Faten Saleh

Institut für Innovation und Technik (iit)

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Titelthema

Mit digitaler Souveränität die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sichern

Neue Formen der Mensch-Technik-Interaktion als Basis für eine digitale Souveränität stellen für Unternehmen nicht nur einen technologischen Fortschritt dar, sondern sind der Schlüssel für ihre Zukunftsfähigkeit. Sowohl auf Unternehmensebene als auch auf Ebene der Mitarbeitenden ergeben sich dank menschzentrierter Technikgestaltung positive Aussichten, Prozesse zu automatisieren, Ressourcen effizienter zu nutzen und die Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden zu fördern. Diese Schlussfolgerungen unterstreicht die Studie „Arbeiten mit künstlicher Intelligenz – fünf Kurzszenarien zur Mensch-Technik-Interaktion 2023“ des Instituts für Innovation und Technik (iit) in Berlin.

Wie zahlt sich digitale Souveränität für Unternehmen und ebenso für Beschäftigte aus? Unter digitaler Souveränität versteht man, dass der Mensch in der Lage ist, seine Rolle in der digitalen Welt selbstständig, selbstbestimmt und sicher ausüben zu können.
Das bedeutet, dass der Mensch bestimmt, welche Aufgaben und Entscheidungen er übernimmt und welche durch das technische System erfolgen sollen. Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamts (27.11.2023) setzt etwa jedes achte Unternehmen in Deutschland (zwölf Prozent) künstliche Intelligenz ein, insbesondere im Controlling und in der Finanzverwaltung.
Dies ist ein Anstieg von vier Prozentpunkten im Vergleich zum Jahr 2021 (Bitkom Research 2021). Die langsame Verbreitung von KI-Technologien hängt häufig mit der Sorge vor erhöhten Kosten und fehlendem Know-how zusammen. Allerdings ist es notwendig, neben den Zielen der Effizienz und Effektivität Menschzentrierung in der Technikgestaltung gleichwertig als Ziel zu implementieren.
Insbesondere aus Sicht des Mittelstands erhält das Thema Relevanz. Denn mit Blick auf begrenzte Ressourcen – Fachkräfte und Budget – sind KI und Automatisierung die zentralen Instrumente, um die Herausforderungen der Transformation zu meistern und gleichzeitig nachhaltiges Wachstum zu erzielen. So sichern Unternehmen ihre Markt- und Wettbewerbsfähigkeit und leisten einen Beitrag zur langfristigen Resilienz. Dies lässt sich vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des sich zuspitzenden Fachkräftemangels wie folgt illustrieren.

In der Studie „Arbeiten mit Künstlicher Intelligenz“ untersucht das Berliner Institut für Innovation und Technik (iit) die Wirkungen der künstlichen Intelligenz auf die Beziehungen von Mensch und Technik in Wirtschaft und Gesellschaft.

Wirtschaftliches Potenzial

Automatisierungslösungen im industriellen Bereich wie auch innerhalb von Querschnittsabteilungen (zum Beispiel Human Resources, Controlling) können Produktions- beziehungsweise Arbeitsprozesse optimieren und Beschäftigte von sich wiederholenden Tätigkeiten wie administrativen Abläufen oder Datenverarbeitung entlasten. Dadurch werden Fehlerpotenziale reduziert und neue personelle Ressourcen geschaffen. Gleichzeitig können Unternehmen mithilfe von KI und Automatisierung ihre Kosten wirksam reduzieren, indem beispielsweise laufende Ausgaben automatisiert kontrolliert und optimiert werden.
Eine effizientere Automatisierung gelingt Großunternehmen, die durch den Einsatz von KI-Assistenzsystemen eine individuelle Entlastung der Mitarbeitenden ermöglichen. Mit den dadurch gewonnenen Kapazitäten können sich Mitarbeiter verstärkt strategischen und kreativen Gestaltungsaufgaben widmen sowie Interessensschwerpunkten nachgehen.
Gleichzeitig erhöht sich die Arbeitsqualität. Die Tätigkeiten werden im Zuge der Rollenveränderung von Mitarbeitenden qualitativ aufgewertet. Denn durch den Einsatz von KI-Technologien ergeben sich neben neuen Aufgabenzuschnitten und Gestaltungspotenzialen auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten (beispielsweise Entwicklung innovativer Lösungswege), die angesichts der doppelten Transformation von Digitalisierung und Dekarbonisierung eine besondere Bedeutung bekommen.

Veränderte Rollen

Allerdings zeigt sich, dass die Mehrheit der Beschäftigten die Interaktion mit KI-Systemen noch nicht als eine Neugestaltung ihrer Handlungsspielräume wahrnimmt. Sowohl für Mitarbeitende als auch aus Sicht der Unternehmen sollte es daher Ziel sein, lernende Systeme in Arbeitsprozesse einzuführen und so zu gestalten, dass Mitarbeitende in die Entwicklung einbezogen werden.
Die Fähigkeit von KI-Systemen, selbstständig zu lernen und zu entscheiden, hebt die Mensch-Technik-Interaktion auf eine neue Ebene. Mit Blick auf Fachkräfteengpässe bedeutet es beispielsweise, dass Unternehmen mithilfe der digitalen Souveränität Erfahrungswissen sichern und an neue Mitarbeitende weitergeben können.
Digitale Kompetenz oder Digital Literacy kann man als die Fähigkeit beschreiben, digitale Medien zu lesen, zu verstehen und zu nutzen. Mit dem Menschen im Mittelpunkt der Interaktionsgestaltung ist folglich analog zu einer Digital Literacy oder Sustainable Literacy (Kompetenz zur Nachhaltigkeit) auch eine AI Literacy (KI-Kompetenz) entscheidende Voraussetzung.
Ein Grundverständnis für KI ermöglicht zudem einen offenen gesellschaftlichen Diskurs zur KI-Technologie, der gleichzeitig positiven Einfluss auf die Akzeptanz und das Vertrauen der Gesellschaft in KI-Systeme hat. In diesem Sinn fördert menschzentrierte KI die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden, vor allem durch die Integration effektiver Qualifizierungsformate in den Arbeitsalltag (Lernen im Prozess).
Dazu bedarf es einer besonderen Fähigkeit. Eine entsprechende Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden muss frühzeitig und strategisch in Unternehmen adressiert werden. Unternehmen, die in die Weiterbildung und -entwicklung ihrer Mitarbeitenden investieren, werden folglich trotz schrumpfender Erwerbsbevölkerung resilient und wettbewerbsfähig sein.

Info

KI-Kurzszenarien 2030

In der Studie „Arbeiten mit Künstlicher Intelligenz – fünf Kurzszenarien zur „Mensch-Technik- Interaktion 2030“ untersucht das Institut für Innovation und Technik (iit) die Wirkungen der künstlichen Intelligenz (KI) auf die Beziehungen von Mensch und Technik in Wirtschaft und Gesellschaft. Das Ergebnis bilden fünf Kurzszenarien zur Mensch-Technik-Interaktion 2030, die entlang der drei Ebenen „Arbeitsplatz“, „Unternehmen“ und „Innovationsökosystem“ betrachtet werden. Um den Wechsel hin zu menschzentrierten KI-Systemen über konkrete Handlungspfade erfolgreich zu gestalten, wird eine Gestaltungspartnerschaft von Wirtschaft, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und Politik empfohlen.

Bilder: Pixabay/justDIWteam – ai-generated

Kontakt

Faten Saleh

Wissenschaftliche Beraterin, Arbeits- und Zukunftsforschung
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