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„Additiv schneller zum Endprodukt“

Wenn sich die Branche der additiven Fertigung zur Formnext in Frankfurt trifft, werden Innovationen und Trends präsentiert. Die Fachmesse für additive Fertigung glänzt mit einer dynamischen Entwicklung. Die Vorteile dieses Fertigungsverfahrens werden erkannt und genutzt, erklärt Rainer Lotz, Vorsitzender des Ausstellerbeirats und Geschäftsführer der Renishaw GmbH, im Gespräch mit Georg Dlugosch, Chefredakteur des IndustryArena eMagazines.

Die nächste Formnext steht an. Wie entwickelt sich die Fachmesse?

Lotz: Die Formnext ist eine sehr junge Messe. Sie ist mit einem starken Fokus gestartet. Die additive Fertigung ist nach wie vor eine Nische mit einer speziellen Klientel an Ausstellern und Fachbesuchern verglichen mit der gesamten Produktionstechnologie. Sie entwickelt sich sehr gut – mit hoher Qualität und dem reichhaltigen inhaltlichen Angebot. Auch die Besucher beteiligen sich mit sehr hoher Qualität an den fachlichen Diskussionen. Die Messe hatte sich im zweiten Jahr vertieft und geht jetzt in die Breite der Anwendungen, was ebenso an der starken Zunahme der Aussteller zu sehen ist. Hinzugekommen ist das Interesse von Unternehmen in der Peripherie des Prozesses zum Beispiel Materialherstellern, aber auch Softwarehersteller oder Unternehmen mit Lösungen zum Postprozess.

Welche Dynamik ist im Markt erkennbar?

Lotz: Wir sehen, dass langsam die Vorteile der additiven Fertigung im Bereich der Entwicklung und der Prototypen aber auch Vor- und Kleinserien erkannt und genutzt werden. Denn ich komme damit schnell zu einem funktionalen Prototyp, mit dem man auch mechanische oder thermische Tests einleiten kann. Damit kann sich der Entwickler schneller dem Endprodukt annähern, gegebenenfalls kostengünstig Varianten testen. Da erkennen wir immer breitere Anwendungsbeispiele, bei denen auch mehr Kosten des einzelnen Bauteils in Relation zu den Gesamtentwicklungskosten berücksichtigt werden. Der Reifegrad erhöht sich sukzessive in immer mehr Industriesegmenten.

Rainer Lotz, Vorsitzender des Ausstellerbeirats und Geschäftsführer der Renishaw GmbH; Foto: Renishaw

Wo sind vielversprechende Einsatzbereiche?

Lotz: Es ist erkennbar, dass die Diskussionen immer facettenreicher werden. Entwickler beziehen zum Teil die Möglichkeiten der additiven Fertigung immer mehr in ihre Projekte und Lösungsansätze mit ein. Durch die mittlerweile viel bessere Stabilität im Prozess entstehen auch Anwendungen in Kleinserien. Sie werden in unterschiedlichen Branchen genutzt. Wir kennen schon die Serien im Dentalbereich, beziehungsweise medizintechnischen Bereich, Lösungen im Bereich der Werkzeugeinsätze oder kleine Montageteile mit erhöhter Funktionalität und geringerem Gewicht. Nun weitet sich das Ganze auch auf das Ersatzteilgeschäft aus. Wenn beispielsweise Teile nicht mehr sinnvoll gelagert werden können oder das Vorhalten der notwendigen Werkzeuge zu teuer wird, ist eine Alternative, dass sie in additiven Verfahren hergestellt werden. Dadurch lassen sich Gesamtkosten massiv einsparen, und die Bauteile werden zudem direkt verfügbar gemacht.

Welche innovativen Lösungsansätze sehen Sie?

Lotz: Das Interesse im Bereich der Werkzeuge für Druck- und Spritzguss ist weiter steigend. Renishaw hat gemeinsam mit seinem Partner Listemann iQtemp platziert, um den kompletten Service, also Konstruktion, Simulation und Ausführung wie Vakuumlöten oder additive Fertigung oder andere Veredelung, aus einer Hand anzubieten. Dort ist der Reifegrad hoch und schon länger akzeptiert und führt zu erheblicher Steigerung von Produktivität und Qualität bei den Gussverfahren für die Massenproduktion. Auch Werkzeuge für schneidende Verfahren setzen immer mehr auf den funktionalen Mehrwert, wenn man beispielsweise den Werkzeugträger besser temperieren kann. Zudem lassen sich spezielle Schneidengeometrien herstellen, die sonst nicht zu fertigen sind. Beispielsweise konnten in ein Werkzeug mehr Schneiden hineinkonstruiert werden, und dadurch hat sich die Leistung deutlich erhöht. Dort sehen wir ein stark steigendes Interesse aller Werkzeughersteller. Sie nutzen diese Möglichkeiten von additiven Verfahren für ihre Herstellung zur Erhöhung der Funktionalität und Leistung ihrer Produkte. Das sind nur zwei von vielen interessanten Lösungen – während der Formnext sehen Sie ganz sicher noch viel mehr Bereiche.

Die Entwicklung bei den eingesetzten Materialien vollzieht sich rasant. Wo sehen Sie weiteren Bedarf?

Lotz: Es existieren innerhalb der Materialfamilien zudem noch viel mehr Rezepturen. Gerade in Deutschland gibt es sehr viele Anwender mit enormem Know-how, die schon seit Jahren mit den Verfahren arbeiten und immer mehr Materialvarianten nutzen, was auch uns Herstellern wieder zugutekommt. Darüber hinaus hat sich die Anzahl der möglichen Pulverhersteller weiter erhöht und deren Wissen beschleunigt die Entwicklung weiter. Zudem hat Renishaw mit der Weiterentwicklung der Bauraum-Heizung ermöglicht, auch die Stähle oder andere Materialien zu verarbeiten, die bisher nicht sinnvoll genutzt werden konnten, weil sie beim Prozess gerissen sind. Das ist speziell auch für die Hersteller von Schneidewerkzeugen interessant beziehungsweise für voluminöse komplexe Bauteile. Natürlich ist die Liste der Materialien, die der Markt zusätzlich fordert, nach wie vor lang.

Worauf legen Sie bei der Entwicklung weiteres Augenmerk?

Lotz: Verglichen mit den abtragenden Fertigungsverfahren bewegen wir uns in einer frühen Phase der Entwicklung. Deshalb ist der Austausch zwischen allen Beteiligten sehr wichtig – ich vergleiche es mal mit der Automobilindustrie und der entstehenden Elektromobilität. Gerade in Deutschland funktioniert der Austausch mit Forschung, Bildung, den Anwendern und anderen Herstellern sehr gut, ich denke, diese Innovationskultur müssen wir gemeinsam unbedingt weiter pflegen. Das versuchen wir auch auf der Basis des Solution Centers von Renishaw in Pliezhausen und anderen Standorten zu befeuern. Dort sieht man auch live unsere Schwerpunkte in Sachen Stabilität und Produktivität des Prozesses. Auch den Fokus auf maximale Teilequalität kann man selbst bei der Arbeit mit einer Mietmaschine erleben. Die Konferenz bei der Formnext trägt natürlich auch einen wichtigen Teil zum Austausch bei, und jetzt ist auch der VDMA mit der Arbeitsgruppe AM (Additive Manufacturing) hinzugestoßen, was das Netzwerk vergrößert und noch dynamischer macht. Dadurch wird die weitere Entwicklung der Branche und der Messe angeschoben und die additive Fertigung wird immer mehr in der modernen Produktion ankommen.

Titelbild: Renishaw

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