Werkzeugmaschine
Werkzeugmaschinen sind technische Geräte zur Formung oder Oberflächenbehandlung von Werkstücken mittels Werkzeugen. In den Normen DIN 8580 ff (Verfahren) und DIN 69651 Teil 1 (Metallbearbeitung) ist eine Einteilung dieser Maschinen vorgenommen. In der Norm DIN 69651 Teil 1 werden Werkzeugmaschinen als „mechanisierte und mehr oder weniger automatisierte Fertigungseinrichtungen, die durch relative Bewegung zwischen Werkstück und Werkzeug eine vorgegebene Form am Werkstück oder eine Veränderung einer gegebenen Form an einem Werkstück erzeugen“, beschrieben. Die Gliederung der Maschinenarten erfolgt nach Technologiebereichen. Dies basiert auf der Einteilung der Fertigungsverfahren nach DIN 8580. Hier unterscheidet man Werkzeugmaschinen zum Umformen, Trennen oder Fügen sowie Werkzeugmaschinen für mehrere Verfahren und Mehrmaschinensysteme. Innerhalb dieser Maschinenarten erfolgt die weitere Untergliederung nach der Bauart oder dem Automatisierungsgrad.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Für Werkzeugmaschinen bestehen mehrere Definitionen, allerdings werden aufgrund mangelnder Relevanz oder abweichender Deutung lediglich 2 Definitionen genannt:
- Definition nach Otto Kienzle:
- Eine weit verbreitete Definition ist die von dem Hochschullehrer und Ingenieur Otto Kienzle, welcher auch Verfasser der Norm DIN 8580 ist zur Einteilung der Fertigungsverfahren. Um die Definition gemäß des technischen Fortschrittes aktuell zu halten, wurde sie nach seinem Tod 1996 erweitert:
- Eine Werkzeugmaschine ist eine Arbeitsmaschine, die ein Werkzeug am Werkstück unter gegenseitiger bestimmter Führung zur Wirkung bringt. (Kienzle) Sie übernimmt die Werkzeug- und Werkstückhandhabung und das Aufnehmen, Verarbeiten und Rückführen von Informationen über den Fertigungsvorgang. (Erweiterung)
- - Bedeutung:
- Die Bezeichnung Arbeitsmaschinen grenzt Kraftmaschinen zur Umwandlung von Energie wie Motoren, Generatoren und Pumpen von der Definition ab.
- Der Begriff Werkstücke dient zur Unterscheidung von verfahrenstechnischen Maschinen zur Herstellung von Fließgütern zu anderen Maschinen.
- Definition nach DIN 69 651
- Werkzeugmaschinen gehören neben Werkzeugen, Vorrichtungen, Mess- und Prüfmitteln zu den Betriebsmitteln. Sie sind notwendig, um eine Fertigung im Bereich der Produktionstechnik zu realisieren.
Einteilung
Nach DIN 69651 werden Werkzeugmaschinen den Fertigungsverfahren der Metallbearbeitung zugeordnet und umfassen in der Hauptsache die Verfahrensbereiche Umformen und Trennen sowie mit Einschränkungen das Fügen. Fertigungsanlagen zum Urformen, Beschichten und zur Änderung der Stoffeigenschaften werden nicht den Werkzeugmaschinen zugeordnet. Eine weitere Unterteilung ist möglich anhand des Automatisierungsgrades oder des Verwendungszweckes.
Anwendungsbereich
Die Einteilung von Werkzeugmaschinen ist weit verbreitet und wird wie folgt unternommen:
- Formen
- Urformende Werkzeugmaschinen: Urformen beschreibt nach DIN 8580 das „Fertigen eines festen Körpers aus formlosen Stoff durch Schaffen von Zusammenhalt". Dabei unterteilt man die einzelnen Verfahren auf Grundlage des Ausgangsstoffes nach Urformen aus flüssigem, plastischen, breiigen, körnig- oder pulverförmig, span- oder faserförmig, gas- oder dampfförmig und ionisiertem Zustand.
