Eugen Schibli

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Die real funktionierende Anlage
zeigt Industrie 4.0

Was das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserlautern im Zusammenhang mit Industrie 4.0 erforscht, wird in der Technologie-Initiative SmartFactory KL in die industrielle Praxis umgesetzt.

Die Highlights der SmartFactory-Anlage sind:

  • Innovatives Produktdesign und Fertigungskonzept zur individualisierten Massenproduktion
  • Hochgradig modularer Aufbau der Anlage und Demonstration der mechatronischen Wandelbarkeit
  • Inner- und überbetriebliche Vernetzung von Anlage und IT-Systemen sowie Integration neuartiger Anwendungen zum Beispiel im Bereich von „Predictive Maintenance“ und „durchgängigem Engineering“

Die Demonstrationsanlage der Smartfactory KL produziert aus Einzelkomponenten personalisierte und somit einzigartige Business-Card-Etuis. Die Individualisierung der Etuis entsteht beispielsweise durch Gravur mit dem Namen des Inhabers und verschiedenen Gehäusefarben.

Jedes Etui ist mit einem RFID-Tag versehen. Auf dem RFID-Tag sind alle notwendigen Fertigungsinformationen wie der zu gravierende Name und die Stückliste abgelegt. Gleichzeitig werden aktueller Stand des Produktionsfortschritts und Qualitätsdaten protokolliert. Mittels der auf dem Funketikett gespeicherten Daten steuern sich die Etuis aktiv durch die Produktion. Sie teilen der Produktionsanlage zum Beispiel selbst mit, ob sie einen grauen, roten oder blauen Deckel benötigen oder übermitteln dem Graviermodul den Namen des zukünftigen Eigentümers zur Beschriftung des Etuis. Dem Modul zur Qualitätskontrolle stellt es die zu prüfenden Spezifikationen zur Verfügung. Dadurch kann das einzelne Etui sehr flexibel gefertigt werden, ohne dass eine übergeordnete Produktionssteuerung mit Datenbank notwendig wäre.

Der Verein Smartfactory KL ist enger Partner des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern und wird getragen von 47 Mitgliedsfirmen. Zielsetzung ist die rasche Umsetzung von Forschungsergebnissen unter Berücksichtigung real-industrieller Anforderungen. Als Alleinstellungsmerkmal unter den Förderern dieses Themas betreibt und entwickelt der Verein eine funktionsfähige Demonstrationsanlage zur diskreten Fertigung, die als weltweit erste Industrie-4.0-Anlage gilt und mit dem RAMI-4.0-Referenzmodell der Plattform Industrie 4.0 kompatibel ist.

Angenommen der RFID verbleibt dauerhaft im Etui, kann er bei dessen Entsorgung die Informationen zur korrekten Trennung im Recycling liefern. Im Fall von gefährlichen Materialien kann der RFID den Betreiber der Entsorgungsanlage vor Gefahren warnen. Dank des digitalen Produktgedächtnisses in Form eines RFID-Tags ist auf der Produktseite die Voraussetzung zur individualisierten Massenproduktion mit Losgröße 1 geschaffen. Das Konzept entspricht dem „Life Cycle & Value Stream“ für das Produkt gemäß RAMI 4.0.

Mechatronische Wandelbarkeit

Die Produktionsanlage erfüllt die Anforderung der mechatronischen Wandelbarkeit, indem sie aus neun mobilen und flexibel einsetzbaren Modulen aufgebaut ist. Die Versorgung der Module mit Strom und Druckluft sowie der Datenaustausch erfolgen über lose steckbare Leitungen, damit die Mobilität nicht eingeschränkt ist. Dank der klaren Abgrenzung der Module ist deren Umrüstung und Inbetriebnahme einfach und effizient. Das modulare Konzept ermöglicht Unabhängigkeit der Module, zwischen denen keine direkten mechanischen oder elektrischen Verbindungen bestehen. Das erlaubt deren nahezu uneingeschränkten und schnellen Austausch.

Der Datenverkehr mittels OPC UA zwischen den Modulen ist gering und beschränkt sich auf das gegenseitige Erkennen zur Abklärung, ob das Nachbarmodul zum folgenden Fertigungsschritt passt. Dieser Datenaustausch erfolgt sowohl mit Modulen, die automatisierte Fertigungsmaschinen beherbergen, als auch mit Modulen, die einen manuellen Arbeitsplatz mit fortschrittlicher Bedienerführung enthalten. Die einzelnen Module entsprechen im Referenzarchitekturmodul RAMI 4.0 den Elementen „Station“, die „Control Devices“ und „Field Devices“ enthalten.

Sensor zur Qualitätssicherung

Der vom Etui selbst gesteuerte Fertigungsprozess in einer Linie aus gleichzeitig automatischen und manuellen Modulen bietet keine Gewähr, dass die einzelnen Komponenten tatsächlich korrekt verbaut wurden. Daher wird die Produktionsanlage durch ein Modul zur Qualitätskontrolle erweitert. Dort werden die Etuis von einer hochpräzisen Waage (gemäß RAMI 4.0 „Field Device“) gewogen und mit dem produktspezifischen Soll-Gewichtswert verglichen. Die Vernetzung innerhalb des Moduls zwischen dem „Control Device“ (SPS) mit den „Field Devices“ (Waage und Transportvorrichtungen) erfolgt über ein Profinet-IO-Netzwerk.

Die Gewichtserfassung mittels der Präzisionswaage ermöglicht es, Qualitätsmängel aufgrund von fehlerhaften, fehlenden oder überzähligen Komponenten mit großer Sicherheit zu erkennen, selbst wenn ein Teil von außen nicht sichtbar ist. Die Qualitätssicherung über die Waage erfüllt auch die Anforderung an eine einfache mechatronische Wandelbarkeit, da auf dem RFID nur der Gewichtswert und dessen Toleranz abgespeichert werden müssen. Zusätzlich kann die Qualitätskontrolle auch über eine optische Lösung erfolgen. Dazu müssten im digitalen Produktgedächtnis jedoch umfangreiche Bilddaten als Referenz mitgeführt werden.

Die Produktionsanlage ist im Jahr 2014 als ein gemeinsames Projekt von den Mitgliedsfirmen und dem DFKI in Kaiserslautern entstanden, und sie wird kontinuierlich weiterentwickelt. Nebenbei gewinnen die Mitgliedsfirmen aus der Zusammenarbeit in diesem Projekt Erkenntnisse, die sie zur Verbesserung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit nutzen können.

Ein Whitepaper, das die Industrie-4.0-Anlage der Smartfactory KL aus wissenschaftlicher Perspektive beschreibt, ist auf der Homepage verfügbar.

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Eugen Schibli

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Dr.-Ing. Dominic Gorecky

Stv. wissenschaftlicher Leiter
Innovative Fabriksysteme
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