Messe
KI auf dem Weg in die Produktion
Die Herausforderungen für europäische Fertigungsbetriebe im internationalen Wettbewerb sind vielfältig. Von hohen Energie- und Personalkosten über Fachkräftemangel bis hin zu instabilen Lieferketten für verschiedene Komponenten reichen die Hürden, die es zu bewältigen gilt – die aber gerade deshalb auch immer wieder zu bemerkenswerten Innovationen führen. Mit dem durchdachten Einsatz von Digitalisierung inklusive künstlicher Intelligenz (KI) in Kombination mit Robotik- und Automatisierungslösungen gelingen entscheidende Produktivitätssprünge. Lösungen zeigt die EMO Hannover 2023. Wie die gewinnbringende Verknüpfung der unterschiedlichen Technologien gelingt, zeigen exemplarisch praxisnahe Beispiele aus Industrie und Forschung bei der Weltleitmesse für die Produktionstechnologie.
„Die EMO Hannover – das ist schlechthin die Plattform für Innovationen“, sagt Stefan Raff, Head of Sales Robomachines bei der Fanuc Europe – Fanuc Deutschland GmbH in Neuhausen auf den Fildern. Fanuc bringt im Bereich der Robomachines zwei Europa-Premieren mit nach Hannover.
Der EMO-Auftritt von Fanuc erfährt einen Wandel. Anstatt nur die eigenen CNC-Steuerungen und Maschinen in den Mittelpunkt zu rücken, stellt das Unternehmen den Besuchern nun Gesamtpakete wie eine Anlage zur Fertigung von Automotive-Teilen vor. Die Konzeption von Fertigungseinrichtungen ist durch die Anforderungen aus dem Bereich Elektromobilität verändert. So gibt es einen stärkeren Bedarf an flexiblen Fertigungsanlagen.
Kriterien wie TCO (Total Cost of Ownership) und ROI (Return on Investment) spielen mehr denn je eine Rolle. „Zudem stellen wir eine wachsende Nachfrage nach Prozesslösungen fest – ein Trend, der sich verstetigt hat“, führt Raff aus. „Das inzwischen in Neuhausen entstandene europäische Entwicklungszentrum wird die Konzipierung solcher Lösungen nach europäischen Standards stark vorantreiben.“
Mit der Schunk Roboterkupplung lassen sich Spannpaletten prozesssicher handhaben. Auf dem Maschinentisch gewährleistet das Schunk Nullpunktspannsystem einen sicheren. Foto: Schunk
Foto: Hermle
„Was aus unserer Sicht nicht vergessen werden darf, ist zeitgemäßes Equipment für die Aus- und Weiterbildung“, betont Raff. „Um den Arbeitskräfte- und Fachpersonalmangel zu bewältigen, braucht es sicherlich Automation – aber auch frühzeitige und umfassende Heranführung von Nachwuchs.“ Zum ersten Mal zeigt Fanuc während der EMO eine so genannte Education-Zelle mit Maschine, Roboter und komplettem Schulungspaket.
Die sinnvolle Verknüpfung von Automation, Robotik und Digitalisierung gehört zu den Dauerbrennern, wenn es um die Optimierung von Prozessabläufen im Produktionsumfeld geht – inzwischen immer mehr angereichert um Digitale Zwillinge und künstliche Intelligenz. Auf der EMO Hannover 2023 trifft sich alles, was Rang und Namen hat, um sowohl aktuelle Lösungen selbst zu präsentieren als auch Ideen und Kooperationen für eigene Optimierungen zu sammeln. In Hannover bietet sich somit eine weltweit einmalige Gelegenheit, dem Wettbewerb die entscheidende Nasenlänge voraus zu sein.
KI meets Digital Twin
Ausfälle von Vorschubantrieben sind zwar selten, verursachen in der Produktion aber hohe Kosten. Daher erforscht das Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) der Technischen Universität München im Projekt Kidz, wie sich Predictive Maintenance durch eine Kombination von Algorithmen und klassischen Werkzeugmaschinenmodellen sogar bei nur wenigen verfügbaren Ausfallbeobachtungen umsetzen lässt.
Hintergrund ist, dass Vorschubantriebe einen erheblichen Einfluss auf die Produktivität von Werkzeugmaschinen haben: Einerseits sind deren Ausfälle in der Reparatur zeitaufwendig und kostenintensiv. Andererseits beeinflussen sie maßgeblich die Maschinendynamik und damit das erreichbare Zeitspanvolumen. Der Umstieg auf eine vorausschauende Instandhaltungsstrategie bietet daher großes wirtschaftliches Potenzial. Ein ganzheitliches System, das nur mithilfe bereits existierender Sensoren den Zustand von Vorschubantriebskomponenten produzierender Werkzeugmaschinen überwacht und prognostiziert, existiert bisher noch nicht.
Das Projekt Kidz erforscht ein hybrides System für Predictive Maintenance: Es kombiniert einen digitalen Zwilling mit modernen KI-Methoden. „Im Gegensatz zu rein datengetriebenen Ansätzen kommt das hybride System mit wesentlich weniger Trainingsdaten in Form von Ausfallbeobachtungen aus, die im Fall von Werkzeugmaschinen schwierig zu beschaffen sind“, hebt Michael Zäh, Professor für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik am iwb, einen wesentlichen Aspekt hervor.
„Gleichzeitig gestattet dieser Ansatz eine gewisse Interpretierbarkeit der Vorhersagen, da über den digitalen Zwilling Verschleiß nicht nur global erkannt, sondern auch bestimmten Vorschubantriebskomponenten zugeordnet werden kann“, sagt Zäh. Dabei soll – soweit möglich – auf externe Zusatzsensorik verzichtet und nur mit internen Signalen gearbeitet werden. Am Projekt beteiligt ist die Grenzebach Maschinenbau GmbH aus Asbach-Bäumenheim, mit deren Maschine am Projektende die Funktionsfähigkeit demonstriert werden soll. „Die EMO Hannover 2023 bietet eine ausgezeichnete Plattform für den internationalen Austausch der verschiedenen technischen Aspekte für optimale Lösungen“, meint Zäh.
Info
EMO Hannover 2023Vom 18. bis 23. September präsentieren internationale Hersteller von Produktionstechnologie zur EMO Hannover 2023 smarte Technologien für die gesamte Wertschöpfungskette. Unter dem Motto Innovate Manufacturing zeigt die Weltleitmesse der Produktionstechnologie die gesamte Bandbreite moderner Metallbearbeitungstechnik. Vorgestellt werden neueste Maschinen plus effiziente technische Lösungen, Produkt begleitende Dienstleistungen, Nachhaltigkeit in der Produktion. Die EMO Hannover ist der wichtigste internationale Treffpunkt für die Industrie weltweit. Aktuell haben sich mehr als 1500 Aussteller aus 43 Ländern angemeldet.
Kontakt
Sylke Becker
Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
VDW – Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e. V.
Frankfurt am Main
Tel. +49 69 75 60 81-33
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Autor
Dag Heidecker
Fachjournalist
Wermelskirchen