- Umformende Werkzeugmaschinen: Definiert werden Werkzeugmaschinen der umformenden Fertigungsverfahren in der DIN 8580: „Fertigen durch bildsames (plastisches) Ändern der Form eines Körpers. Dabei werden sowohl Masse als auch Zusammenhalt beibehalten." In dieser Gattung sind alle Maschinen der Kaltumformung, der Warmumformung und der Blechbearbeitung zu finden. Diese lassen sich in Pressen, Hämmer, Walzmaschinen, Biegemaschinen und Ziehmaschinen weiter untergliedern. Unter der allgemeinen Maschinengruppe „Maschinen zum Umformen mit Wirkmedien und Wirkenergie“ sind z.B. Innenhochdruckumformmaschinen eingeordnet.Hinsichtlich des Verfahrensablaufes werden die Maschinen auch in energiegebundene Umformmaschinen (Fallhammer, Spindelpresse), weggebundene Umformmaschinen (Exzenterpresse, Kniehebelpressen, Kurbelpressen) und kraftgebundene Umformmaschinen (Hydraulikpressen) unterteilt.
- Trennen
- Zerteilen: Zerteilende Maschinen werden in erster Linie bei der Bearbeitung von Blechen, aber auch Stabmaterial eingesetzt. In diese Gruppe werden Stanzmaschinen (Nibbelmaschinen), Schneidpressen und Scheren eingeordnet.
- Zerspanen: Spanende Werkzeugmaschinen werden nochmals in zwei Gruppen untergliedert. „Werkzeugmaschinen mit geometrisch bestimmter Schneide“ beziehen alle Verfahren ein, bei denen die Werkzeuggeometrie genau definiert ist. Dies sind alle Varianten an Bohrmaschinen, Drehmaschinen, Fräsmaschinen, Hobelmaschinen, Räummaschinen oder Sägemaschinen. „Werkzeugmaschinen mit geometrisch unbestimmter Schneide“ umfassen alle Verfahren, bei denen - bezogen auf das Werkzeug - weder die Geometrie noch die Anzahl, der während des Prozesses im Eingriff befindlichen Schneiden, definiert bzw. bekannt ist. Dies sind alle Arten von Schleifmaschinen, Hohnmaschinen und Läppmaschinen.
- Abtragen: In dieser Gruppe werden Maschinen zusammengefasst, die nach anderen physikalischen Verfahren - als dies bei trennenden Maschinen der Fall ist - Material eines Werkstücks abtragen. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um Erodiermaschinen, Wasserstrahlschneidmaschinen oder Laserbearbeitungsmaschinen.
Automatisierungsgrad
Bezogen auf den Automatisierungsgrad werden Werkzeugmaschinen nach zunehmendem Automatisierungsgrad in konventionelle Werkzeugmaschinen und Automaten eingeteilt. Automaten lassen sich nochmals in CNC-Werkzeugmaschinen, Bearbeitungszentren, flexible Fertigungssysteme und Transfermaschinen unterteilen.
- Konventionell: Bei einer konventionellen Werkzeugmaschine wird die Arbeitsbewegung über mechanische Steuerelemente (Handräder, Hebel etc.) vom Maschinenbediener initiiert.
- Automat: Eine NC bzw. CNC-Werkzeugmaschine führt den Bearbeitungsprozess programmgesteuert aus. Das Werkzeug und das Werkstück werden vom Maschinenbediener manuell eingesetzt. Bei einem Bearbeitungszentrum ist zusätzlich zum automatischen Bearbeitungsablauf die Werkstückzufuhr (Palettenwechsler, Stangenmagazin etc.) und die Werkzeugzufuhr (Werkzeugmagazin, Werkzeugwechselsystem) automatisiert.
