Reduzierung der Produktentwicklungs- und Fertigungskosten durch die neue Methode der Toleranzvergabe

Der Toleranzvergabe kommt während der Produktentwicklung sowie der Fertigungsplanung eine hohe Bedeutung zu. Die gewählten Einzelteiltoleranzen und Fertigungsprozesse beeinflussen die spätere Produktfunktion, -qualität und die Fertigungskosten erheblich. Die Produktentwicklung und Fertigungsplanung werden jedoch meist getrennt voneinander durchgeführt. Dadurch erhöhen sich die Gesamtkosten aufgrund von Iterationen zwischen den beiden Prozessen. Außerdem fehlt es an wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Wissens- und Informationsaustausch.
Im DFG-Projekt „Methode zur wissensbasierten Toleranzvergabe und funktionsorientierten Prozessgestaltung“ erarbeiten wir gemeinsam mit dem Fachgebiet Product Life Cycle Management (PLCM) der Technischen Universität Darmstadt die grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse zur wissensbasierten und teilautomatisierten Toleranzvergabe. Außerdem erforschen wir die funktionsorientierte Prozessplanung und berücksichtigen dabei Produkt- und Fertigungsinformationen für spanend gefertigte Bauteile.
Bei der spanenden Fertigung sind prozessbedingte Unsicherheiten unvermeidbar. Diese werden durch Toleranzen während der Produktentwicklung berücksichtigt, um die Funktion des Bauteils sicherzustellen. Der exakte Fertigungsprozessplan ist zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch nicht bekannt. Daher stützt sich die Toleranzvergabe auf Expertenwissen. Dies kann zu erhöhten Fertigungs- und Prüfkosten aufgrund von zu eng gewählten Toleranzen führen. Verstärkt wird dies zusätzlich durch inkonsistente Wissenstransferprozesse, zum Beispiel bei Neueinstellungen von Mitarbeitenden oder bei der Anschaffung einer neuen Werkzeugmaschine.
Eine effiziente Lösung verspricht die Entwicklung von ontologie-basierten Assistenzsystemen zur wissensbasierten Toleranzvergabe und funktionsorientierten Prozessplanung. Die Entwicklung eines solchen Systems, das die Schnittstelle zwischen Entwicklung und Produktion überbrückt, soll die Vorgabe der ersten Fertigungsparameter und eine präzise Toleranzvergabe ermöglichen. Dabei berücksichtigen wir sowohl den Fertigungsaufwand als auch die erreichbaren Toleranzen aufgrund der Verfügbarkeit von Werkzeugen und Werkzeugmaschinen.
Im Rahmen des Projektes untersuchen wir Bauteile, die durch 3-Achs-Fräsprozesse hergestellt werden. Diese Bauteile werden durch eine Kombination von Formelementen der ISO 14649-10 dargestellt. Die experimentellen Untersuchungen und die Messung dieser Formelemente ermöglichen die Erstellung eines Modells zur Vorhersage von Formfehlern. Weiterhin entwickeln wir eine Methode zur Toleranzanalyse und verwenden dabei Skin Model Shapes sowie eine hilfskörper-basierte Methode zur Abschätzung des Fertigungsaufwands für komplexe Geometrien. Die heuristischen Regeln für die Toleranzvergabe werden auf der Grundlage der ontologie-basierten Wissensrepräsentation entwickelt, die in einer frühen Projektphase ergänzt wird. Diese Regeln berücksichtigen sowohl die erreichbaren Toleranzen als auch den Fertigungsaufwand. Damit schaffen wir die Grundlage für die Implementierung eines Assistenzsystems, das eine wissensbasierte Toleranzspezifikation und funktionsorientierte Prozessplanung bereits in der Produktentwicklungsphase ermöglicht.
Kontakt:
Für weitere Informationen steht Ihnen Andrii Skryhunets Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 18351 oder per E-Mail (skryhunets@ifw.uni-hannover.de) gern zur Verfügung.