Steigerung der Produktivität und Ressourceneffizienz durch angepasste Fertigungsprozesse


In dem Verbundprojekt ARGONAUT – „AircRaft GearbOx desigN And manUfacturing of Tomorrow“ untersucht das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover in Kooperation mit dem Unternehmen Liebherr Aerospace sowie der RWTH Aachen, Fraunhofer-Gesellschaft, TU München und TU Chemnitz die Optimierung des Konstruktions- und Fertigungsprozesses von Getrieben für Luftfahrzeuge. „Am IFW passen wir Kühlschmierstrategien für die ressourceneffiziente spanende Bearbeitung an“, erläutert IFW-Mitarbeiterin Marita Murrenhoff. Die Auslegung innovativer Drehprozesse mittels virtueller Prozessgestaltung ist ein weiterer Forschungsgegenstand im Projekt, um die Produktivität und Prozesssicherheit zu steigern.
In dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Forschungsprojekt untersucht das IFW in dem ersten Teilziel den bedarfsgerechten Einsatz von Kühlschmierstoff. Dieser bietet in der Zerspanung ein großes Potenzial zur Steigerung der Ressourceneffizienz. „In vielen Prozessen wird mit einem maximal zur Verfügung stehenden Kühlmitteldruck gearbeitet. Dieser ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen Eingriffsbedingungen häufig nicht nötig“, erklärt Frau Murrenhoff. Dadie Kühlmittelpumpe einer der größten Energieverbraucher der Werkzeugmaschine ist, bietet sich durch eine angepasste Regelung des Kühlmitteldrucks erhebliches Einsparpotenzial. Daher werden im Rahmen des Forschungsvorhabens Kenntnisse über angepasste Kühlschmierstrategien erarbeitet. Diese Kenntnisse werden anschließend für die Entwicklung einer CAD/CAM-gesteuerten NC-Code-Planung zur Anpassung des KSS-Drucks an die jeweiligen Eingriffsbedingungen genutzt.
Neben der geometrisch bestimmten Zerspanung bieten neue Entwicklungen im Bereich der geometrisch unbestimmten Zerspanung ebenfalls Potenzial zur Steigerung der Leistungsfähigkeit in Wechselwirkung mit dem Kühlschmierstoffeinsatz. „Aufgrund der großen Kontaktflächen und der geometrischen Abmessungen gelten Innenschleifprozesse als Herausforderung im Hinblick auf Prozessstabilität und durch das Risiko zur Schädigung der Oberfläche aufgrund von Schleifbrand“, so Murrenhoff. Eine Möglichkeit, die schwer zugängliche Kontaktzone besser mit Kühlschmierstoff zu versorgen, ist der Einsatz additiv hergestellter Schleifscheiben. Hier bieten zum einen die Mikrostrukturierung der Oberfläche das Potenzial einen kühleren Schliff zu erzeugen. Zum anderen können durch die Additiv-Technologie auch Schleifscheiben mit innenliegenden Kühlkanälen hergestellt werden, wodurch der Kühlschmierstoff direkt in die Kontaktfläche zwischen Werkstück und Werkzeug gelangen kann.
Im zweiten Teilziel sollen am IFW Kenntnisse zur Prozessoptimierung und –automatisierung durch einen verbesserten Spanbruch und den Einsatz neuartiger, komplexer Drehprozesse erarbeitet werden. Die Spanbruchkontrolle mittels prozessangepasster Spanleitgeometrien bietet auch für die Fertigung von Getriebekomponenten hohes Potenzial. Schließlich handelt es sich bei den hier in der Luft- und Raumfahrttechnik verwendeten Materialien üblicherweise um langspanende Werkstoffe. „Lange Band- oder Wirrspäne verursachen Schädigungen an der Werkstückoberfläche, reduzieren die Werkzeugstandzeit und behindern automatisierte Prozesse“, erläutert Frau Murrenhoff.
Ein Ziel des dreijährigen Forschungsvorhabens ist es daher, die Steigerung der Prozesssicherheit durch Verbesserung des Spanbruchverhaltens zu erarbeiten. „Neben dem Einsatz von am marktverfügbaren Wendeschneidplatten mit Spanleitgeometrie werden mit Hilfe simulativer Methoden zusätzlich neue Spanleitstufen entwickelt und anschließend mittels Laserablation auf Wendeschneidplatten aufgebracht“, erläutert die Wissenschaftlerin. Weiterhin werden komplexe Drehprozesse mit zusätzlichen Achsbewegungen untersucht, die die Produktivität und Prozesssicherheit in der Bearbeitung von Luftfahrbauteilen erhöhen. Bei diesen Prozessen ist die Analyse des Spanbruchverhaltens besonders herausfordernd, da die Spanungsform und somit das Spanbruchverhalten zeitlich variabel ist. Mittels Materialabtragsimulation, mit der am IFW entwickelten Software IFW CutS, sollen detaillierte Untersuchungen zum Einfluss der Spanungsform auf das Spanbruchverhalten durchgeführt werden. Ziel ist es durch die angepasste Prozessführung eine günstigere Spanform bei den komplexen Drehprozessen zu erzeugen.
Abschließend sollen die erarbeiteten Kenntnisse sowohl zur angepassten Kühlschmierstrategie als auch zum gesteigerten Spanbruchverhalten im realen Produktionsumfeld des Unternehmens Liebherr integriert werden.
Für weitere Informationen steht Ihnen Marita Murrenhoff, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, unter Telefon +49 511 762 18348 oder per E-Mail unter murrenhoff@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.