Größere Anlagen, bei denen mehrere Bearbeitungsmaschinen über Roboter oder flexible Transportsysteme mit einem Materiallager und ggf. auch mit einem Werkzeuglager verkettet sind, bezeichnet man als flexible Fertigungssysteme. Diese Systeme sind in der Regel an eine übergeordnete Fertigungssteuerung bzw. ein Produktionsplanungssystem angebunden. In der Großserienfertigung bzw. Massenfertigung werden meistens weniger flexible Mehrmaschinensysteme eingesetzt. Dies sind Rundtaktmaschinen oder Transferstraßen. Hierbei sind unterschiedliche Bearbeitungsstationen in der Abfolge der Bearbeitungsschritte verkettet. Der Werkstücktransport durch die Stationen ist automatisiert. Im eingeschränkten Umfang können diese Anlagen auf andere Werkstückausprägungen einer Werkstückfamilie umgerüstet werden.
Verwendungszweck
Hinsichtlich des Verwendungszwecks unterscheidet man zwischen Universalmaschinen, Einzweckmaschinen, Maschinen für mehrere Verfahren und Mehrmaschinensysteme.
- Universalwerkzeugmaschinen: Universalwerkzeugmaschinen sind für einen großen Arbeitsbereich ausgelegt. Hierzu zählen verschiedene Werkstückgeometrien. Ihr Einsatzgebiet ist die Einzel- und Kleinserienfertigung. Hier finden sich Werkzeugmaschinen aller spanenden Fertigungsverfahren.
- Einzweckmaschinen: Einzweckmaschinen sind Sondermaschinen, die für ein bestimmtes Werkstück ausgelegt sind. Hierbei kann eine eingeschränkte Variation der Werkstückgröße eines bestimmten Werkstückes möglich sein. Beispiele hierfür sind Verzahnmaschinen oder Kurbelwellenschleifmaschinen etc.. Diese Maschinen werden in der Großserienfertigung eingesetzt.
Bauweise
Spanende Werkzeugmaschinen
Werkzeugmaschinen, vor allem mit geometrisch bestimmter Schneide, bestehen aus den folgenden Baugruppen: Dem Fundament, Gestellbauteilen wie Betten, Ständern, Schlitten, Traversen und Tischen, meist mehreren Führungen, der Hauptspindel, dem Antrieb, Werkzeug- oder Werkstückaufnahme, Steuerungs- und Bedienelemente, Automatisierungsbaugruppen, Bauteilen zur Ver- und Entsorgung und der Maschineneinhausung bzw. der Verkleidung. Die wichtigsten Baugruppen sind im Folgenden näher beschrieben:
- Gestellbauteile : Sie dienen der Aufnahme von Kräften und der Sicherung der gegenseitigen Lage der eingebundenen Baugruppen. Letzteres beschreibt die Ausrichtung der Baugruppen zueinander. Das statische und dynamische Verhalten der Gestellbauteile beeinflusst maßgeblich die Genauigkeit der Maschine. Sie bestehen in der Regel aus Verbundkonstruktionen aus verschiedenen Gusswerkstoffen, der Verbindung von Guss- und Schweißbauteilen und der Kombination von Metallen und Gestein. Der Konstruktion dieser stehen zwei Ausführungsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Offenes Gestell: Bett-, Winkel- und C-Gestelle bezeichnet man als offen. Ihr Vorteil ist die gute Zugänglichkeit des Arbeitsraumes der Maschine, gegenüber der Aufbiegung der Struktur bei hohen Belastungen, was zu statischen Problemen führen kann.
- Geschlossenes Gestell: Portal-, Rahmen- und Torgestelle sind als geschlossene Systeme zu nennen. Sie sind oft in Bearbeitungszentren anzutreffen.
