Günther Schuh

WZL der RWTH Aachen

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Industrie 4.0

Smart Services im Alltag der
Investitionsgüterindustrie

Durch die Entwicklung von Smart Services sind produzierende Unternehmen in der Lage, ihre Produkte mit Dienstleistungen zu verbinden und dem Kunden zusätzliche Leistungen zu bieten. Mithilfe von Smart Services können deutsche Industrieunternehmen somit Wettbewerbsvorteile im nationalen und internationalen Wettbewerbsumfeld sichern und zukünftig ausbauen. Doch nur wenn Unternehmen die Datensicherheit gewährleisten und die sich ergebende Datenflut zielgerichtet und kreativ zur Erbringung innovativer Smart Services einsetzen, lassen sich die großen Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen.

Der Trend der Digitalisierung hat das private Umfeld bereits nachhaltig verändert. Als eine moderne Form dieser Entwicklung begegnen uns im Alltag mittlerweile an vielen Stellen so genannte Smart Services. Smart Services verknüpfen Produkte und Dienstleistungen informationstechnisch. Sie eröffnen durch den auf diese Weise gesteigerten Kundennutzen neue Geschäftsfelder.

So sind Smart Services zum Beispiel Kernelement des durch die Deutsche Bahn angebotenen ganzheitlichen Mobilitätskonzepts. Der Kunde kann mit der App „DB Navigator“ nach der Registrierung bequem und mobil sein Ticket auf dem Smartphone buchen und erhält danach automatisch Benachrichtigungen zu dem geplanten Fahrtverlauf. Nach der Ankunft am Zielbahnhof kann der Kunde seine Reise dann über die ebenfalls zur Deutschen Bahn gehörenden Mietwagen- oder Mietfahrrad-Apps fortsetzen. Durch diese über die eigentliche Bahnfahrt hinaus angebotenen Smart Services wird das Geschäftsmodell der Deutschen Bahn erweitert und zusätzlicher Umsatz generiert.

Von der Digitalisierung zu Smart Services

Während in Branchen wie in der Telekommunikationsbranche, im Einzelhandel oder auch Banken und Versicherungen das Potenzial digitaler Technologien bereits intensiv genutzt wird, befindet sich die produzierende Industrie am Anfang dieser Entwicklung. Zunehmend wird nun auch hier der Trend aufgegriffen, das klassische Produktportfolio durch Smart Services um digital erzeugte Leistungen zu erweitern.

Voraussetzung dafür ist zunächst die digitale Verknüpfung von Produkten, Prozessen und Dienstleistungen. Um dies zu erreichen, dienen intelligente und digital vernetzte Produkte zum einen als Datenquelle und zum anderen als Schnittstelle zur Erbringung von Dienstleistungen. Die so entstehenden cyber-physischen Systeme (CPS) ermöglichen durch eine Vielzahl von Sensoren das Sammeln von großen Datenmengen, die anschließend durch den Einsatz moderner Algorithmen in nahezu Echtzeit verarbeitet und ausgewertet werden.

Mit Hilfe dieser Smart Data kann neues Wissen über das Produkt und dessen Verhalten im Einsatz bei dem Kunden generiert werden. Anschließend wird dieses Wissen für den jeweiligen Kunden maßgeschneidert aufbereitet und auf dem Markt in Form von Smart Services angeboten. Durch eine derartige Kombination aus physischen und digitalen Leistungen zu Smart Services kann eine höhere Kundenbindung erreicht werden und gleichzeitig aus dem transparenteren Kundenverhalten für die Produktentwicklung gelernt werden.

Darüber hinaus lassen sich wesentlich höhere Renditen als durch konventionelle Geschäftsmodelle erzielen. Ebenfalls werden etablierte Wettbewerbsstrukturen aufgebrochen, sodass sich auch kleine, innovative Unternehmen starke Wettbewerbspositionen erarbeiten können.

Cloudbasierender Datenmarktplatz

Ein vielversprechender Ansatz, mit dem Smart Services von Unternehmen der produzierenden Industrie umgesetzt werden können, ist das Konzept eines Datenmarktplatzes. Auf einem Datenmarktplatz kann ein Unternehmen einen intensiven Datenhandel mit seinen Kunden und Zulieferern ermöglichen und durch den so erzeugten Datenaustausch die Grundlage zur Erbringung von maßgeschneiderten Smart Services schaffen.

Ein solcher cloudbasierender Servicemarktplatz sowie eine konkrete Umsetzung von auf diesem Servicemarktplatz aufbauenden Smart Services für die produzierende Industrie werden aktuell im Rahmen eines Forschungsvorhabens am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen in Zusammenarbeit mit mehreren Industrieunternehmen entwickelt. Das Anwendungsbeispiel liefert die Komet Group, Hersteller von hochpräzisen Zerspanungswerkzeugen mit 1600 Mitarbeitern.

Durch den cloudbasierenden Servicemarktplatz soll ein Datenaustausch zwischen Komet, den Kunden sowie insbesondere mit den durch ein Franchisemodell verbundenen Werkzeugserviceunternehmen geschaffen werden, die Wartung und Reparaturen der Werkzeuge bei den Kunden vornehmen. Grundlage des Konzepts bildet eine Service-Box zur Aufnahme, Komprimierung und Übermittlung der Werkzeugbetriebsdaten. Diese Daten werden in ein intelligentes Cloudsystem zur Speicherung und Aufbereitung großer Datenmengen überführt, um anschließend Auswertungen der aufgenommenen Betriebsdaten durchzuführen. Hierauf aufbauend werden folgende fünf Smart Services konkret entwickelt und pilotiert:

  • Zwischen den Kunden wird eine Austauschmöglichkeit geschaffen, sodass die Erfahrungen und Betriebsdaten aus dem Einsatz der Werkzeuge untereinander über ein Portal ausgetauscht werden können.
  • Werkzeugserviceunternehmen wird die Möglichkeit geboten, Erfahrungen und Daten aus der Werkzeugreparatur über ein Portal mit angeschlossener Datenbank untereinander zu handeln.
  • Es wird ein stark verbesserter Werkzeugwartungsprozess von Werkzeugserviceunternehmen für den Kunden ermöglicht. Rechtzeitige Prognosen und damit eine termingerechte Einleitung der Wartung können vorgenommen werden.
  • Zwischen Werkzeughersteller und dem jeweiligen Werkzeugserviceunternehmen wird ein zielgerichteter Datenaustausch geschaffen, wodurch die Werkzeugserviceunternehmen in der Lage sind, die für die Wartung nötigen Daten in einer Wissensdatenbank proaktiv und nutzerfreundlich bereitzustellen.
  • Durch den Zugriff des Herstellers auf Felddaten können die Produkte kontinuierlich verbessert werden.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Günther Schuh

Lehrstuhlinhaber für Produktionssystematik und Mitglied des Direktoriums
des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen
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Dr.-Ing. Wolfgang Boos

Geschäftsführender Oberingenieur
des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen
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Dr.-Ing. Martin Pitsch

Oberingenieur und Abteilungsleiter Unternehmensentwicklung
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Michael Salmen

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Johan de Lange

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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