Dr. Thomas Schneider

Trumpf Werkzeugmaschinen

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Industrie 4.0

Drei Partner in einer Geschäftsbeziehung

Blechbearbeitung erhält ein neues Geschäftsmodell: Es wird lediglich ein Preis fest vereinbart, zu dem ein Teil geschnitten wird. Dazu muss vorab nicht mehr die Maschine gekauft werden, sie muss einfach nur produzieren. Dafür sorgt der Maschinenbauer Trumpf in Zusammenarbeit mit dem Versicherungsunternehmen Munich Re. Das Geschäftsmodell heißt „Pay-per-Part“. Was steckt dahinter und warum profitieren Blechbearbeiter davon? Darüber hat Dr. Thomas Schneider, Geschäftsführer Entwicklung der Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH + Co. KG, Auskunft gegeben im Interview mit dem IndustryArena eMagazine. Die Fragen stellte Chefredakteur Georg Dlugosch.

Was ist für Sie entscheidend am neuen Geschäftsmodell?

Schneider:Für uns ist es wichtig, dass unsere Kunden mit uns noch erfolgreicher werden. Wir wollen sie durch unser Leistungsangebot unterstützen, digitaler zu werden. Die Kombination aus tiefem Domänenwissen und Marktverständnis unserer Kunden, modernsten Maschinen mit kontinuierlicher Update-Fähigkeit von TRUMPF, sowie den Leistungen eines langfristigen Finanzierungspartners macht alle drei Parteien zu Gewinnern.

Trumpf hat ein neues Geschäftsmodell entwickelt. Was verbirgt sich hinter dem Stichwort Pay-per-Part?

Schneider:Gemeinsam mit der Munich Re haben wir ein neues „Pay-per-Part“-Geschäftsmodell für Blechschneiden entwickelt und gestartet. Die Bezeichnung Equipment-as-a-Service umreißt, worum es geht. Bereitstellung jederzeit modernster Fertigungstechnologie zu einem festen Preis. Verlässlich, preisgünstig und stets auf der Höhe der Zeit. Dieses Geschäftsmodell basiert einerseits auf bereits existierenden Produkten, andererseits erfolgt die Abrechnung – und das ist neu für Trumpf – pro produziertem Blechteil. Der erste Testkunde ist die Firma Gysi in der Schweiz

Wer hat den Anstoß für die neue Art der Abrechnung gegeben?

Schneider:Unsere Kunden stellen uns immer wieder vor die Herausforderung, Innovationen voranzutreiben, und Produkte für Themen zu entwickeln, die sie beschäftigen. Ein immer wieder auftauchendes Anliegen ist es, Wachstum in einem hart umkämpften Wettbewerbsfeld zu ermöglichen. Wir sind von der Kundenperspektive ausgegangen und haben uns gefragt: Wo lässt sich das am besten umsetzen? Das Schneiden schien uns prädestiniert dafür.

Geht es speziell um Laserschneiden oder auch um das mechanische Verfahren?

Schneider:In der ersten Phase konzentrieren wir uns auf das Laserschneiden. Wir bieten das Geschäftsmodell mit unserem Laservollautomaten TruLaser Center 7030 in Kombination mit dem Lager TruStore und dem entsprechenden Programmiersystem an. Auf der pro Teil basierenden Abrechnung ist der Remote Service eingeschlossen. Das Equipment steht bei unserem Kunden – die Maschine bleibt also in gewohnter Manier in der Fertigungshalle stehen.

Was sind die Kernpunkte des neuen Angebots?

Schneider:Es ist ein digitales Geschäftsmodell, das den Kunden in seiner Fertigungshalle unterstützt, und es zielt auf Wachstum. Es geht davon aus, dass der Kunde möglichst viele Aufträge gewinnt und dadurch Preisstabilität bekommt. So können wir ihm bei der Angebotserstellung einen bestimmten Teilepreis garantieren. Er kann sich für die gesamte Laufzeit des Vertrags mit uns auf den Preis verlassen und sich auf seine Vertriebsaktivitäten konzentrieren.
Der Kunde erhält die perfekte Konstellation aus Lager, Maschine, Software und Service. Wir garantieren also nicht nur den Preis, sondern auch, dass das Teil gefertigt wird. Da ein solches Geschäft für uns ebenfalls ein Risiko darstellt, haben wir die Munich Re an unsere Seite geholt. Die Munich Re stellt die Finanzierung zur Verfügung. Drei Partner stecken also in einer Vertragsbeziehung: Trumpf, die Munich Re und der Kunde.

