Nicole Oertwig

Fraunhofer IPK

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Das Industry Cockpit
liefert den Durchblick

Mit Industrie 4.0 soll es möglich werden, die Produkt- und Prozessvarianten mit kleinen Losgrößen signifikant zu steigern, ohne die Produktionskosten ins Unwirtschaftliche zu treiben. Die Kunden bestimmen zunehmend nicht nur das Aussehen und die Eigenschaften des Produkts, sondern verlangen vermehrt Konditionen und Teile, die nicht vollständig vorkonfiguriert werden können. Damit wird nicht nur die Produktionsabwicklung auftragsindividuell, vielmehr wirken sich diese Anforderungen auf das gesamte Prozessgefüge aus. Dieser Aspekt stellt Unternehmen vor große Herausforderungen, denn die betrieblichen Abläufe und deren Monitoring lassen sich nur mit hohem Aufwand an die kundenindividuellen Bedarfe anpassen. Mit dem modellbasierenden Industry Cockpit des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) wurde eine Lösung entwickelt, die sämtliche Elemente der Fabrik – Produkte, Maschinen, Werkzeuge und Menschen – integriert betrachtet und damit den Schlüssel für das Management kundenauftragsindividueller Prozesse liefert. Es unterstützt Unternehmen, diese Prozesse effizienter zu realisieren und mittels einer kontextsensitiven Monitoring-Umgebung direkt zu überwachen.

Das Industry Cockpit wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts MetamoFAB (Metamorphose zur intelligenten und vernetzten Fabrik) gemeinsam mit dem Softwarehersteller Pickert & Partner aus Karlsruhe entwickelt. Grundlage ist ein Unternehmensmodell, das die Wechselwirkungen zwischen Produkten, Informationen, Ressourcen und der Organisation abbildet. Durch die Verknüpfung dieser Geschäftsprozessbeschreibungen mit Daten und Auswertungen aus den operativen Planungs- und Steuerungssystemen wurde ein neues, flexibles Werkzeug für einen durchgängigen Informationsfluss über alle IT- und Organisationssilos realisiert.

Prozesse im Griff

Kern des Lösungsansatzes sind miteinander koppelbare Prozessmodule, die auf Basis eines Klassensystems der Modellierungsmethode aufgebaut sind. Ein Modul-Management-Client verwaltet sowohl Standardprozesse als auch abgeleitete, individuelle Prozesse, die nur für einen bestimmten Kundenauftrag gelten. Die Kopplung selbst erfolgt auf Basis gemeinsamer Ein- beziehungsweise Ausgangszustände.

Betrachtet man einen Teilschritt zur Auftragserfüllung als ein Prozessmodul, so lassen sich individuelle End-zu-Endprozesse aus den Modulen schnell zusammensetzen. Die über die Module beschriebenen Zusammenhänge werden genutzt, um ein dynamisches Monitoring und kontextsensitive Dashboards abzuleiten.

Damit sind die dargestellten Informationen für verschiedene Prozesse, Rollen, Teile oder einzelne Aufträge genau zugeschnitten. Die Anbindung der einzelnen Auswertungselemente beziehungsweise die Integration von Echtzeitdaten der Maschinen und Anlagen erfolgt ebenso modular wie das Management der Prozesse. Über einen Cockpit-Management-Client werden die Dashboardkomponenten in Form von Widgets definiert und kombiniert. Über die Zuordnung dieser Komponenten zu den Prozessmodulen und den damit verknüpften Rollen wird die Darstellung für jeden Nutzer individuell konfiguriert. Der Anwender kann die Informationsdarstellung zusätzlich weiter optimieren, indem er die Anzeige eines solchen Widgets über frei definierbare Parameter steuert.

Gibt es zum Beispiel eine Vielzahl zu überwachender Prozessparameter sind Mobile Devices mit ihrer begrenzten Darstellungsfläche schnell zu klein, um ad-hoc kritische Werte zu erkennen. Das Cockpit informiert den Nutzer genau dann, wenn einer dieser Parameter droht, aus dem Toleranzbereich zu geraten. Ergänzend blendet es automatisch weitere erforderliche Informationen wie Verlauf- oder Belastungskurven ein, um die Entscheidungsfindung zu unterstützen. Damit gelingt es mit dem Industry Cockpit, alle Mitarbeiter des Unternehmens – vom Management bis zum Werker – bezogen auf ihre Aufgabenstellung zu unterstützen und zu begeistern.

Konfigurieren statt programmieren

Die Wiederverwendbarkeit der Prozessmodule wie auch der Cockpitmodule zur Konfiguration der dynamischen Dashboards liefert für die Unternehmen eine erhöhte Flexibilität hinsichtlich der Kommunikation, des Monitorings und der Abbildung kundenindividueller Anforderungen. Die erforderlichen Überwachungsmechanismen müssen nicht mehr programmiert werden, sondern erfordern nur eine Konfiguration.

Dieser Ansatz kann alle produzierenden Unternehmen, die mit kundenindividuellen Auftragsprozessen konfrontiert sind – vom Konzern bis zum mittelständischen Unternehmen – bei der Analyse und Umsetzung der Fertigungsaufgabe unterstützen. Denn die Module des Gesamtsystems lassen sich nach und nach, den Bedürfnissen entsprechend, implementieren. Damit unterstützt das modellbasierende Industry Cockpit bei der Transformation schrittweise hin zur intelligenten und vernetzten Produktion und fördert gleichzeitig die Beherrschung komplexer Arbeitsinhalte und ein interdisziplinäres Denken und Handeln.

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Nicole Oertwig

wissenschaftliche Mitarbeiterin
Geschäftsprozess- und Fabrikmanagement
Bereich Unternehmensmanagement
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