- Führungen : Die Aufgabe der Führungen besteht darin, 5 Bewegungsgrade zu binden, wobei einer zugelassen wird. Das führt dazu, dass lediglich eine translatorische oder rotatorische Bewegung pro Führung zugelassen wird. Das Ziel in der Konstruktion von Führungen ist die Verbindung eines zwangfreien Laufs, einer hohen Lagesicherung mit Bewegungsgleichförmigkeit durch Führungsgenauigkeit, Verschleißfestigkeit als auch positives dynamisches und statisches Verhalten. Zur Gewährleistung dieser Eigenschaften im laufenden Betrieb werden die Führungen oft mit einem Bahnenschutz versehen, um dem Blockieren durch Verunreinigungen und Späne vorzubeugen. Ihre Einteilung ist möglich durch die Führungsflächentrennung, die zugelassene Bewegung oder die Querschnittsform:
- Bewegung: Geradbewegung (translatorisch) oder Rundbewegung (rotatorisch)
- Querschnittsform: Rechteck (Flachführung), Dreieck (V-,Dach- und Schwalbenschwanzführung) oder Kreis (Säulenführung)
- Führungsflächentrennung: Gleitführung oder Walzführung
- Führungen zur Positionierung von Werkstücken oder Werkzeugen nennen sich Verstellführungen, wohingegen Führungen zum Realisieren von Vorschub- oder Schnittbewegungen als Bewegungsführungen zu bezeichnen sind.
- Antriebe : Sie setzten sich aus einem Motor und einem Getriebe zusammen. Neben dem Hauptantrieb gibt es in vielen Maschinen Neben- und Hilfantriebe:
- Hauptantrieb: Der Hauptantrieb realisiert die Schnittbewegung und somit die Spanabnahme. Er besitzt je nach Maschinentyp ein Stufen- oder ein Stufenlosgetriebe.
- Nebenantrieb: Früher auch Vorschubantrieb genannt, ist dieser Antrieb für die Aufrechterhaltung der Spanabnahme mittels passender Vorschubgeschwindigkeit verantwortlich. Je nach Automatisierungsgrad erfolgt dieser Antrieb automatisch oder manuell. Weiterhin kann er auch für das Positionieren, Zustellen oder Messen zuständig sein.
- Hilfsantriebe: Sie decken den restlichen Bedarf von Hilfseinrichtungen ab wie zum Beispiel die Zufuhr von Kühl- und Schmierstoffen oder das automatische Öffnen von Sicherheitstüren.
- Hauptspindel : Die letzte Welle des Hauptantriebes nennt man Hauptspindel. Zum eigentlichen Bauelement zählt man weiterhin die Lagerung, Dichtung, Werkzeug- oder Werstückaufnahme, Spannzeuge und das Antriebselement.
Umformende und zerteilende Werkzeugmaschinen
Im Vergleich zu spanenden Werkzeugmaschinen unterscheiden sich die einzelnen Baugruppen bei Werkzeugmaschinen zur Umformung bzw. zum Zerteilen im Aufbau des Gestells, des Hauptantriebes und der Nebenantriebe. Zusätzlich besitzen diese Maschinen eine Stößelführung und eine Handhabungseinrichtung.
- Gestell : Das Gestell kann aus einer C oder einer O-Form bestehen. Dabei kann es sich bei der C-Bauform um einen Einfach- oder Doppelständer handeln. Bei der O-Bauform sind Zweiständer- oder Mehrsäulengestelle möglich. Da bei der Umformung oder beim Zerteilen große Kräfte aufgebracht werden müssen, sind die Gestelle auf das Aufnehmen großer Momente ausgelegt und sehr massiv angefertigt.
- Stößelführung : Da vor allem bei breiten Werkzeugmaschinen wie Kantbänken oder Schlagscheren große Querkräfte auf großer Länge aufgenommen werden müssen, werden Stößelführungen zur Führung der Oberwerkzeuge eingesetzt. Dadurch können die Kräfte gleichmäßig auf gesamter Länge angetragen werden. Bei inhomogenen Werkstoffen kann die Stößelführung einseitig mehr belastet werden beziehungsweise einseitig mehr Vorschub aufgegeben werden.
