Georg Dlugosch

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Blick hinter die Kulissen
der World Skills

Höchste Konzentration: Wenn das Startzeichen zu den einzelnen Wettbewerben der Weltmeisterschaft der Berufe fällt, dann ist jede Sekunde wichtig. Dabei sein ist alles, aber der Sprung aufs Siegertreppchen ist doch schöner. In Leipzig verbreiteten die 42. World Skills eine olympische Atmosphäre und lockten 205.000 Besucher an.

Mehr als 1000 junge Fachkräfte aus 53 Ländern trafen sich, um die begehrten Weltmeistertitel im packenden direkten Wettbewerb untereinander auszumachen. Jeder hatte sich gegen die nationale Konkurrenz durchgesetzt. Johannes Rudolf (21) und Tobias Brockfeld (22) sind Teilnehmer bei den Wettbewerben Fräsen und Drehen und erzählen, wie es gelaufen ist. „Im Großen und Ganzen gut“, schildert Brockfeld die Lage am letzten Wettkampftag und schränkt Hoffnungen gleich mit dem Hinweis ein, „es gibt viele gute Teilnehmer.“ Die Konkurrenz ist stark, insbesondere aus den asiatischen Ländern. Das wird sich auch bei der Siegerehrung zeigen.

Eine tief liegende Bohrung mit einem sehr dünnen Bohrer erforderte höchste Konzentration, berichtete Brockfeld. Er hat sich in den vergangenen Monaten auf die Vorbereitung für die World Skills konzentriert, denn „nur mal eben ein Teil drehen, das reicht nicht“, betonte der junge Experte. Da müssen auch die richtigen Werkzeuge gekauft und die passenden Schnittwerte gefunden werden. „Man muss jede Situation, die vorkommen kann, im Voraus trainieren“, ließ Brockfeld durchblicken, dass es um mehr als das olympische Dabeisein geht.

„Die Kolumbianer sind ohne Vorkenntnisse angereist – und mit nichts“, schilderte Bernd Barthelmann, Anwendungstechniker bei Siemens, eine missliche Lage, denn ihre Werkzeuge sind im Zoll hängen geblieben. „Aber sie haben sich gut geschlagen.“ Die Teilnehmer aus China, die erst zum zweiten Mal dabei waren, hatten sich strategisch auf den Wettbewerb vorbereitet. Sie haben die Werkzeugmaschine von DMG/Mori Seiki gekauft und zwei Jahre lang mit der Steuerung nur darauf trainiert. Die Teilnehmer wurden unter extrem harten Bedingungen aus vielen Bewerbern einer Spezialschule ausgewählt. „So konnten sie mit der Maschine auch umgehen“, sagte Barthelmann voller Respekt über die Leistungen. Die Sinumerik beherrschten sie im Schlaf.

Sachsen: Wiege des Maschinenbaus

Der Weg zum Weltmeistertitel führte über die Anfänge des Maschinenbaus in Deutschland, direkt nach Sachsen. Die Fabrik für Spezialmaschinen der Strumpf- und Wäscheindustrie von Johann Esche wurde 1703 in Limbach gegründet. Die Fabrik zur Herstellung von Spezialdrehbänken, Bohr-, Fräs- und Hobelmaschinen erblickte 1844 in Chemnitz das Licht der Welt. Diese Pioniere legten den Grundstein für eine Branche, die zu den wichtigsten Sachsens zählt. Das Spektrum des Maschinen- und Anlagenbaus heute reicht von Antriebstechnik über Druckmaschinen bis zu Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen. Bei den World Skills in Leipzig ging es in 46 Berufssparten vom Handwerk über Dienstleistung bis zu technischen Tätigkeiten um die Frage, welcher Teilnehmer bis zu 22 Jahren die höchst anspruchsvollen Aufgaben am besten meistert.

Nebenan wurden kreative Frisuren oder kunstvolle Zuckerglasuren gezaubert, Freiwillige einer Schönheitsbehandlung unterzogen oder Kinder aus einem Wald gerettet, wie eine Aufgabe bei der Mobilen Robotik lautete. Bei den Dreh- und Fräswettbewerben ging es um Fantasieteile ohne Funktion, dafür aber um höchste Präzision. „Zack, zack, zack – so geht es, wenn man den Asiaten beim Arbeiten zuschaut“, sagt Barthelmann, „sie sind hoch konzentriert, blitzschnell an der Maschine oder im Wechsel an der Steuerung.“

Unter Dampf

Pro Tag gab es beim Drehen etwa vier Mal einen Crash. Es passiert meistens kurz vor Schluss. „Da fliegt das Drehteil raus, und dann wird es etwas lauter“, erzählte Barthelmann, „aber DMG hat nicht nur die Maschinen gestellt, sondern sie auch repariert.“ „Die Jungs stehen mächtig unter Dampf“, sagte er, „und dann kochen auch schon mal die Emotionen hoch oder ein Stift fliegt hinterher.“ Wenn mal gar nichts weiter geht, „dann sind wir als Betreuer auch noch da und können gerufen werden“, ergänzte der Siemenstechniker. Starke Unterstützung kam auch von DMG. Im Vorfeld konnte man ein Schulungsangebot von zwei Tagen wahrnehmen, das rege genutzt wurde. Der Norweger kam sogar für vier Wochen. Und der deutsche Teilnehmer? Tobias Brockfeld genoss eine Top-Unterstützung, schließlich arbeitet er direkt bei dem Sponsor der 42 Maschinen.

Foto: Dlugosch

Programmiert wurde mit Mastercam. Die Funktionalität sei gut abgestimmt auf diese Situation, hieß es. Beim Drehen waren vier Nationen dabei, die Maschine und Steuerung noch nie kennengelernt hatten. Sie erhielten zu Beginn auch einen Sonderstatus, aber dann mussten sie ihr Können genauso beweisen wie alle andere. Das Werkstück war metrisch angelegt, was den amerikanischen Vertretern, die ansonsten mit Inch arbeiten, einiges mehr abverlangte. Zwar ist die Siemens-Steuerung problemlos umzustellen, aber „das ganze Gefühl für Vorschübe geht verloren“, erläuterte Siemens-Techniker Robert Schütze. Fazit: „Dennoch hatten alle keine Bedienprobleme, und selbst die Asiaten lobten die Steuerung, obwohl sie damit bisher keine Erfahrung gemacht hatten.“

Beim Fräsen kam der Teilnehmer aus Thailand ohne Werkzeuge, denn „er hat gar keine“, berichtet Schütze. Das US-Team hatte die falsche Werkzeugaufnahme dabei. „Da war es schön zu beobachten, wie die Nationen sich untereinander geholfen haben.“ Die gute Kameradschaft überwand auch die mitunter enormen sprachlichen Hürden.

Zwei Mal Gold, fünf Mal Silber und vier Mal Bronze gab es für die 41 Landesmeister aus Deutschland. 28 der 41 Teilnehmer aus dem Team Germany fuhren mit Titel, Medaille oder Auszeichnung nach Hause. „Ein Beleg für die exzellente duale Berufsausbildung“, hieß es von offizieller Seite. Die erfolgreichste Nation war wie bereits auf den letzten WorldSkills 2011 in London Südkorea. Zweiter wurde die Schweiz, gefolgt von Taiwan. Das deutsche Team belegte Platz sieben und landete hinter Österreich, aber vor Frankreich.

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