Holger Jischke

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Enterprise Content Management
in der Fertigungsindustrie

Zwischen technischer und kaufmännischer Welt stehen in Unternehmen vielfach mehr oder weniger hohe, unsichtbare Zäune, wenn es um den Umgang mit Dokumenten geht. Anwender erhalten keine integrierte Sicht auf technische Dokumente und Daten wie Zeichnungen und Stücklisten sowie kaufmännische Dokumente wie Angebote und Kalkulationen, obwohl fachlich Zusammenhänge bestehen.

Es gibt Aufgaben, die mit einem klassischen Dokumentenmanagementsystem (DMS) schwer abbildbar sind. Dazu gehört beispielsweise die Unterstützung des Produktentwicklungsprozesses in der Fertigungsindustrie. Ähnliche, jedoch bei näherer Betrachtung stark zu differenzierende Aufgaben bestehen im Anlagenbau oder beim Anlagenbetrieb. Für diese Aufgabenstellungen gibt es ein eigenständiges Lösungsangebot außerhalb des klassischen DMS-Marktes, meistens fokussiert auf die Verwaltung technischer Zeichnungen sowie die Unterstützung von Konstrukteuren und Ingenieuren in ihren spezifischen Prozessen mit Produkt- und Anlagenbezug, sogenannte PDM-, PLM- oder EDM-Lösungen.

Vielfältige Anforderungen

EDM-/PDM-Lösungen sind überwiegend hoch spezialisierte Anwendungen, die für den Einsatz als kaufmännisches DMS mit Anforderungen wie Kreditorenrechnungsworkflow, elektronische Personalakte, Einkaufsablage, Reisekostenfreigabe oder Vertragsmanagement nur bedingt geeignet sind, sei es wegen fehlender Funktionalität beziehungsweise Schnittstellen zu den in diesen Einsatzfeldern typischen Fachanwendungen, Anwendungskomplexität oder dem hohem Lizenzpreis je Benutzer. In Konsequenz werden in Anwenderunternehmen oftmals parallel zwei Systeme betrieben, ohne integrierte Sicht auf zusammengehörige technische und kaufmännische Dokumente.

Nicht nur Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen erzeugen produkt-, projekt- oder anlagenrelevante Dokumente und Informationen. Die Abbildung vollständiger elektronischer Akten (Produktakte, Maschinenakte, Anlagenakte, Projektakte) sowohl mit technischen Zeichnungen, Stücklisten oder Statikberechnungen, Korrespondenz, Dokumentation wie auch kaufmännischen Dokumenten (Bestellungen oder Rechnungen mit Anlagen-/Projektbezug) ist eine echte Herausforderung.

Funktionale Überlappung

Eine funktionale Überlappung zwischen klassischen DMS/Archiv- und EDM/PLM-Systemen gibt es zum Beispiel bezüglich sicherer Ablage, Versions- und Revisionsmanagement sowie Unterstützung von Freigabeprozessen, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. In einer DMS/Archiv-Lösung nicht standardmäßig enthalten beziehungsweise sehr aufwendig umzusetzen sind klassische Aufgaben des Produktdatenmanagements, wie Teilemanagement, Stücklisten, Verwendungsnachweise sowie ausgereifte Schnittstellen zu CAD-Systemen.

Je nach Anforderung, Unternehmensgröße, Anzahl Anwender und Kompromissbereitschaft der Anwender kann der Einsatz einer integrierten technischen und kaufmännischen Dokumenten Management Lösung ausreichend sein. In anderen Fällen wird allerdings der Betrieb spezialisierter Produkte für die beiden Disziplinen favorisiert.

Oftmals besteht beim Einsatz getrennter Lösungen keine tiefe Integration zwischen technisch fokussiertem EDM/PDM mit Zeichnungsverwaltung und dem kaufmännischen DMS. Zumindest die freigegebenen Zeichnungen sollten jedoch in einem Neutralformat an das DMS übergeben und dort im richtigen Kontext (zum Beispiel Anlagenakte) lesbar für alle mit entsprechenden Berechtigungen abgelegt werden. Dies gilt auch für Anwenderunternehmen mit kleineren CAD-Anwenderzahlen, die sich selbst (mit Hilfe des Dateisystems) organisieren oder eine Zeichnungsverwaltungskomponente der CAD-Lösung einsetzen. In der DMS-Akte können dann alle Unterlagen zusammengeführt und somit die Auskunftsfähigkeit hergestellt werden inklusive Spezifikationen, Pflichtenhefte, Kalkulationen und weiteren Dokumenten aus dem Entwicklungsprozess, Zeichnungen, Testunterlagen, Protokolle, kaufmännische Unterlagen.

Detaillierte Analyse notwendig

Es gibt weder eine Standardempfehlung noch die perfekte Lösung für alle aufgeführten Anforderungen. Die Entscheidung zwischen einer Ein- oder Zweiproduktstrategie setzt eine detaillierte Analyse der Anforderungen mit Festlegung von K.O.-Kriterien und Bewertung der Handlungsalternativen voraus.

Auch wenn die Marketingunterlagen von Produktanbietern etwas anderes suggerieren, so ist die Eignung eines einzigen Produkts für beide Themenstellungen (EDM/PDM und kaufmännisches DMS/Archiv) doch kritisch zu prüfen. Bei detaillierten Produktpräsentationen oder einer Evaluierung im Rahmen eines Proof-of-Concept, zeigen sich oftmals erhebliche Unterschiede und Schwächen.

Bei der Bewertung der Anforderungen für eine anschließende Systemauswahl werden in vielen Fällen, neben der Abbildung von Produktstrukturen, die Frage nach der Integrationstiefe mit den CAD-Anwendungen und der Funktionsumfang der Zeichnungsverwaltung eine zentrale Rolle spielen. Während klassische DMS-Lösungen für die Umsetzung von Anforderungen aus Anlagenbau und Projektgeschäft gut geeignet sein können, wird bei Unternehmen aus der Fertigungsindustrie fast immer ein spezialisiertes EDM/PDM-Produkt zum Einsatz kommen.

Titelbild: Maksym Dykha / Shutterstock.com

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