- Hauptantrieb : Der Hauptantrieb hat für diese Maschinentypen die Aufgabe eine translatorische Bewegung zu erzeugen. Dabei gibt es zwei Konzepte:
- Ein Elektromotor in Kombination mit verschiedenen Getrieben zur Umsetzung der geradlinigen in eine rotatorische Bewegung. Gängige Getriebetypen sind dabei ein Kurbelmechanismus über Kurbelwelle und Pleuel, ungleichmäßiges Getriebe über Kurvenscheibe oder Nocken und Schraubgetriebe oder Zahnstangengetriebe. Durch die mechanische Übersetzung sind sehr hohe Momente möglich. Bei weggebundenen Maschinen sind ungleichmäßige Getriebe am häufigsten anzutreffen. Energiegebundene Maschinen arbeiten mit höheren Geschwindigkeiten zum Erreichen der gleichen Kraft. Unter kraftgebundenen Maschinen versteht man in der Regel hydraulische Systeme. Auch ein freier Fall des Oberwerkzeuges mit mechanischer Wiederholung ist möglich. Dies ist bei modernen, industriellen Anlagen aber nicht mehr gebräuchlich, da die Kräfte nur ungenau zu berechnen sind.
- Eine Hydraulikpumpe mit Zylinder zur direkten Erzeugung einer linearen Bewegung. Diese Variante ist durch den Kraftverlust in der Pumpe und bauteilbedingt eingeschränkte Drücke nur bedingt einsetzbar, bietet jedoch konstruktive Vorteile durch die flexibel gestaltbaren Hydraulikleitungen und Schläuche.
Geschichte
Historische Einordnung
Seit der Frühzeit nutzten Menschen Werkzeuge zur Bearbeitung von Materialien wie Stein und Holz. Schrittweise erfolgte der Einsatz mechanischer Prinzipien zur Verstärkung der Bearbeitungskräfte und -momente sowie zur Realisierung kontinuierlicher Bewegungen. Derartige Maschinenkonzepte mechanischer Bearbeitungsmaschinen finden sich zum Beispiel auch in den Entwürfen von Leonardo Da Vinci. Die Entwicklung mechanischer Bearbeitungsmaschinen schritt nur langsam voran, da sowohl geeignete Materialien zur Konstruktion der Maschinen als auch entsprechende Werkzeuge fehlten.
Mit der Erfindung der Dampfmaschine Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Möglichkeit geschaffen, Maschinen motorisch anzutreiben. In der Folge realisierte der Engländer John Wilkinson 1774 - auf der Grundlage der Erfindung von John Smeaton - eine Zylinderbohrmaschine. Diese gilt als erste Werkzeugmaschine. 20 Jahre später, 1794, baute Henry Maudslay die erste Bettdrehmaschine. Neu war hier auch die Umsetzung der Vorschubbewegung in z-Richtung durch eine Leitspindel. Diese mechanische Automatisierung erhöhte bereits deutlich die Produktivität und Genauigkeit. Der motorische Antrieb hat die Entwicklung von Werkzeugmaschinen beschleunigt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden alle Standardwerkzeugmaschinen (Drehmaschinen, Stoßmaschinen, Hobelmaschinen, Bohrmaschinen und Fräsmaschinen) entwickelt.
Den nächsten Entwicklungsschritt stellte die Nutzung des 1889 erfundenen Drehstrommotors als Antrieb dar. Hierdurch konnte die Transmission durch Einzelantriebe an den Maschinen abgelöst werden. Unterschiedliche Spindeldrehzahlen konnten durch Zahnradschaltgetriebe realisiert werden.Ein erster Schritt zur Automatisierung war die Erfindung hydraulischer Nachformeinrichtungen. Mit diesen konnten beliebige Werkstückkonturen automatisch bearbeitet werden. Die Vorschubbewegungen wurden durch Abtasten einer Schablone oder eines Meisterwerkstückes erzeugt. Diese automatische Vorschubsteuerung wurde lange Zeit für die Klein- und Großserienfertigung eingesetzt. Die Erfindung des Lochstreifens zur Steuerung von Maschinen durch Henri Fourneaux geht bereits auf das Jahr 1863 zurück. Dieser wurde dann auch ab Mitte des 20. Jahrhunderts zur Steuerung von Maschinen eingesetzt. Die Entwicklung der elektronischen numerischen Steuerung erfolgte dann am MIT für die US-Airforce. Mitte des 20. Jahrhunderts wurden dann neue Verfahren für die Metallbearbeitung umgesetzt. Hier sind vor allem das Erodieren, das Wasserstrahlschneiden und der Einsatz des Lasers zu nennen. Zudem wurden seit Anfang des 20. Jahrhunderts verschiedenste Entwicklungen zur Kombination von Technologien in einer Maschine umgesetzt. Dies ist bis heute ein wichtiges Thema. Des Weiteren erfolgte die zunehmende Automatisierung der Werkstückzufuhr und der Automatisierung der Werkzeugzufuhr in die Maschine. Hierdurch wurde die Produktivität, die Flexibilität und die Genauigkeit erhöht.
