Erodiermaschine
Als Erodiermaschinen bezeichnet man Werkzeugmaschinen, die durch Funkenerosion elektrisch leitfähige Werkstoffe abtragen. Nach der DIN 8580 zählt dieses Verfahren zum Trennen. Das Abtragen des Materials erfolgt dabei durch elektrische Funkenentladung unter örtlicher Trennung von Elektrode und Werkstück. Werkstück und Elektrode befinden sich während der Bearbeitung in einer dielektrischen Flüssigkeit (nichtleitend).
Inhaltsverzeichnis
Bauweisen
Erodiermaschinen gehören gemäß DIN 8580 zu den abtragenden Maschinen nach dem Funktionsprinzip des thermischen Abtragens. Elektroerosion (kurz: Erodieren - englisch: EDM - Electrical Discharging Machining) ist ein Bearbeitungsverfahren, das hauptsächlich zur Herstellung von Matrizen, Formen und bestimmten hochpräzisen Metallteilen genutzt wird.
Es ist ein berührungsloses Bearbeitungsverfahren. Der Abtrag basiert auf einer kontinuierlichen elektrischen Lichtbogenentladung aufgrund einer elektrischen Spannung, die zwischen dem zu bearbeitenden Werkstück und dem Werkzeug, d.h. der Elektrode, angelegt wird. Es können nur leitende Materialien bearbeitet werden. Die elektrische Entladung führt zu einem rapiden Temperaturanstieg bei hoher Frequenz. Hierdurch wird Material an der Entladestelle aufgeschmolzen. Der Prozess findet in einem nicht leitenden Arbeitsmedium, dem Dieelektrikum statt. Dieses kühlt den Prozess und spült die abgetragenen Partikel weg.
Senkerodiermaschine
Das funkenerosive Senken (Senkerodieren) ist in der Regel ein abbildendes Verfahren. Die Positivform der Elektrode erzeugt die Negativform im Werkstück. Es kommt überall dort zur Geltung, wo die Grenzen der Freiform-Bearbeitung dreidimensionaler Geometrien auf zerspanendem Wege schwierig oder nicht möglich sind. In diesem Fall wird die Negativform über die z-Achse linear auf das Werkstück abgesenkt (Einsenkbewegung).
Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit mit universellen Elektroden und mehrachsiger CNC-Verfahrbewegung beliebige Bahnen im Prozess zu realisieren. Hierdurch kann dem Einsenken eine Orbitalbewegung überlagert werden (Gewindeherstellung, Hinterschnitte) oder es können beliebige Flächen bearbeitet werden.
Hauptanwendungsgebiete für das funkenerosive Senken liegen in der Herstellung von Spritzgießformen, Druckgussformen, Schmiedegesenken und Prototypen. Beim Senkerodieren wird das Elektrodenwerkzeug auf einen schmalen Spalt (0,004-0,5 mm) an das Werkstück herangeführt, bis ein Funken überschlägt, welcher das Material punktförmig aufschmilzt und verdampft. Je nach Intensität, Frequenz, Dauer, Länge, Spaltbreite und Polung der Entladungen entstehen die unterschiedlichen Abtragsergebnisse. Selbst komplizierte geometrische Formen sind so herstellbar.
Das Material schmilzt oder verdampft während der Entladephase und wird nach Beendigung des Entladevorganges durch die sich gebildete Gasblase, sowie dem unter Druck zugeführten dielektrischen Medium, aus dem Loch hinausgeschleudert. Zwischen Werkzeug (Kathode) und Werkstück (Anode) muss immer ein geringer Spalt vorhanden sein, damit das Werkstück gekühlt und den Abtransport des abgetragenen Material gewährleistet wird.
Mit fortschreitendem Abtrag vergrößert sich der Spalt zwischen Werkzeug und Werkstück, bis kein Funke mehr überspringen kann. Daher fährt das Werkzeug mit einer dem Abtragvolumen angepassten Vorschubgeschwindigkeit in das Werkstück hinein. Das Elektrodenmaterial wählt man nach dem zu bearbeitenden Werkstoff, sowie der herzustellenden Geometrie, aus. Die gängigsten Elektrodenmaterialien sind Kupfer und Graphit.
