Jochen Pfeufer

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Qualitätsmanagement

Der neue FMEA-Standard
in der Automobilindustrie

Das Qualitäts-Management-Center (QMC) im Verband der Automobilindustrie (VDA) und die amerikanische Automotive Industry Action Group (AIAG) mit Beteiligung des US-Verbands der Automobilingenieure (SAE International) präsentieren erstmalig einen gemeinsamen FMEA-Standard. Damit gehen die beiden Branchenverbände neue Wege in der Fehler-Möglichkeits und Fehler-Einfluss-Analyse (FMEA).

Mit dem neuen FMEA-Standard sind VDA und AIAG neue Wege der Harmonisierung und Weiterentwicklung eines der Basiswerkzeuge im Qualitätsmanagement (QM) zur industriellen Entwicklung und Produktion gegangen. Alleine die transatlantische Zusammenarbeit und die damit einhergehende branchen- und länderübergreifende Herangehensweise führen zu einer globalen Betrachtung und aktualisierten Inhalten.

Lieferanten, die ihre Produkte an deutsche und nordamerikanische Hersteller (OEM) liefern, sind verpflichtet, ihre FMEA basierend auf den unterschiedlichen Tabellen für Bedeutung, Auftreten und Entdeckung entsprechend den FMEA-Handbüchern von VDA und AIAG zu bewerten. Dies führt zu Verwirrung und erhöht die Komplexität und Aktivitäten der Produktentwicklung und Produktverbesserung von Lieferanten.

Während der Diskussion waren sich die Vertreter von VDA und AIAG einig, dass dies eine Gelegenheit sei, weitere Teile der beiden Handbücher anzupassen und zu standardisieren. Die besten Inhalte von VDA und AIAG unter Beteiligung der SAE wurden zusammengestellt, sodass sie den Anforderungen beider Industriegruppen entsprechen. Speziell soll die Zahl von mehrfachen kundenspezifischen Forderungen (KSF) reduziert werden.

Gemeinsame Anforderungen und Erwartungen an die FMEA ermöglichen Lieferanten, einen Prozess zur FMEA und die damit verbundenen Methoden und Werkzeugen zu erstellen, um robuste, genaue und vollständige FMEA zu erzielen, welche die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Kunden erfüllen.

Sechs Schritte der FMEA

Die bekannte Vorgehensweise in der FMEA mit fünf Schritten wurde um einen sechsten Schritt erweitert. Der wichtige Punkt Betrachtungsumfang (vorher Vorbereitung) galt bisher als vorgeschaltet. Jetzt ist der Betrachtungsumfang ein integraler Bestandteil der FMEA. Hier gilt es, Projektidentifikation, Projektplanung, Projektabgrenzung und Lessons Learned umzusetzen. Das führt zu mehr Transparenz in der Analyse und mit der eindeutigen Abgrenzung der betrachtenden Umfänge zu einem effizienteren Prozess.

Die bekannte Verknüpfung von Folgen-, Fehler- und Ursachenebene über Struktur, Funktion und Fehlfunktion wurde beibehalten.

Bewertungstabellen

Zentraler Bestandteil des neuen FMEA-Standards sind die gemeinsamen Bewertungstabellen, die zum ersten Mal international einheitlich erstellt wurden. Mit diesen Tabellen ist es nun möglich, weltweit die Ergebnisse der Fehler-Möglichkeits- und Fehler-Einfluss-Analyse zu vergleichen und so entsprechende Rückschlüsse zu ziehen. Speziell die Automobilindustrie, aber auch der Maschinenbau oder die Luftfahrt können jetzt das Risikomanagement in weltweiten Lieferketten mit einem einheitlichen System bewerten. Beispielhaft wird die Bewertungstabelle für die Bedeutung (B) der Design-FMEA (DFMEA) gezeigt. Klar definiert ist die Bewertung von Sicherheitsaspekten mit B = 10. Mit B = 9 wird die Nichteinhaltung von gesetzlichen und behördlichen Vorgaben bewertet. Diese Bewertung mit Auswirkung auf den Kunden in der Design-FMEA findet in der Prozess-FMEA (PFMEA) neben der Bewertung der Bedeutung mit „Prozessverantwortung für das eigene Werk“ und zur „Nächsten Prozessverantwortung für das zu beliefernde Werk“ die dritte Säule für den „Endnutzer, den Kunden“.

Die sechs Schritte zur FMEA-Erstellung. Quelle: VDA

Die Bewertungstabellen für das Auftreten (A) und die Entdeckung (E) wurden neu gestaltet.

Das Auftreten in der Design-FMEA wird über das „Erwartete Auftreten von Ausfällen (unter Berücksichtigung der Design-Neuheit und Vermeidungsmaßnahmen)“, der „Neuheit des Produktdesigns“, den „Verfahrenstechnischen Vermeidungsmaßnahmen“ und den „Analytischen Vermeidungsmaßnahmen“ bewertet.

Analog bewertet die ProzessFMEA das „Erwartete Auftreten von Ausfällen (unter Berücksichtigung von Prozessreife und Vermeidungsmaßnahmen)“ sowie der „Prozessreife“, den „Verfahrenstechnischen Vermeidungsmaßnahmen“ und den „Analytischen Vermeidungsmaßnahmen“.

In der Design FMEA betrachtet die Entdeckung E für die Validierung des Produktdesigns die Entdeckungsfähigkeit und den Zeitpunkt.

Die Prozess FMEA bewertet den Typ und die Entdeckungsfähigkeit der Entdeckungsmaßnahme für die Entdeckung E für die Validierung des Prozessdesigns.

Maßnahmen-Prioritäten

In der neuen Überarbeitung entfällt die Risikoprioritätszahl (RPZ). Mit der neuen Betrachtungsweise gibt es eine gesichertere Übersicht zu den notwendigen Maßnahmen als mit der bisher angewandten RPZ.

Das Risiko wird mit den Bewertungstabellen zu Bedeutung, Auftreten und Entdeckung bewertet. Die notwendigen Maßnahmen zur Optimierung werden definiert und über die Maßnahmen-Prioritäten-Tabelle priorisiert. Hierzu erfolgt die Betrachtung in Abhängigkeit von den Kriterien der drei Bewertungswerte B, A und E.

Hoch – höchste Priorität für die Maßnahme.
Das Team muss entweder eine angemessene Maßnahme identifizieren, um das Auftreten und die Entdeckung zu verbessern oder rechtfertigen und dokumentieren, warum getroffene Maßnahmen angemessen sind.

Medium – mittlere Priorität für die Maßnahme.
Das Team sollte angemessene Maßnahmen identifizieren, um das Auftreten und die Entdeckung zu verbessern oder nach Ermessen des Unternehmens rechtfertigen und dokumentieren, warum Maßnahmen angemessen sind.

Niedrig – geringe Priorität für die Maßnahme.
Das Team kann Maßnahmen identifizieren, um Auftreten oder Entdeckung zu verbessern.

Es wird empfohlen, dass mindestens bei der potenziellen Bedeutung der Fehlerfolgen von 9 bis 10 und der Maßnahmenpriorität hoch beziehungsweise medium eine Überprüfung einschließlich der getroffenen Maßnahmen durch das Management erfolgt.

Titelbild: BMW

Die sechs Schritte zur FMEA-Erstellung. Quelle: VDA

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Jochen Pfeufer

VDA-AK Leiter FMEA und Besondere Merkmale,
Trainer/Prüfer für QM/Audit-Systeme und Methoden,
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