Meilensteine und wichtige Entwicklungen
- 1800/1840 Withworth und William Fairbairn (England); Entwicklung der Säulenbohrmaschine und der Ständerbohrmaschine
- 1817 Richard Roberts (England); Realisierung der ersten Hobelmaschine mit mechanischem Vorschub nach Konstruktionen von Maudslay. Neben weiteren Entwicklungen baute er eine Lochmaschine, die mittels Jacquard-Mechanismus angetrieben wurde und damit die erste digital gesteuerte Maschine war.
- 1833 Alfred Krupp (Deutschland) Entwicklung der ersten Schleifmaschine für die Metallbearbeitung
- 1842 James Nasmyth (England) Entwicklung des dampfgetriebenen Schmiedehammers
- 1845 John Fitch (Conneticut, USA) Entwicklung der Revolverdrehmaschine
- 1855 W. Muir (Manchester, England) Entwicklung der ersten Werkzeugschleifmaschine
- 1860 Joseph Brown (USA) Entwicklung der ersten automatischen Universalfräsmaschine
- 1949 - 1952 John T. Parsons (USA), Entwicklung der NC-Steuerung in Zusammenarbeit mit dem Massachusetts Institute of Technology
- 1972 erste CNC (Computerized Numerical Control) mit speziell eingebautem Minicomputer und speziellem Interface zur simultanen Steuerung der Achsen.
- 1955 Jean Pfau (Schweiz), Präsentation der ersten Maschine für die Bearbeitung mit Funkenerosion auf der Messe EMO in Mailand.
- 1967 Peter Houldcroft (Cambridge,Großbritannien), erste Anlage zur Lasermaterialbearbeitung mit einem sauerstoffunterstützten CO2-Laserstrahl zum Durchtrennen von Stahlblech.
- 1969 Fa. AGIE (Schweiz), erste NC-Drahterodiermaschine
- 1971 Fa. Ingersoll Rand (Schweden), erste Wasserstrahlschneidanlage
- 1974 Mohamed Hashish (USA), Entwicklung des Abrasivstrahlschneidens
Wirtschaftliche Aspekte
Produktivität
Kostendruck und Ressourceneffizienz machen es notwendig, Fertigungsprozesse immer weiter zu optimieren. Hierbei sind die verschiedenen Zeitanteile eines Fertigungsprozesses zu betrachten. Im Lexikon der Betriebsorganisation der REFA wird innerhalb der Nutzungszeit eines Betriebsmittels von einer Hauptnutzungszeit gesprochen. Auch in der VDI-Richtlinie 3423 werden die Zeitanteile differenziert. Als Hauptunterteilung unterscheidet man in Hauptzeiten, Nebenzeiten und Rüstzeiten. Im Allgemeinen wird von einer technischen Hauptzeit gesprochen, wenn innerhalb des Automatikbetriebs der Werkzeugmaschine der Bearbeitungsprozess durchgeführt wird, d.h. ein Werkzeug im Eingriff ist. Es wird von einer technischen Nebenzeit gesprochen, wenn während des Automatikbetriebs andere Abläufe erfolgen wie z.B. Werkzeugwechsel, Reversierbewegungen etc..
Eine Verbesserung der Produktivität lässt sich bezogen auf diese Zeiten durch höhere Schnittgeschwindigkeiten, höhere Bahnvorschubgeschwindigkeiten oder neue Werkzeugwechselkonzepte etc. erreichen.