Kleinere Senkerodiermaschinen sind in C-Gestellbauweise ausgeführt. Die Einsenkbewegung kann durch das Werkzeug oder / und den in z-Achse verfahrbaren Tisch mit Dielektrikumsbehälter realisiert sein. Die elektrische Energie liefert ein Erosionsgenerator. Eine Filteranlage trennt das abgetragene Material vom Dielektrikum und führt dieses wieder dem Prozess kontinuierlich zu.
Im Falle großer Bauteile mit entsprechend großem Werkzeuggewicht werden die Maschinen häufig mit einem Maschinengestell in O-Bauweise ausgeführt, um eine höhere Steifigkeit und damit größere Formgenauigkeit zu erreichen. In diesem Fall führt in der Regel nur das Werkzeug die Bearbeitungsbewegungen aus. Das Werkstück steht still.
Flexible Erodierzellen sind zudem mit einem Elektrodenmagazin und einem Palettenwechsler mit mehreren Werkstückpaletten ausgestattet. Die Werkzeuge können in der Nähe des Arbeitsraumes angeordnet sein und im Pick-Up Verfahren durch die Maschine gewechselt werde. Bei einem größeren Elektrodenspeicher werden die einzelnen Werkzeuge mittels Roboter eingewechselt..
Drahterodiermaschine
Das Drahterodieren ist ein formgebendes Fertigungsverfahren (Schneidverfahren). Als Bearbeitungselektrode dient ein dünner, ständig durchlaufender Draht. Funkenerosives Schneiden wird zur Herstellung von Schnitt- und Stanzwerkzeugen, Profilwerkzeugen für die spanende Bearbeitung, Extruderwerkzeugen, Prototypen und Senkerodierelektroden genutzt.
Die Maschinen werden häufig in Konsolbauweise oder in Konsolbettbauweise realisiert. Der 0,02-0,33mm dicke Messingdraht ist im oberen Teil der Erodiermaschine auf einer Spule aufgewickelt und wird von dort über mehrere Rollen zur oberen Drahtführung geführt. Durch zwei gegenüberliegende Antriebsrollen, welche am hinteren Teil der Maschine angebracht sind, wird der Draht durch das Werkstück, die untere Drahtführung und eine Umlenkrolle, gezogen und danach entsorgt. Die Drahtführungen ober- und unterhalb des Werkstücks führen und stützen den Draht, unterdrücken Schwingungen und garantieren einen geraden Schnitt. Während der Bearbeitung werden die Drahtführungsarme in der Y-Achse und das Werkstück mittels der Konsole in X-Richtung bewegt.
Der Erodiervorgang beginnt entweder an einem Startpunkt am Werkstückrand oder in einer Startlochbohrung, die vorher durch Bohren oder Senkerodieren in das Werkstück eingebracht werden muss. Durch diese muss der Draht eingefädelt werden.
Entsprechend dem beim Drahterodieren auftretenden Bearbeitungsflächen, abhängig von der Werkstückhöhe, werden die Bearbeitungsparameter (Vorschub, Stromstärke, elektrische Spannung, Entladungsintervalle, Pausenintervalle) angepasst. Die Drahtzugspannung, die Drahtdurchlaufgeschwindigkeit und die Rachenweite der Drahtführungsarme werden entsprechend der Bearbeitungsaufgabe eingestellt. Der Draht kann geneigt werden, und auf diese Weise können konische Werkstückgeometrien oder mit an der Ober- und Unterseite des Werkstücks unterschiedlichen Profilen erzeugt werden. Die Werkstücke werden in einem flüssigen Dielektrikum geschnitten, welche meist aus deionisiertem Wasser besteht.
Bohrerodiermaschine
Durch Bohrerosion, auch funkenerosives Bohren oder Startlochbohren genannt, können in alle elektrisch leitenden Werkstoffe, unabhängig von ihrer Härte und Festigkeit, Löcher mittels des Prinzips des Funkenerodierens eingebracht (geschossen) werden. Es gilt als eine Verfahrensvariante des Senkerodierens.
