TU München

Roboter helfen uns, den Menschen besser zu verstehen

Interview mit Prof. Gordon Cheng, Lehrstuhl für Kognitive Systeme

Es war in mehrfacher Hinsicht ein bewegendes Ereignis: Bei der Eröffnungszeremonie der Fußball-WM 2014 in Brasilien brachte ein querschnittsgelähmter Brasilianer mit einem Schuss den ersten Ball ins Rollen. Der junge Mann trug ein Exoskelett, dessen Bewegungen er mit der Kraft seiner Gedanken steuerte. Zwei Jahre später veröffentlichen die Forscher des Walk-Again-Projekts nun eine aufsehenerregende Studie: Das Training an der Mensch-Maschine-Schnittstelle hat die Genesung der Patienten gefördert. Prof. Gordon Cheng war maßgeblich an der Entwicklung des Exoskeletts beteiligt. Im Interview spricht er über die neuen Ergebnisse und darüber, wie unsere Zukunft mit den Robotern aussehen könnte.

Was begeistert Sie so an Robotern?
Ich war schon in meiner Kindheit von Robotern fasziniert. In den Zeichentricksendungen, mit denen ich aufgewachsen bin, ging es immer darum, dass Roboter den Menschen helfen. Ich hatte daher immer eine sehr positive Einstellung zu ihnen. Diese Faszination sowie das technische und wissenschaftliche Interesse für Roboter sind bis heute geblieben.

Haben Sie einen Lieblingsroboter?
Alle Roboter aus Star Wars, besonders R2D2 natürlich. Und Astro Boy ist einer meiner Favoriten. Das ist ein Roboter, der fortwährend den Menschen hilft, was mir sehr gefällt.

Auch beim Projekt Walk Again soll die Technik den Menschen unterstützen. Was war hier Ihr Ansatz?
Walk Again wurde 2008 ins Leben gerufen. Forschungsleiter ist mein guter Freund Prof. Miguel Nicolelis. Er ist einer der Top-Experten in den Neurowissenschaften, insbesondere im Bereich der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Wir hatten das Ziel, ein robotergesteuertes System zu entwickeln, das gelähmten Menschen helfen kann, wieder zu fühlen und zu gehen.

Wie würden Sie den Moment beschreiben, in dem der junge Mann im Stadion in Brasilien gegen den Ball getreten hat?
Das war ein wundervoller Moment, ein Meilenstein. Wir haben viele Monate damit verbracht, Patienten beim Umgang mit dem Exoskelett zu trainieren. Wir wollten sehen, ob es möglich wäre, dass sie mit seiner Hilfe gehen und fühlen können. Viele Wissenschaftler aus verschiedenen Fachrichtungen haben zusammengearbeitet, um das zu erreichen. Für uns alle war es ein sehr wichtiger Augenblick.

Nun gibt es neue Ergebnisse aus dem Projekt. Könnten Sie diese kurz zusammenfassen?
In den vergangenen zwei Jahren hat das medizinische Team die klinischen Studien an den Patienten fortgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass sich ihr physiologischer und mentaler Zustand verbessert hat. Sie konnten ein gewisses Maß an Kontrolle über die Bewegung ihrer Beine wiedererlangen. Das hat uns sehr überrascht.

Welche mögliche Erklärung könnte es dafür geben?
Die sogenannte neuronale Plastizität spielt eine Rolle. Das Gehirn kann sich mithilfe von Training über eine gewisse Zeit umorganisieren. Es gibt eine Menge Theorien über das Körperschema, eine Repräsentation unseres Körpers im Gehirn, mit dessen Hilfe wir Empfindungen und Bewegungen zuordnen können. Mit dem entsprechenden Training können wir aber neue Vernetzungen im Gehirn erzeugen, die es uns erlauben, das Körperschema neu zu organisieren und ein neues Element wie das Exoskelett zu integrieren.

Wie konnten die Patienten die Beinbewegungen des Exoskeletts überhaupt wahrnehmen?
Ein Schlüsselelement war die taktile Rückmeldung, die es den Patienten ermöglicht, das Aufsetzen bei jedem Schritt zu fühlen. Dafür haben wir hier an der TU München eine künstliche Haut entwickelt. Ihre Sensoren können Vibration, Temperatur, Druck und Annäherung messen. Die künstliche Haut wird unter den Füßen des Roboters angebracht. Mithilfe der Sensoren kann das Exoskelett jeden Schritt detektieren. Diese Information wird weitergeleitet und die Patienten erhalten über kleine Motoren an den Armen ein taktiles Feedback. Nach einer gewissen Zeit verbindet das Gehirn dieses Feedback mit den Schritten. Damals wussten wir nicht, ob das wirklich funktionieren würde. Aber nach sechs Monaten intensiven Trainings berichteten die Patienten, dass sie Bewegung des Exoskeletts tatsächlich als Schritte wahrnehmen konnten.

Was ist das Besondere an der künstlichen Haut?
Wir haben eine neue Generation künstlicher Haut entwickelt, die Annäherung und Berührung detektieren kann. Mit ihrer Hilfe ist es zum Beispiel möglich, einen Roboter sicher zu machen. Ein Standard-Industrieroboterarm würde normalerweise nicht bemerken, ob Sie sich ihm nähern. Wir haben eine künstliche Haut entwickelt, die sehr sensitiv ist. Man kann den Arm dann mit sehr leichten Berührungen kontrollieren. Eine der wichtigsten Besonderheiten dieser künstlichen Haut ist, dass sie ihr eigenes Körperschema organisieren kann. Der Roboter weiß automatisch, wo sich die Haut befindet und wo sie berührt wird. Das Konzept des Körperschemas, das in unserem Gehirn unseren Körper repräsentiert, haben wir auf den Roboter übertragen.

Können wir von Robotern lernen?
Die Arbeit an humanoiden Robotern hilft uns, bessere Roboter für Menschen zu konstruieren. Es  ermöglicht uns gleichzeitig, die Menschen besser zu verstehen. Wenn wir einen humanoiden Roboter bauen, der wie ein Mensch laufen kann, wird uns das dabei helfen, ein besseres Exoskelett zu entwickeln. Der Algorithmus, den wir für den Lauf-Roboter programmieren, kann auch direkt auf das Exoskelett angewandt werden, das einem Menschen helfen kann, wieder mobil zu werden.

Wird es in der Zukunft normal sein, dass Menschen und Roboter zusammenleben?
Ich hoffe es. Es wird eine ähnliche Evolution wie bei der Mikrowelle und dem Handy stattfinden und sie werden Teil unseres Lebens werden. Und ich wette, ein positiver Teil.

Wie sind die Pläne für die Zukunft des Walk-Again-Projekts?
Ich hoffe, dass all die Technologie, die wir entwickeln wie die nächste Generation des Exoskeletts oder der künstlichen Haut den Menschen in Zufkunft noch unmittelbarer in ihrem Alltag helfen kann.

Verantwortlich für den Inhalt dieser Pressemitteilung: Technische Universität München

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