen die VDMA-Mitglieder Bilz, Cimtrode, Diatest, Fraisa, Hobe und Zecha gemeinsam auf dem VDMA-Gemeinschaftsstand (Halle 3 Stand E10/F11) während der internationalen Fachmesse für Werkzeugmaschinen, Fertigungs- und Automatisierungstechnik Intec in Leipzig aus. Zudem unterstützen die Fachverbände Präzisionswerkzeuge sowie Mess- und Prüftechnik das „FORUM.INTERAKTIV“ des Messeveranstalters in Halle 2, Stand G50 am Innovationstag, dem 12. März.
Die Weltleitmesse der Produktionstechnologie EMO findet vom 22. bis 26. September 2025 in Hannover statt. Und zur Schmalkalder Werkzeugtagung, die der VDMA traditionell gemeinsam mit der GFE Schmalkalden ausrichtet, versammelt sich am 12. und 13. November 2025 das Who-is-Who der Zerspanwerkzeug-Entwicklung.

Auftragsbücher
Die Kapazitätsauslastung vieler Kunden ist auf ein erschreckendes Niveau gefallen. Auch der Blick in die Auftragsbücher gibt derzeit wenig Hoffnung auf Besserung. So deutet der Auftragseingang der Zerspanwerkzeuge auf eine weiterhin schwache Produktionstätigkeit hin. Aber zumindest erwarten die Unternehmen keinen weiteren Rückgang. Das Jahr 2025 bietet die Chance, dass das aktuelle Umsatzniveau gehalten werden kann. So viel zur Zerspanung aus deutscher Sicht.
Wirtschaftssituation
Neben den jeweiligen Heimatmärkten haben auch die europäischen Zerspanwerkzeughersteller weltweit Kunden. Schon zur Jahresmitte 2024 zeichnete sich ab, dass es für die meisten ECTA-Mitgliedsländer ein schwaches Jahr werden würde. Insgesamt sanken die Exporte der europäischen Werkzeugindustrie an Zerspanwerkzeugen in den ersten zehn Monaten 2024 um vier Prozent.
Die Binnenlieferungen innerhalb der EU fielen noch etwas schwächer aus, dort betrug das Minus rund fünf Prozent. Der europäische Binnenmarkt blieb trotzdem auch im Jahr 2024 der mit Abstand größte Markt. Weiterhin finden mehr als 60 Prozent der Werkzeuge aus der EU ihre Abnehmer innerhalb der EU.
Die größten Märkte außerhalb der EU, die USA und China, zeigten wie auch schon in den vergangenen Jahren eine gegensätzliche Entwicklung. Die USA bleiben für die europäischen Hersteller weiter ein Wachstumsmarkt mit zumindest noch leichten Zuwächsen von insgesamt zwei Prozent.
Geschäft mit China
Das Chinageschäft schwächte sich auch 2024 weiter ab und lag in den ersten zehn Monaten des Jahres mit neun Prozent im Minus. Insgesamt ist die weltweite Industrieproduktion im Jahr 2024 kaum gewachsen. Die Autoindustrie stagnierte und der Maschinenbau ging sogar zurück

