Forschung
Nanobeschichtung schützt
vor Eisbildung
Funktionale Oberflächen erhöhen die Lebensdauer von Maschinenkomponenten und Endprodukten und vermindern Reibungsverluste. Das Forschungsverbundprojekt Nanodyn hat eine neuartige Plasmatechnologie entwickelt, die darüber hinaus wasserabweisend wirkt. Sie optimiert die Laufeigenschaften von Wälzlagern und schützt Flugzeugtragflächen vor Vereisung.
Durch zahlreiche Innovationen im Bereich der Oberflächentechnik wurde innerhalb der vergangenen 15 Jahre die Standzeit von Werkzeugen insgesamt um den Faktor 25 gesteigert. Werkzeuge mit Hochleistungsbeschichtungen sind bei allen namhaften Anbietern Standard, denn der Schutz vor Verschleiß verlängert die Lebensdauer der Komponenten oder ermöglicht eine schnellere Arbeitsgeschwindigkeit. Zugleich erhöhen neuartige Oberflächen die Leistungsfähigkeit von stark belasteten Maschinenkomponenten und eröffnen damit neue Möglichkeiten für die Bearbeitung hochfester Werkstoffe. Dennoch entstehen Schätzungen zufolge in den Industrieländern durch Reibung und Verschleiß weiterhin jährlich Verluste in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Einen Beitrag zur Lösung dieses Problems leistet das Verbundprojekt Nanodyn. Sechs Partner aus den Bereichen Produktion und Forschung arbeiteten über drei Jahre hinweg gemeinsam an der Entwicklung innovativer Plasmamodifikationen und -strukturierungen auf Mikro- und Nanoebene. „Das Ergebnis ist eine neuartige Beschichtung, die künftig Maschinen- und Fahrzeugteile vor Abnutzung, Nässe und sogar vor Eisbildung schützen kann. Durch die Verminderung der Reibung werden Energie und Ressourcen gespart“, fasst Dr. Beate Bergrath vom Verbundprojektkoordinator Cerobear GmbH, Herzogenrath, die Arbeitsergebnisse von Nanodyn zusammen.
Foto eines vereisten Tragflügels einer King Air nach dem Flug. Fotos: Fraunhofer-IGB
Eisbildung auf der Flugzeugvorderseite einer King Air
Nanostrukturierung/Funktionalisierung auf der PU-Folie
Anti-Eis-Beschichtung (Eishaftung um 90 Prozent reduziert).
Ohne Beschichtung (große Fläche, auf der das Eis fest haftet).
Eisbildung auf einem Frauenmantel-Blatt
Unterkühlter Wassertropfen auf funktionalisierter Folie. Quelle: Fraunhofer-IGB
Im Rahmen des Forschungsprojekts Nanodyn sind strukturierte Oberfl ächen entwickelt worden. Sie verhindern die Kristallisation von Wasser und vermindern die Eishaftung um mehr als 90 Prozent.
Bessere Eigenschaften
Ziel des Projekts war es, mit Hilfe neu entwickelter, nanoskalig strukturierter Beschichtungen die tribologischen Eigenschaften von Fahrzeug- und industriellen Bauteilen zu modifizieren. Beispielhafte Anwendungsfelder kamen – analog zu den Arbeitsgebieten der Projektteilnehmer – aus den Bereichen der Luftfahrt, der Beschichtung von Bandwaren und von Wälzlagern. „Die beiden an Nanodyn beteiligten Forschungsinstitute entwickelten eine Schichttechnologie im Labormaßstab, die von rechnerischen Simulationsverfahren unterstützt wurde“, erläutert Dr. Michael Haupt vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart das Vorgehen des Projektteams. Ein Hersteller aus dem Bereich Plasmatechnologie erarbeitete daraufhin die Skalierung der Beschichtungstechnologie auf Bauteile und Produkte im Serienmaßstab.
Auch in der Investitionsgüterindustrie ist eine unmittelbare Anwendung der Projektergebnisse möglich. Mit Hilfe der Plasmatechnologie von Nanodyn wurde die Reibung in Hybrid-Wälzlagern um maximal 30 Prozent im Vergleich zu einem unbeschichteten Referenzprodukt gesenkt und damit die Energie- und Ressourceneffizienz im entsprechenden Produktionsvorgang gesteigert.
Anti-Eis-Oberflächen
Ein weiteres Ergebnis ist eine Anti-Eis-Ausrüstung für Kunststoffoberflächen, angewandt auf die Tragflächen von Flugzeugen. Wenn dort die Eisbildung verhindert werden kann, entfällt die energieintensive Beheizung der Flugzeugflügel. Kraftstoffeinsparungen von 30 Prozent sind möglich.
Im Rahmen von Nanodyn wurden mikro- und nanostrukturierte Oberflächen entwickelt, die dem Wasser keine Kristallisationskeime bieten und damit die Eishaftung um mehr als 90 Prozent vermindern. Das Wasser kann auf der neuartigen Folie nicht gefrieren, sondern bleibt in einem stark unterkühlten Zustand flüssig. Hergestellt wird die innovative Beschichtung in einer Vakuumkammer: Dort wird die Oberfläche von Kunststofffolien aus schlag- und stoßfestem Polyurethan mit Hilfe eines Plasmas modifiziert. Durch die Optimierung der Art und Menge des eingesetzten Plasmagases, der Temperatur, des Drucks und der Behandlungszeit haben die Projektmitarbeiter sehr dünne, nanostrukturierte Schichten erzeugt.
Diese weisen besondere Benetzungseigenschaften auf: Wasser zieht sich auf der Folienoberfläche zu einem kugelförmigen Tropfen zusammen, der dann aufgrund der minimalen Wechselwirkung mit der Oberfläche abgestoßen wird. Mit dem Nanodyn-Verfahren lassen sich ganze Folienbahnen in großen Plasmakammern Rolle zu Rolle beschichten. Das Projektkonsortium hat zahlreiche weitere Anwendungsfelder identifiziert: die Anti-Eis-Beschichtung von Windkraftanlagen oder Solarpaneelen, die Herstellung hydrophob oder hydrophil strukturierter Gewebe für funktionale Textilien oder auch die Produktion von Implantaten im Bereich der Medizintechnik.
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Dr. Claudia Weise
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