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Kostengünstige Roboter statt teure Werkzeugmaschinen

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Bei der industriellen Fertigung und Bearbeitung von Materialien kommen üblicherweise Werkzeugmaschinen zum Einsatz. CNC-Werkzeugmaschinen können Metallteile bis in den Mikrometerbereich präzise bearbeiten. Doch diese Genauigkeit ist nicht überall erforderlich. Der Einsatz von Robotern wäre signifikant kostengünstiger. Eine Werkzeugmaschine kostet normalerweise über 100.000 Euro, während die Kosten für einen Roboter um den Faktor 2 bis 3 darunter liegen. Deshalb sucht man nach Möglichkeiten, Werkzeugmaschinen durch Industrieroboter zu ersetzen, soweit die Anwendung dies zulässt.

Prof. Alexander Verl, Leiter des Instituts für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) hat gemeinsam mit einem Team von internationalen Autor*innen in einer Publikation zusammengetragen, für welche Anwendungen und mit welchen technologischen Ansätzen, in welchen Grenzen Roboter eingesetzt werden können und welche Erfahrungen dabei gesammelt wurden. Für die Publikation „Robots in machining“ in CIRP, dem Journal der International Academy for Production Engineering, hat die Gruppe rund 400 Arbeiten berücksichtigt.

Roboter sind nicht nur kostengünstiger, bei ihrem Einsatz steht auch ein größerer Arbeitsraum zur Verfügung. Sie können neben dem Bearbeiten auch Handhabungsaufgaben lösen. Besonders bei der Fertigung von Gütern mit kleineren Stückzahlen, für die keine höheren Genauigkeitsanforderungen gestellt werden, ist der Einsatz von Robotern interessant.

Steuerungstechnik kann Fehler kompensieren

Ein „normaler“ Industrieroboter ist z.B. dafür optimiert, die Aufgabe des Punktschweißens zu übernehmen. Bei Anwendungen mit größeren Prozesskräften (z.B. beim Fräsen) führt die Nachgiebigkeit der Gelenke allerdings zu unzulässigen Ungenauigkeiten, Metallbauteile lassen sich deshalb nicht präzise genug bearbeiten. „Es gibt verschiedene Ansätze, die Genauigkeit von Robotern zu verbessern. Dies ist durch entsprechende Programmierung des Roboters möglich: Die vorgesehenen Sollbahnen der Roboterbewegung werden so generiert, dass Fehler aufgrund der Nachgiebigkeit des Roboters kompensiert werden. Zudem können redundante Freiheitsgrade dazu genutzt werden, die jeweils steifste Konfiguration zu wählen. Schließlich kann durch Experimente der verbleibende Restfehler gelernt und beim nächsten Durchgang berücksichtigt werden“, erklärt Prof. Alexander Verl.

„Allerdings ist die Nachgiebigkeit eines Roboters stark nichtlinear und asymmetrisch, das heißt, sie ist nicht identisch im Hinblick auf Zug- oder Druckbelastung und damit nicht einfach vorhersehbar“, erläutert Verl. Zum Beispiel ist es ein Unterschied, in welche Raumrichtung der Fräsvorgang abläuft und ob man Gleichlauf- oder Gegenlauf-Fräsen zur Anwendung bringt. „Es ist nicht ganz einfach und nicht immer möglich durch Programmierung die Ungenauigkeiten des Roboters zu kompensieren“, so Verl. „Bei uns am Institut versuchen wir unter anderem einen digitalen Zwilling für die Bahnabweichungen eines Roboters zu erstellen. Mit diesem Modell ermitteln wir, wie sich der Roboter verhalten wird, um dies entsprechend in die Sollwerte mit einzubeziehen.“

Prof. Alexander Verl fasst zusammen: „Die Publikation zeigt, welche verschiedenen Lösungsansätze es gibt, um Roboter für neue Bearbeitungsaufgaben, bei denen größere Prozesskräfte auftreten, einsetzbar zu machen.“

Roboter schaffen Leichtbaustrukturen

Roboter eignen sich für Anwendungen, wie dem Entfernen von Schnittkanten (entgraten) oder dem Abschleifen von Rost. Praktisch überall, wo beim Fräsen keine Genauigkeit im Mikrometerbereich erforderlich ist, könnten Roboter eingesetzt werden. Das ist oft bei Materialien wie Holz, Schaumstoff, Beton oder Marmor der Fall. Dies macht Roboter für den Einsatz in der Architektur und für Leichtbaustrukturen interessant. Von Robotern gefertigt sind beispielsweise die Bauteile für die Pavillons aus Holz oder Carbonfasern, die von den Architekturinstituten für computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) sowie für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) unter anderem für die BUGA 2019 konzipiert wurden. Auch diese Bauteile müssen passgenau sein, allerdings eher im Millimeter- nicht im Mikrometerbereich. Kein Teil gleicht dem anderen, alles wurde einzeln von dem programmierten Roboter ausgeschnitten. „Unsere Expertise fließt auch in die beiden Exzellenzcluster der Universität ‚Integratives computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur‘ und ‚SimTech – Daten-integrierte Simulationswissenschaft‘ ein“, so der Institutsleiter.

Baugewerbe als neues Einsatzfeld

Wenn die Anwendungsmöglichkeiten von Robotern noch optimiert werden, kann ein entsprechend programmierter Roboter auf Knopfdruck Bauteile produzieren. Verl hofft, dass das Baugewerbe zukünftig ein neues Einsatzfeld wird, ergänzend zum Automobil- und Elektronikbereich. „Einige der Technologien werden bereits jetzt im Fertighausbau eingesetzt. In zehn Jahren wird man schon sehr viel mehr machen können. Langfristig haben wir die Vision Außenhüllen von Gebäuden und Häusern zu drucken“, beschreibt Alexander Verl zukünftige Aufgaben von Robotern.

Originalpublikation
Verl, Alexander; Valente, Anna; Melkote, Shreyes; Brecher, Christian; Ozturk, Erdem; Tunc, Lutfi Taner. (2019) Robots in machining. In: CIRP Annals, Volume: 68, Issue: 2, Pages: 799-822, https://doi.org/10.1016/j.cirp.2019.05.009.

Quelle: 24. Juni 2021; Publizieren!, Universität Stuttgart

Verantwortlich für den Inhalt dieser Pressemitteilung: Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen

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