Editorial
Run auf Ressourcen
Ein einzelnes Schiff hat den Pulsschlag des Welthandels stocken lassen. Die Ever Given stellte sich im Suez-Kanal quer, nicht nur zur Schifffahrtsstraße, sondern auch zum üblichen Ablauf. Was sich vorher in zivilen Bahnen abspielte und nach den Regeln des Marktes ablief, lief plötzlich aus dem Ruder. Jeder musste selbst sehen, wo er bleibt. Der Markt wurde leergefegt, als handele es sich um Toilettenpapier. Der Run auf Ressourcen hat eingesetzt – jetzt aber ohne Regeln und ziviles Verhalten.
In Wirklichkeit hat dieser Container-Unfall offenbar werden lassen, was schon länger erkennbar ist. Es fehlt an Ressourcen. Von Aluminium bis Zink gehen die Rohstoffe zur Neige – lediglich Erdöl wird wohl bald zu den Ladenhütern zählen. Die explodierenden Preise für Kobalt, Lithium, Mangan oder Nickel sprechen Bände. Steigende Preise wiederum machen erfinderisch.
Triebwerke nutzen sich ab, das ist ein normaler Vorgang. Sie müssen jedoch nicht mehr komplett erneuert werden, wie es der Beitrag „Schaufeln für Triebwerke effizient repariert“ beschreibt. Wenn selbst einfache Aluminiumblöcke fehlen, dann lässt sich der Engpass mit Hilfe von additiver Fertigung überbrücken, wie es bei der Gießerei Blöcher möglich ist. Online-Fertiger wie die Dr. Dietrich Müller GmbH können inzwischen als ausgelagerte Fertigung einspringen. Sicherlich lässt sich noch einiges mehr einsparen, wenn alle bewusster mit dem Material umgehen.
Was machen wir mit digitalen Ressourcen? Nicht nur die fehlenden Chips, die vermutlich immer noch auf dem Container gebunkert sind, bereiten Sorgen. Schon die langen Leitungen und die fehlende Durchgängigkeit der Prozesse machen allen zu schaffen. Letztlich wird ein noch stärkerer Mangel entscheiden, wie der Weg in die Zukunft aussieht: Ohne Fachkräfte nutzt auch die beste Automatisierung nichts. Als wäre uns plötzlich das Wichtigste zwischen den Fingern zerronnen: Von der Erzieherin, Pflegerin, über die Ingenieurin bis zur Zahntechnikerin fehlt Personal (übrigens auch männliches). Sie werden benötigt, um der Gesellschaft Resilienz zu verleihen.
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Georg Dlugosch
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