Die Entladungsstrategien und der Maschinenaufbau sind auf die möglichst schnelle Fertigung von Bohrungen optimiert. Als Elektrode kommen Kupfer-, Messing- oder Graphitrohre mit Durchmessern zwischen 0,13 und 3 mm und einer Länge zwischen 300 und 800 mm zum Einsatz. Diese werden automatisch nachgeschoben, um den Abbrand der Elektrode zu kompensieren. Die Elektrode dreht sich während des Fertigungsprozesses, was zu einem gleichmäßigen Abbrand und schnellerem Abtrag am Werkstück führt. Durch das Elektrodenrohr wird ständig Dielektrikum gepumpt (Druck bis 60 bar), um das abgetragene Material wegzuspülen.
Sicherheit
Da das Arbeiten an Erodiermaschinen erfordert einige besondere Maßnahmen zum gewähren eines sicheren Arbeitsumfeldes:
- So dürfen sich beispielsweise Menschen mit Herzschrittmachern oder einer Elektrohypersensibilität Erodiermaschinen aufgrund der elektromagnetischen Störungen nicht nähern. Wenn nötig sind die Maschinenplätze ausreichend gegen die Strahlung abzuschirmen.
- Um die Menschen im Umfeld der Maschine vor Rauch zu schützen ist eine Absauganlage über dem Gerät anzubringen.
- Hautkontakt mit der Erodierflüssigkeit, dem Dielektrikum, ist zu vermeiden durch das Tragen von Handschuhen und Schutzbrille.
- Aufgrund von Brandgefahr dürfen Erodiermaschinen nicht unbeobachtet betrieben werden und es darf nur ein Dielektrikum mit einem Flammpunkt von >60° C verwendet werden.
- Die Erreichbarkeit des Arbeitsfeldes der Maschine ist während der Bearbeitung zu verhindern da starke Spannungen zu Herzfehlern und sogar zum Tod führen können.
Hersteller
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Betriebsmittel
Erodierdraht
Je nach Anwendungsfall kommen unterschiedliche Drahtmaterialien zum Einsatz. Es werden beschichtete und unbeschichtete Drähte mit Kupferkernen oder Messingkernen, Edelstahldrähte für CuZn-freies Erodieren, Wolfram-Drähte und Feinstdrähte (Edelstahl mit CuZn-Mantel) eingesetzt.
Senkelektrode
Senkelektroden werden aus einem Material mit hoher elektrischer Leitfähigkeit wie Kupfer, Messing, Graphit oder Wolfram-Kupferlegierungen hergestellt.
Dieelektrikum
Als Dielektrikum wird ein nicht leitendes Öl oder deionisiertes Wasser verwendet. Zur Aufbereitung des deionisierten Wassers werden Ionentauscher (Harze) eingesetzt. Diese sorgen für gleichmäßige Leitwerte des Wassers in der Drahterosion. Die Mischung des Anionen-/Kationenverhältnisses gewahrt lange Standzeiten und optimale Aufnahme der leitfähigen Ionen.
Forschung
RWTH Aachen, Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre (WZL)
1. Simulationsgestützte Kathodenentwicklung
2. Drahtfunkenerosion für den (Flug-) Turbinenbau (EU Projekt ADMAP-GAS - Advanced Manufacturing Processes for Gas-Engine Turbine Components)
3. Drahtfunkenerosion für mechanisch hochbelastete Bauteile (Stoffschlüssige Gelenke)
4. Funkenerosion elektrisch leitfähiger Keramiken (DFG Projekt)
5. Funkenerosives Senken von Hartmetall für den Werkzeug- und Formenbau (DFG Projekt)
6. Prozesssignaturen – Funktionsorientierte Fertigung auf Basis charakteristischer Prozesssignaturen (DFG Sonderforschungsbereich TRR 136)
Literatur und Nachweise
- Sicherheitsaspekte zum Betreiben von Erodiermaschinen der DGUV
- Andreas Hirsch: Werkzeugmaschinen - Grundlagen, Auslegung, Ausführungsbeispiele, Springer-Verlag, Chemnitz 2010, ISBN 978-3-8348-0823-3
Weiterführende Informationen auf IndustryArena.com
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