Der Blick auf die aktuelle wirtschaftliche Situation lässt die Risiken bei einer Pandemie in den Vordergrund treten. Kann es sein, dass das neue Geschäftsmodell gerade mit dem Start während einer Pandemie ein Schlag ins Wasser ist, wenn keine Aufträge mehr ankommen?

Schneider:Das Besondere an diesem Geschäftsmodell ist die Langfristigkeit. Die Verträge, die wir eingehen, laufen in der Regel über acht bis zwölf Jahre. Deshalb ist eine kurzfristige Unterbrechung der Produktion kein Problem. Für künftige Krisen ist das Geschäftsmodell sehr resilient. Denn durch die Kooperation mit der Munich Re hat sich Trumpf abgesichert. Durch die Struktur, die wir gewählt haben, kann jeder seine Kompetenz einbringen.

Foto: Trumpf

Daten bilden oft die Grundlage für die neuen Geschäftsmodelle. Wie sieht die Strategie von Trumpf aus?

Schneider:Daten werden auf verschiedenen Ebenen generiert. Der Kern der Daten dient der Optimierung der Maschine. Das ist die Domänenexpertise von Trumpf. Relayr trainiert unter anderem die Algorithmen und stellt die Datenverteilung sicher. Und die Munich Re entwickelt die auf den Daten basierenden Versicherungsmodelle.

Gibt es keinen Dissens um die Daten?

Schneider:Eines lernen wir neu: Es entsteht nur Mehrwert, wenn wir teilen. Wir müssen deshalb auch die Bedingungen des Teilens transparent gestalten. Dafür brauchen wir die derzeitige Lernphase. Das Schöne des Modells ist, dass wir Ineffizienz erkennen und Transparenz in Bereichen erzielen können, die keiner sehen kann. Dadurch lassen sich die Prozesse des Endkunden verbessern, aber auch unsere Maschine.

Wie gestaltet Trumpf das Verhältnis zu dem Versicherungsunternehmen?

Schneider:Wir haben zunächst die Spielregeln festgelegt, wie wir miteinander lernen. Es ist doch so, unser Geschäftszweck ist die Herstellung einer Maschine und der dazugehörige Service. Der Kunde ist gewohnt, im Blech zu arbeiten. Das Geschäftsobjekt der Munich Re ist der Vertrag. Wir kommen also aus verschiedenen Welten. Deswegen war es wichtig, die derzeitige Lernphase zu vereinbaren. Danach können wir die Verträge bis ins Detail ausarbeiten. Wir haben dafür die Spielregeln festgelegt, wie wir miteinander lernen und nicht die Verträge, wie wir am Ende der Phase miteinander arbeiten werden.

Welchen Anteil kann dieses Geschäftsmodell in fünf Jahren einnehmen?

Schneider:Wir rechnen mit einem Wachstum des Pay-per-Part-Anteils. In zehn Jahren werden alle Maschinen digital vernetzt sein. Die Daten aller Maschinen und Prozesse lassen sich dann nutzen, um die Produktivität der Fertigung weiter zu verbessern. Machine Learning wird dann die entscheidende Rolle spielen. Über Pay-per-Part könnten dann mehr als 30 Prozent aller Maschinen vertrieben werden.

Sicherheit und Integrität der Daten sind besonders wichtig. Welchen Weg geht Trumpf?

Schneider:Wir treiben mit hohem Aufwand alle Product-Security-Themen voran. Die Maschinen sind aufwändig abgesichert.

Sehen Sie Risiken in dem Geschäftsmodell?

Schneider:Die Chancen überwiegen. Manche Dinge werden einfacher mit zunehmender Verfügbarkeit der Technologie. Ein wenig Sorge bereitet mir der Wunsch des Kunden, dass es so einfach wird wie in der Konsumwelt. Das kann naturgemäß nicht so sein, weil die Produktentwicklungszyklen länger dauern als die Geschwindigkeit des Konsumverhaltens es suggeriert.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Schneider:Derzeit stecken wir noch mitten in der Lernphase. Im Herbst soll es richtig losgehen. Irgendwann könnte das Modell dann sogar auf verschiedene Maschinentypen ausgeweitet werden. Bei der Entwicklung des Manufacturing-as-a-Service-Geschäfts handeln wir immer in der Kundenperspektive.

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