Eike Reuter

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Forschung

Digitale Assistenzsysteme in der Schleiftechnik

Angesichts der zunehmenden Verfügbarkeit von Schleifprozessdaten aus externer Sensorik oder maschineninternen Antrieben bieten datengetriebene Modelle und ihre Integration innerhalb digitaler Assistenzsysteme neue Möglichkeiten sowohl für die Prozessauslegung als auch zur Prozessüberwachung in der Schleiftechnik. Die Bildung dieser digitalen Assistenzsysteme wird am Manufacturing Technology Institute MTI der RWTH Aachen erforscht.

Produzierende Unternehmen sind zunehmend dazu gezwungen, hoch produktiv, ressourceneffizient und gleichzeitig flexibel zu fertigen. Zusätzlich zu diesen Herausforderungen sehen sich Unternehmen in Hochlohnländern wie Deutschland zunehmend mit einem demografischen Wandel konfrontiert. Um der Gesamtheit dieser Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, bedarf es nicht nur der Implementierung von Strategien zur Steigerung der Produktivität und Fertigungsflexibilität. Vielmehr sind ergänzend Lösungen zu finden, welche die wachsenden Wissenslücken in der Fertigung durch den entstehenden Fachkräftemangel schließen und die Unternehmen und deren Mitarbeitende bei der Maschinenbedienung unterstützen.

Der Rückgang der Auszubildenden- und Studierendenzahlen in der Produktionstechnik um rund 20 Prozent in den vergangenen fünf Jahren erfordert Lösungen zum Erhalt der Produktivität. Am MTI wird deshalb auf dem Gebiet der Schleiftechnik erforscht, wie der steigende Fachkräftemangel durch die Nutzung von Machine-Learning-Modellen kompensiert werden kann.

Das Ziel der Abteilung Schleiftechnik ist, Maschinenbedienende (m/w/d) durch digitale Assistenzsysteme direkt an der Maschine in der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Durch die Anwendung der Assistenzsysteme sollen Maschinenstillstandzeiten reduziert und erhöhte Fertigungszeiten sowie Werkzeugkosten vermieden werden. Hierzu werden Ergebnisgrößen des Schleifprozesses wie die Werkstückmakro- und Mikrogeometrie sowie der Verschleißzustand der Schleifscheibe während des Schleifprozesses ermittelt und innerhalb des Assistenzsystems grafisch dargestellt.

Die Basis der Assistenzsysteme bilden Machine-Learning-Modelle, innerhalb derer Schleifprozessdaten aus internen Maschinenantrieben und externen Sensoren verarbeitet werden. Auf Seiten der internen Antriebsdaten werden zum Beispiel die Spindelleistung oder die Stromaufnahme der Bewegungsachsen der Schleifmaschine aufgenommen. Als externe Sensorik zählen Prozessdaten aus Beschleunigungs- oder Körperschallsensoren.

In den am MTI verfolgten Ansätzen werden derzeit vor allem Machine-Learning-Modelle des überwachten Lernens entwickelt. Hierbei erhält ein Machine-Learning-Algorithmus sowohl einen Eingangsdatensatz (zum Beispiel die Daten aus einem Körperschallsensor) als auch die zugehörigen Ergebnisgrößen (zum Beispiel die gemittelte Rautiefe).

In einer Trainingsphase werden die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den Eingangsdaten und den Ergebnisdaten bestimmt und die Modellparameter für die Abbildung der Zusammenhänge angepasst. Nach dem Training erfolgt innerhalb einer Validierungsphase die Anwendung des Algorithmus auf unbekannte Daten und bei Erfüllung einer geforderten Modellgüte der Einsatz des Modells innerhalb des Assistenzsystems.

Für die erfolgreiche Implementierung der Assistenzsysteme sind vor allem zwei Herausforderungen zu bewältigen. Zum einen ist ein einheitliches Konzept zur zeitsynchronen Aufzeichnung von Maschinensteuerungs- und Sensordaten sowie das gesammelte Speichern der Daten mit prozessbeschreibenden Informationen zur späteren Datennutzung zwingend notwendig. Zum anderen ist vielfach unbekannt, welche Prozesssignalquellen maßgeblich geeignet für die Vorhersage spezifischer Prozessergebnisgrößen sind und welche Abtastraten der Signale sowohl wirtschaftlich als auch technologisch den größten Nutzen erzielen.

Für die Lösung der Herausforderungen wurde am MTI eine einheitliche Architektur zur Datenerfassung, -vorverarbeitung und -speicherung entwickelt. Hierbei können verschiedene Schleifmaschinen unterschiedlicher Kinematiken und Hersteller an eine standardisierte Datenerfassungssoftware angeschlossen werden und die Prozessdaten innerhalb geeigneter Datenbanksysteme teilautomatisiert abgespeichert werden.

Für die optimierte Auswahl und Platzierung von Zusatzsensorik werden am MTI fortlaufend Grundlagenuntersuchungen durchgeführt. Hierzu zählt zum einen die Erprobung verschiedener Kinematiken wie Flach- und Rundschleifen. Zum anderen erfolgt die Berücksichtigung unterschiedlicher Schleifwerkzeuge und die Variation von Prozessparametern wie Zustellung und dem Vorschub.

Innerhalb der Untersuchungen wurde festgestellt, dass vor allem Schleifprozesse mit geringen Spanungsdicken eine Installation von zusätzlicher Körperschallsensorik erfordern. Dabei wird die Genauigkeit der Ergebnisgrößenprognose gesteigert, je näher der Sensor an der Zerspanungszone platziert wird.

Bild: MTI

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Eike Reuter

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