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Gewinde erzeugen per Tastendruck

MarketingSiemens AG am 15. Juni 2016 um 08:57 Uhr
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Mit einer gänzlich neuen Art der Gewindeerzeugung revolutionieren Ingenieure von Emuge Franken und Audi die Branche. „Punch Tap“ heißt die neue Technologie, mit der sich M6-Innengewinde um rund 75 Prozent schneller erzeugen lassen als mit anderen Verfahren. Als Technologiepartner hat Siemens die Umsetzung mit seinem Mechatronik-Support unterstützt und einen komfortablen Zyklus generiert.

 Neue Technologie Punch Tap

Punch Tap oder Helikal-Gewindeformen – so heißt die neue, von Emuge Franken und Audi entwickelte Technologie, mit der sich in Windeseile M6-Innengewinde in Aluminium erzeugen lassen. Als eine Mischung aus Stanzen und Formen sorgt es für Begeisterung am Markt. Kein Wunder, denn der 75-prozentige Produktivitätsgewinn beim Gewindeherstellprozess ist klar sichtbar.

Deutlich wurde dies auch bei der von Emuge veranstalteten Hausmesse Ende 2015. Hier konnten die interessierten Besucher den Vorgang in regelmäßigen Abständen bestaunen – mit dem Ergebnis, dass zahlreiches Interesse bekundet wurde. Dietmar Hechtle, Leiter des technischen Büros bei Emuge Franken, freut sich darüber, muss jedoch Unternehmen der Automobilindustrie um Geduld bitten.

Hintergrund: Da Audi die Entwicklung der Punch-Tap-Technologie angestoßen hat und entscheidende Impulse dafür gab, haben sich die Verantwortlichen des Ingolstädter Konzerns und Emuge auf Branchenexklusivität mit entsprechenden Sperrfristen verständigt. Genauer: Autozulieferer können den Punch Tap ab Januar 2017 und Hersteller ab Januar 2018 nutzen. Allen anderen Industriezweigen bietet Emuge die Technologie ab sofort an. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die fast täglich steigende Zahl von Anfragen und Bestellungen bedienen zu können“, freut sich Dietmar Hechtle.

Das patentierte Prinzip: erst stanzen, dann formen

Und so funktioniert es: Ein speziell gestaltetes Punch-Tap-Werkzeug (siehe Bild 1) mit gegenüberliegend angeordneten, gedrallten Zahnreihen wird im Bruchteil einer Sekunde in ein vorgebohrtes Loch mit helikaler Bewegung eingeschlagen. Bei diesem Vorgang entstehen zwei spiralförmige Nuten. Danach dreht die Spindel um 180 Grad weiter, während die axiale Vorschubachse gleichzeitig um eine halbe Gewindesteigung zurückgezogen wird. Mit dieser Bewegung wird das Gewinde geformt. Da sich die Zahnreihen nun wieder in den vorher erzeugten Nuten befindet, kann es anschließend ganz einfach helikal herausgezogen werden. Fertig. zahlreiche Tests haben für diesen Vorgang im Vergleich zu anderen Verfahren einen Zeitgewinn von rund 75 Prozent nachgewiesen.

Dabei sind Geometrie und Haltekräfte der gepunchten Innengewinde in Aluminium für die besonders häufig benötigte Gewindegröße M6 vergleichbar zu klassisch geformten Gewinden. Entscheidend dafür ist laut Ingenieur Hechtle die helikale Form der Nuten, und: „Die Tiefe der Gewinde muss mindestens das Doppelte vom Durchmesser betragen.“

Außerdem wichtig: ein hochwertiges Bearbeitungszentrum mit stabiler und leistungsfähiger Spindel. Diese muss zum einen hohe Drehmomente zur Verfügung stellen und zum anderen enormen Zug- und Druckbelastungen standhalten. Um auszuloten, welche Kräfte beim Gewindepunchen an welchen Stellen der Maschine auftreten, holte Emuge Franken frühzeitig Siemens als Technologiepartner an Bord.

Im Rahmen des sogenannten Mechatronik-Supports simulierten die Techniker des Technologie- und Anwendungszentrum TAC mit Hilfe eines Finite-Elemente-Modells den Fertigungsprozess und die dabei auftretenden Kräfte. Auf Basis dieser Werte legten sie anschließend Eckdaten fest, die Bearbeitungszentren zu erfüllen haben, um als Punch-Tap-tauglich zu gelten.

Mittlerweile wurden bereits mehrere Bearbeitungszentren untersucht, die alle Kriterien erfüllen. Liegen bei Anwenderinteresse keine expliziten Auswertungen für die geplante Maschine vor, empfiehlt Emuge dringend, deren Eignung prüfen zu lassen. Diese Dienstleistung bieten meistens sowohl der OEM als auch SIEMENS an.

Mechatronik-Support und Zyklus-Entwicklung

Parallel zum Mechatronik-Support haben Siemenstechniker einen Zyklus entwickelt, mit dem Anwender das Helikal-Gewindeformen einfach in ein CNC-Programm integrieren können. Dieser steht für die SINUMERIK 840D sl und SINUMERIK 828D der jüngsten Generation V 4.7 als Applikation zur Verfügung. Darüber hinaus kann er in die vormals aktuellen Versionen V4.5 nachträglich integriert werden.

Für Maschinenbediener und/oder Programmierer ist die Anwendung des Gewindepunch-Zyklus via G-Codeprogrammiersystem SINUMERIK programGUIDE einfach realisierbar. Haben sie die jeweiligen Koordinaten festgelegt, sind es – menügeführt – nur noch wenige Tastendrücke für den gewünschten Drall und Umkehrpunkt (Bohrungstiefe). Fertig.