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Für den letzten Schliff

Beim Schleifen ist Feingefühl gefragt. Bei industriellen Schleifprozessen sind die Herausforderungen zudem sehr komplex. Bei der automatisierten Bearbeitung von Werkstücken droht zudem Ausschuss, wenn die Bearbeitung nicht kontinuierlich und effizient überwacht wird. Während der Fachmesse GrindingHub, die der VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) vom 14. bis 17. Mai in Stuttgart veranstaltet, werden innovative Lösungen für den perfekten Schliff zu sehen sein.

Da Erfahrungswissen für einen optimalen maschinellen Schleifprozess nicht immer ausreicht und Fachkräfte zudem rar sind, kommt bei der industriellen Prozessüberwachung inzwischen auch künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel.

Denn das Schleifen ist oftmals der letzte Schritt in einer

Prozesskette zur Herstellung von Bauteilen wie Zahnrädern oder Radsätzen. Ausschuss aufgrund von Fehlern ist insbesondere in der Kleinserien- und Einzelteilfertigung ein überaus relevanter Kostenfaktor. Die digitalisierte Überwachung des Schleifprozesses mit Sensorik bei gleichzeitig hohem Automatisierungsgrad verspricht Abhilfe.

„Die Qualität beim Schleifen ist von einer Vielzahl sich verändernder Parameter und Einstellungen abhängig – beispielsweise verändert sich beim Schleifen konstant der Durchmesser, das Profil und die Schnittigkeit der Schleifscheibe durch Verschleiß und Abnutzung während des Schleifprozesses“, erklärt Christoph Plüss, Chief Technology Officer (CTO) des GrindingHub-Ausstellers United Grinding Group mit Sitz im schweizerischen Bern. „Alles, was man digital steuern oder regeln kann, führt zu einer verbesserten Prozesskontrolle und schlussendlich zu einer effizienteren Fertigung und konstanten Ergebnisqualität.“

Die Qualität beim Schleifen ist von einer Vielzahl sich stetig verändernder Parameter und Einstellungen abhängig. Alles, was man digital regeln kann, führt zu einer verbesserten Prozesskontrolle und damit zu besseren Produkten.

Hören, sehen, fühlen

Die Interaktion zwischen dem Werkzeug – also der Schleifscheibe – und dem Werkstück sowie die Einwirkung des Kühlschmierstoffs in der Kontaktzone sind relevant. „Mit akustischer Sensorik kann man sehr viele Einflussgrößen erfassen“, erklärt Plüss. Die geometrische Pflege und Konditionierung, also das Abrichten der Schleifscheibe, ist für die Prozesskontrolle zentral.

„Selbstverständlich gehören auch die Überwachung und Kontrolle des Wärmegangs der Maschinenstruktur und kritischer Komponenten dazu sowie geometrische Zwischenmessungen am Werkstück selbst“, sagt CTO Plüss. Das erfolgt öfter berührungslos mittels Lasermessbrücken.

Bildlich gesprochen müssen die Maschinen für eine optimale Prozesskontrolle beim Schleifen hören, sehen und fühlen können. United Grinding bietet mit den Marken Blohm, Ewag, IRPD, Jung, Mägerle, Mikrosa, Schaudt, Studer und Walter ein sehr breites Applikationswissen und ein großes Produktportfolio zur Fertigung hochpräziser Bauteile.

Vor allem bei kleinen Serien spielt die automatisierte Überwachung des Schleifprozesses ihre Stärken aus. „Das Umrichten, Umrüsten und Einfahren von Schleifprozessen kann sehr zeitaufwändig sein. Bei kleinen Losgrößen tut man das entsprechend öfter“, erklärt Plüss. Wenn also der Schleifprozess durch intelligente Sensorik, Prozessüberwachung und hinterlegtes Erfahrungswissen unterstützt wird, kann das Einfahren effizienter bewerkstelligt und die Produktivität gesteigert werden.

In der Forschung ist das ebenfalls ein Thema. „Um automatisierte Schleifprozesse wirtschaftlich nutzen zu können, ist eine frühzeitige Erkennung von Prozessveränderungen und Qualitätsschwankungen notwendig“, beschreibt Henning Buhl, Abteilungsleitung Maschinenkomponenten am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover, das Problem aus wissenschaftlicher Sicht. Schleifprozesse werden durch nicht reproduzierbare und stochastische Störgrößen, beispielsweise variierende Schleifscheibeneigenschaften oder bedienerabhängige Stellgrößenmodifikation, beeinflusst. „Daher ist nicht von einem gleichbleibenden und prognostizierbaren Verhalten im Schleifprozess auszugehen“, schlussfolgert Buhl.