Lage in Europa
Insbesondere in Europa war die Entwicklung in diesen beiden wichtigen Kundenbranchen schwach. Erfreulich entwickelt sich hingegen der Energiesektor. Getriebe für Windkraftanlagen und Turbinen für Kraftwerke benötigen Werkzeuge zur Herstellung – und helfen der Branche.
ECTA-Länder: Nach Deutschland lieferten die europäischen Hersteller von Januar bis Oktober 2024 rund sieben Prozent weniger Zerspanwerkzeuge als im Vergleichszeitraum 2023. Wie im Konjunkturbericht des Fachverbands Präzisionswerkzeuge beschrieben, blieb der Bedarf an Zerspanwerkzeugen insbesondere im Maschinenbau und in der Automobilindustrie deutlich hinter dem Vorjahr zurück.
In Italien zeigte sich ebenfalls eine schwächere Werkzeugnachfrage. Insbesondere der dramatische Rückgang in der italienischen Autoproduktion hatte starke Auswirkungen. Sie dürfte mittlerweile die Talsohle erreicht haben und 2025 zumindest das Niveau halten. Auch der Maschinenbau war 2024 in Italien rückläufig. Er könnte in diesem Jahr vom Anlauf verzögerter Förderprojekte profitieren und wieder mehr Werkzeuge benötigen.
Lichtblick Spanien
Spanien war im abgelaufenen Jahr einer der wenigen Lichtblicke. In Spanien konnte die Automobilindustrie ihre Produktion steigern. Der Maschinenbau blieb fast auf Vorjahresniveau. Dadurch stieg der Bedarf an europäischen Werkzeugen um zwei Prozent. Die spanische Automobilindustrie erwartet für 2025 ein solides Wachstum und auch der Maschinenbau könnte zulegen.
Enttäuschend verlief das Geschäft mit der Schweiz. Der Maschinenbau litt unter dem Wechselkurs und der schwachen Nachfrage des deutschen Marktes. Die in der Schweiz wichtige Uhrenindustrie leidet unter Kaufzurückhaltung und hohen Lagerbeständen. Entsprechend war in der Schweiz die Nachfrage nach Werkzeugen rückläufig. Die Aussichten für 2025 sind aber leicht positiv.
In Frankreich verlief das Geschäft mit dem dortigen Maschinenbau und der Autoindustrie schwach. Dagegen setzte sich 2024 das Wachstum in der Luftfahrtindustrie fort. Insgesamt stagnierten deshalb die europäischen Werkzeuglieferungen nach Frankreich. Für den Maschinenbau erwartet man in diesem Jahr bestenfalls ein gleichbleibendes Geschäft. Dagegen sollte der Werkzeugabsatz in der Automobilindustrie wieder steigen und sich das Wachstum in der Luftfahrt weiter fortsetzen.
In Großbritannien wächst die Wirtschaft zwar, aber hauptsächlich konsumgetrieben. Sowohl der Maschinenbau als auch die Pkw-Produktion waren 2024 rückläufig. Trotzdem wurden die Werkzeuglieferungen in das Vereinigte Königreich gesteigert. Dafür könnte die Nachfrage aus der Verteidigungs- und Sicherheitsbranche eine Rolle gespielt haben. Die Aussichten für 2025 sind verhalten optimistisch. Insbesondere der Maschinenbau könnte wieder zulegen. Die Autoindustrie dürfte dagegen schwach bleiben.
Belastung durch Bürokratie
Zu den Herausforderungen, des vergangenen Jahres sind weitere hinzugekommen. Drei Aspekte sind besonders wichtig. Die hohe Belastung durch administrative Aufgaben ist ein gesamteuropäisches Thema. Bürokratie ist auch in anderen europäischen Ländern wie Italien ein Problem, wenngleich die Belastung durch neue Vorschriften und bürokratische Anforderungen Deutschland im europäischen Vergleich am höchsten ist, was zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil führt.

Differenzierung bei PFAS-Verbot gefordert
Eine weitere Herausforderung ist das drohende PFAS-Verbot. Niemand möchte hochgiftige Stoffe in der Umwelt haben. Deshalb ist der VDMA für eine differenzierte Betrachtung. Vor dem Verbot eines jeden Materials dieser Stoffgruppe sollte eine Prüfung der Toxizität und der zu erwartenden Umweltauswirkungen stattfinden. Insbesondere ist es wichtig, dass zwingend notwendige Verwendungen so lange zugelassen bleiben, bis ein taugliches und weniger belastendes Substitut gefunden ist.
Der Fachkräftemangel ist ebenfalls ein europäisches Problem. Wir müssen die Berufe im Maschinenbau für die junge Generation interessant und bekannt machen. Nationale Initiativen sind gefragt. Deutschland und Spanien setzen mit erfolgreichen Programmen Maßstäbe. Denn die Werkzeugindustrie bietet ein spannendes Betätigungsfeld für alle, die Präzision und Hightech lieben.
Technische Trends: Der technische Fortschritt macht auch vor Allerweltswerkstoffen wie Messing nicht halt. Bleifreie Messinglegierungen werden jetzt endlich auch im günstigen Marktsegment angeboten. Beispielsweise kann das Blei durch Silizium und Phosphor ersetzt werden oder durch Magnesium. Letzteres hat verschiedene positive Folgen. Zum einen ist das Material leichter, und etwas fester als das bleihaltige Pendant, aber trotzdem gut zerspanbar. Zum anderen ist die Toxizität wesentlich verringert.
Video: PKD-Fräswerkzeuge
Kontakt
Markus Horn
Vorsitzender der Fachabteilung Wendeschneidplatten im VDMA-Fachverband Präzisionswerkzeuge
und
Geschäftsführer der Paul Horn GmbH
Ansprechpartner
Christian Thiele
Pressesprecher / Leiter Kommunikation
Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH
Tübingen
Tel. +49 7071 7004-0
E-Mail senden