Christian Leutner

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Forschung

Auf dem Weg zum Quantencomputing

Nicht nur die Zuschauer von Wissenschaftssendungen wissen: Das Rechnen mit kleinsten Teilchen, also Quantencomputing, ist eine große Sache. Auch wenn nur wenige die Grundlagen verstehen, ist für viele folgendes klar: Hinsichtlich der Rechenleistung schlagen Quantenrechner herkömmliche Server um Längen. So kann ein Quantencomputer zum Beispiel tausende Möglichkeiten für die Lösung eines spezifischen Problems gleichzeitig berechnen. Bei der Gestaltung eines Chips hat sich Fujitsu an dieser Rechenweise orientiert, um Produktionsprozesse zu verbessern.

Zurzeit erlaubt der Stand der Entwicklung den Einsatz von Quantencomputern nur im Forschungsumfeld, jedoch nicht für den operativen Betrieb in Unternehmen. Denn Quantencomputer müssen besonders stark gekühlt und gegen Erschütterungen sowie elektromagnetische Strahlung geschützt werden. Außerdem liegen sowohl die tatsächliche Rechenleistung als auch die Genauigkeit von Berechnungen zurzeit noch weit unter dem, was potenziell möglich ist.

Vorbote des Quantencomputings

Damit gilt der breite Einsatz von Quantencomputing heutzutage eher als ein Versprechen für die Zukunft. Fakt ist jedoch auch: Ein Simulationsverfahren, das die Eigenschaften des sogenannten Quantentunneleffekts nutzt, eines der grundlegenden Kennzeichen des Quantencomputings, findet bereits ganz konkrete Anwendung – nicht nur im Labor, sondern auch in Fabriken und Fertigungsstätten.

Die Digital-Annealing-Technologie fußt auf konventioneller, siliziumbasierender Halbleitertechnik. Sie kann jedoch aufgrund ihrer speziellen Prozessorarchitektur bestimmte Effekte des Quantencomputings simulieren. Damit macht das Digital Annealing den maßgeblichen Vorteil des Quantencomputings – die Durchführung hochkomplexer paralleler Berechnungen – in Gestalt einer neuen Lösungsqualität bei kombinatorischen Optimierungsproblemen jetzt schon praktikabel und verfügbar.

In Produktion und Logistik

Insbesondere bei der Steuerung und Optimierung von Produktions- und Logistikprozessen ergeben sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten: Erste Einsatzbeispiele gibt es seit Kurzem in Deutschland – unter anderem in der Automobilindustrie. Dort nutzen Hersteller den Digital Annealer von Fujitsu, um die Steuerung von Robotern in der Fertigung zu optimieren – und zwar unter Echtzeitbedingungen. Denn die Rechenprozesse, mit denen optimale Bewegungsabläufe der Roboterarme beim Bearbeiten von Karosserien berechnet werden, lassen sich in weniger als einer Sekunde durchführen. Möglich wird dies, da die Technologie bei der Lösung solcher Probleme – im Vergleich mit herkömmlichen Serversystemen – bis zu 10.000 Mal schneller ist.

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Optimierung des Inventars im Waren- und Teilelager, insbesondere die Planung der effizientesten Routen beim Transport von Teilen und Material zur Fertigungsstätte. Erreicht wird das vor allem durch die optimale Platzierung der entsprechenden Regale sowie die exakte Planung der Laufwege. Damit ist sichergestellt, dass kein überflüssiger Meter zurückgelegt wird, wodurch Zeit sowie Kosten eingespart werden. Bei einem realen Projekt mit einer Lagergröße von 1000 Quadratmetern sowie 3000 unterschiedlichen eingelagerten Produkten wurden die Zeiten für Warenbewegungen durch den Einsatz des Digital Annealings um bis zu 45 Prozent verringert.

All das sind Beispiele dafür, wie sich die Technologie gewinnbringend einsetzen lässt. Darüber hinaus ist sie für Smart-City-Anwendungen wie etwa zur Vermeidung von Staus oder für die Material- und Medikamentenforschung prädestiniert.

Fahrzeughersteller wollen mehr Effizienz in der Produktion, um die Herstellung neuer Fahrzeuge zu beschleunigen. Zu den Aufgaben gehören eine Optimierung der Logistik, des Fahrzeugdesigns und der Robotik. Die auf den Digital Annealer gestützte Produktion zielt darauf ab, Fehler und Schwachstellen wie Korrosion, Defekte und Qualitätsprobleme sofort zu identifizieren, um die Produktionsplanung zu verbessern. Foto: Fujitsu

Einfacher Einstieg per Cloud-Service

Der Einsatz des Digital Annealings erfolgt am einfachsten „As-a-Service“. Dabei wird der Digital Annealer als Cloud-Service über Application Programming Interfaces (APIs) an die bestehende IT angebunden. Dabei wird allerdings in der Regel Hilfe von Experten benötigt: Denn Problemlösungen und die damit verknüpften Fragestellungen müssen in spezielle mathematische Formeln, Modelle und Applikationen „übersetzt“ werden, damit sie der Digital Annealer berechnen kann.

Damit ist Digital Annealing für Unternehmen bereits jetzt eine gangbare Brücke zwischen konventionellen Rechnern und dem praktikablen Nutzen von Effekten, die durch Quantencomputing inspiriert wurden, während das eigentliche Quantencomputing derzeit noch in den Kinderschuhen steckt.

Vom Quantencomputing inspiriertes Digital Annealing bei Fujitsu, Quelle: Fujitsu

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