Beim Schleifen steigen die Prozesskräfte aufgrund von zugesetzten Poren oder Kornabflachungen an der Schleifscheibe kontinuierlich an. Foto: Liebherr

Effizienzgewinne schlummern

Derzeit werden eher konservative Prozessstellgrößen verwendet, und die Anwender führen stichprobenartig Qualitätskontrollen durch. Das führt dazu, dass nicht das volle Potenzial der Leistungsfähigkeit ausgeschöpft wird. Dies reduziert die Wirtschaftlichkeit und ermöglicht nur eine nachgelagerte Fehlererkennung, so dass Ausschuss nicht vermieden wird. Mittels einer kontinuierlichen Prozessüberwachung könnten bereits während der Fertigung Veränderungen erkannt und der Prozess angepasst werden. Dadurch sei es außerdem möglich, die Stellgrößen produktiver einzustellen, betont Buhl.

In der Prozessüberwachung mit Digitalisierung und Sensorik schlummern in vielen Fabriken noch ungenutzte Effizienzgewinne. „Derzeit können maschineninterne Daten genutzt werden, um Veränderungen im Prozess zu detektieren. Auflösung und Detailgenauigkeit reichen aber meist nicht aus, um die Ursache der Veränderung zu finden und eine geeignete Gegenmaßnahme abzuleiten“, sagt Buhl.

Durch zusätzliche hochaufgelöste Signale mit weiterer Sensorik könnten mehr Informationen gewonnen und kombiniert werden, um eine eindeutige Überwachung der Fertigung zu ermöglichen. „Die digitale Datenerfassung von Prozesskräften und Schwingungen bietet hohes Potenzial, um beispielsweise beim Drehen erforschte Ansätze auf das Schleifen zu übertragen“, erklärt der Wissenschaftler.

Video: GrindingHub Preview

Messen unter widrigen Bedingungen

Allerdings ist die Energie- und Datenübertragung von den Sensoren eine große Herausforderung, da von einem schnell bewegten Werkzeug die Messdaten an eine stationäre Auswertung in der Steuerung übertragen werden müssen. Buhl weist zudem darauf hin, dass das Messsystem robust genug sein muss, um unter dem Einfluss von spezifischen Temperaturbedingungen und Kühlschmiermitteln zuverlässig Messdaten aufzunehmen.

Ein häufig eingesetzter Überwachungsansatz bei Schleifprozessen ist die Messung der Prozesskräfte. Diese bilden die auftretenden dynamischen Belastungen am Werkstück und am Werkzeug ab. Sie liefern dabei Aufschluss über die derzeitigen Eingriffsbedingungen im Prozess und den aktuellen Verschleißzustand. „So steigen die Prozesskräfte aufgrund von zugesetzten Poren oder Kornabflachungen an der Schleifscheibe kontinuierlich an. Für die Definition der Überwachungsgrenzen sind daher die sich stetig ändernden Eingriffsbedingungen zu beachten, sodass statische Methoden nur bedingt geeignet sind“, ergänzt Buhl. Eine genaue Messung der Prozesskräfte ist unerlässlich, um eine aussagekräftige Bewertung der Signale und somit eine präzise Überwachung zu ermöglichen.

Mit datenbasierender Analyse

Um KI zur Optimierung nutzen zu können, müssen mittels intelligenter Algorithmen Muster aus komplexen Datensammlungen gewonnen werden. Das ist besonders interessant in der Serienfertigung. So kann ein digitaler Fingerabdruck des Prozesses erstellt und Veränderungen respektive Optimierungen können gezielt zur Überwachung und Optimierung genutzt werden.

