Die Errungenschaften der industriellen Revolutionen haben zu einer enormen Effizienz in der Produktion geführt: Alltagsprodukte aus den Bereichen Elektronik, Konsum und Verkehr werden derart kostengünstig hergestellt, dass sie der gesamten Bevölkerung zugänglich gemacht werden können. Ein Wohlstand, der es zeitgleich ermöglicht, sich einen teilweise erschreckend niedrigen Nutzungsgrad der verwendeten Gegenstände zu leisten. So beträgt die durchschnittliche Auslastung eines PKWs gerade einmal vier Prozent. Ein Großteil der Konsum- und Elektronikartikel wird nach kurzer Nutzungsphase entsorgt – die effiziente Produktion macht es möglich.
Das kontinuierliche Streben nach Kostenoptimierung und Effizienzsteigerung hat zu einem kapital- und ressourcenintensiven Produktivitätsdenken geführt. Dies wird an den gestiegenen CO2-Emissionen deutlich, die sich seit 1990 nahezu verdoppelt haben. Die gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen dieser Entwicklung sind in den letzten Jahren verstärkt offensichtlich geworden. Insbesondere die sich verschärfende Klimakrise hat dazu geführt, dass sich das kapital- und ressourcenintensive Produktivitätsdenken vom Zukunftsbild der ökologisch bewusster denkenden Gesellschaft unterscheidet. Als einer der Verursacher trägt das produzierende Gewerbe hierbei eine große Verantwortung. Die deutschsprachige Industrie muss eine nachhaltige Produktionswende einleiten – und zwar sofort!
Die Produktionswende ist Notwendigkeit und Chance zugleich
Im Zuge dessen muss der Produktivitätsbegriff unter Einbezug einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbetrachtung grundlegend neu gedacht werden. Hier setzt die Studie „Sustainable Productivity“ des Lehrstuhls für Produktionssystematik am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen an. Ziel der Studie war es, das neue notwendige Verständnis des Produktivitätsbergriffs zu erarbeiten, um die Produktionswende einleiten zu können.
Standen bislang hauptsächlich finanzielle Ziele im Vordergrund, so sind diese durch ökologische, soziale und regulatorische Ziele zu ergänzen. Diese neuartigen Ziele haben Auswirkungen auf die Gestaltung der Produkte in den Phasen Produktentwicklung, Produktion und Nutzung. Möglich gemacht wird diese neuartige Auslegung durch die Digitalisierung und insbesondere durch das „Internet of Production“, welches die zur ganzheitlichen Steigerung der Nachhaltigkeit notwendige Transparenz zur Verfügung stellt.
Neben der mit der Verantwortung verbundenen Notwendigkeit bedeutet die Produktionswende zugleich eine enorme Chance für eine zukunftsfähige Ausrichtung der deutschsprachigen Industrie. Dies umfasst einerseits die gesellschaftlich wahrgenommene sowie die reale Gestaltung des ganzheitlichen Wandels durch das deutschsprachige produzierende Gewerbe. Andererseits wird ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrierenden Standorten geschaffen. In der Wechselwirkung dieser beiden Faktoren wird ein monetarisierbar Mehrwert erreicht.
Die vorliegende Studie gibt Unternehmen hierzu konkrete Empfehlungen zur Gestaltung ihrer Produktion hin zu einer „Sustainable Production“. Neben Kennzahlen zur Bewertung der gegenwärtigen Situation und des Fortschritts, werden bereits bestehende Erfolgsbeispiele produzierender Unternehmen vorgestellt.