Wie hoch die Effizienzgewinne dabei sind, ist „pauschal schwierig zu sagen“, erklärt Plüss. „Aber es liegt generell in der Natur des Menschen, eine gewisse Reserve und Sicherheit einzuplanen. Mittels intelligenter Prozessoptimierung und -überwachung können diese Reserven sichtbar gemacht und abgebaut werden. Man kann also geregelt näher ans Limit gehen.“

Freilich gibt es in der industriellen Praxis Grenzen bei der digitalen Überwachung von Schleifarbeiten. „Nur was man messen und erfassen kann, kann man auch regeln und optimieren“, bringt es der United-Grinding-CTO auf den Punkt. Was sich heute schon alles messen und optimieren lässt, um auf effiziente Weise Oberflächen mit dem perfekten Schliff zu schaffen, werden die Aussteller während der GrindingHub zeigen. Dort können Besucher die gesamte Wertschöpfungskette der Schleiftechnik live erleben, von der Schleifmaschine selbst über Softwaretools und Prozessperipherie bis hin zu Mess- und Prüfsystemen.

Info

Trendmesser GrindingHub

Die GrindingHub positioniert sich als internationale Innovationsplattform für die Schleiftechnik. Ein Beispiel dafür, wo die Reise hingeht, lieferte Peter Breuer vom Manufacturing Technology Institute (MTI) der RWTH Aachen University mit seiner Keynote während der Preview zu „Digitale Assistenzsysteme in der Schleiftechnik“. Für ein anwendungsorientiertes Institut wie das MTI ist es von besonderer Bedeutung, die Brücke von der Wissenschaft zur Praxis zu schlagen und so den Schritt vom Elfenbeinturm der Forschung in die industrielle Fertigung zu gehen.

„Die Messe hat sich seit der Premiere gut entwickelt”, berichtet Martin Göbel. Nach dem Anmeldeschluss blieb das Interesse groß, auf der GrindingHub 2024 auszustellen. So hat sich die Zahl der Aussteller im März auf 487 erhöht. Sie kommen aus 31 Ländern. Die stärksten Kontingente stammen aus Deutschland, der Schweiz, China, Italien und Japan. Sie repräsentieren 40 Sektoren und bilden damit die Prozesskette Schleifen vollständig ab.

„Im vergangenen Jahr war die Schleiftechnik aufgrund der vollen Auftragsbücher wirtschaftlich noch sehr gut unterwegs”, berichtet Göbel. Nach Schätzung des VDW ist die Produktion 2023 in Deutschland um 15 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro gegenüber zum Vorjahr gestiegen. Währenddessen ist die Werkzeugmaschinenindustrie insgesamt um neun Prozent gewachsen. Treiber war der Export mit 15 Prozent plus. Der Import ist um elf Prozent, der Verbrauch um 13 Prozent gewachsen. Deutschland ist der zweitgrößte Markt für die Schleiftechnik weltweit

Die GrindingHub positioniert sich als internationale Innovationsplattform für die Schleiftechnik. Ein Beispiel dafür, wo die Reise hingeht, lieferte Peter Breuer vom Manufacturing Technology Institute (MTI) der RWTH Aachen University mit seiner Keynote während der Preview zu „Digitale Assistenzsysteme in der Schleiftechnik“. Für ein anwendungsorientiertes Institut wie das MTI ist es von besonderer Bedeutung, die Brücke von der Wissenschaft zur Praxis zu schlagen und so den Schritt vom Elfenbeinturm der Forschung in die industrielle Fertigung zu gehen.

„Die Messe hat sich seit der Premiere gut entwickelt”, berichtet Martin Göbel. Nach dem Anmeldeschluss blieb das Interesse groß, auf der GrindingHub 2024 auszustellen. So hat sich die Zahl der Aussteller im März auf 487 erhöht. Sie kommen aus 31 Ländern. Die stärksten Kontingente stammen aus Deutschland, der Schweiz, China, Italien und Japan. Sie repräsentieren 40 Sektoren und bilden damit die Prozesskette Schleifen vollständig ab.

„Im vergangenen Jahr war die Schleiftechnik aufgrund der vollen Auftragsbücher wirtschaftlich noch sehr gut unterwegs”, berichtet Göbel. Nach Schätzung des VDW ist die Produktion 2023 in Deutschland um 15 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro gegenüber zum Vorjahr gestiegen. Währenddessen ist die Werkzeugmaschinenindustrie insgesamt um neun Prozent gewachsen. Treiber war der Export mit 15 Prozent plus. Der Import ist um elf Prozent, der Verbrauch um 13 Prozent gewachsen. Deutschland ist der zweitgrößte Markt für die Schleiftechnik weltweit.

Bilder: Messe Stuttgart, Liebherr, Emag

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Sylke Becker

Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
VDW – Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e. V.
Frankfurt am Main
Tel. +49 69 75 60 81-33
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