Als Rüstzeit bezeichnet man den Zeitraum, der nötig ist, um die Werkzeugmaschine für Fertigungsprozesse vorzubereiten (Aufrüsten) sowie – nach der Prozessdurchführung – wieder in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen (Abrüsten). Es ist ferner die Zeit, die für die Umstellung eines Werkzeugs bzw. einer Maschinenanlage auf ein anderes Werkstück bzw. Produkt notwendig ist. Die Rüstzeit wird von den Fertigungsprozessen, den eingesetzten Maschinen und Werkzeugen unterschiedlich beeinflusst. Eine Produktivitätssteigerung wird bezogen auf die Rüstzeit insbesondere durch hauptzeitparalleles Rüsten des folgenden Werkstückes und der benötigten Werkzeuge erreicht.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist es von großer Bedeutung, dass die Produktionsanlagen ausfallfrei im Einsatz sind. Dies ist natürlich eine theoretische Forderung. Tatsächlich führen organisatorische Einflüsse oder technische Mängel zu Ausfallzeiten. Eine Erfassung des tatsächlichen Nutzungsgrades sowie der Ursachen von Ausfallzeiten ist daher von großem Interesse für den Betreiber einer Anlage. In der VDI-Richtlinie 3423 „Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen“ wird die Vorgehensweise zur Erfassung und Berechnung dieser Kenngrößen beschrieben. Auf Basis dieser Analyse können vergleichende Betrachtungen zwischen Fertigungsanlagen und Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden.
Nachhaltigkeit
Werkzeugmaschinen werden hinsichtlich ihrer Herstellung und Anwendung durch europäisches Recht erfasst. Zum einen ist dies die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG (aktuelle Fassung). Diese beschreibt die Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung „energieverbrauchsrelevanter Produkte“ im gemeinsamen Binnenmarkt. Am 8. August 2007 wurde die Richtlinie in ihrer Ursprungsfassung (2005/32/EG) durch das Energiebetriebene-Produkte-Gesetz (EBPG) in nationales Recht umgesetzt. Wichtige Aspekte sind hierbei die Energieeffizienz, die Recyclebarkeit und die Wiederverwendbarkeit. Für Werkzeugmaschinen wurde allerdings keine Durchführungsverordnung seitens der EU abgeleitet, da die Diversität dieser Produktgattung zu groß ist. Mit Blick auf die Aspekte Wiederverwendbarkeit und Recycling werden für Werkzeugmaschinen aufgrund ihrer Lebensdauer, der Möglichkeit zum Retrofitting und der Recyclierbarkeit aller Materialien keine spezifischen Anforderungen gestellt. Die ISO Norm 14995 beschreibt die Thematik der Energieeffizienz bei Werkzeugmaschinen. Das Thema Nachhaltigkeit bezieht auch alle belastenden Aspekte für den Maschinenbediener ein. Dies sind Geräuschbelastung oder das Austreten gesundheitsgefährdender Medien oder Stäube. Die Anforderungen bzgl. des Geräuschverhaltens werden in der Arbeitsstättenrichtlinie 89/654/EWG definiert. Die Normen DIN ISO 8525:2013, DIN EN ISO 3744:2010 und DIN ISO 230-5:2006 beschreiben die Verfahren, die bei der geräuschtechnischen Bewertung von Werkzeugmaschinen zur Anwendung kommen.
Volkswirtschaftliche Bedeutung der Werkzeugmaschine
Werkzeugmaschinen haben eine strategische Bedeutung für eine Volkswirtschaft. Sie stehen am Anfang vieler Wertschöpfungsketten bzw. sind zur Herstellung zahlreicher Produkte direkt oder indirekt erforderlich. Aus diesem Grund wird die Werkzeugmaschine auch als „Mutter aller Maschinen“ bezeichnet. Eingebunden in Produktionswertschöpfungsketten steht die Werkzeugmaschinenindustrie in enger Wechselwirkung mit ihren Kunden und ist häufig in die Entwicklung neuer Fertigungsprozesse eingebunden (Simultaneous Engineering). In diesem Sinne ist eine starke Werkzeugmaschinenindustrie wichtige Grundlage einer Industrienation.
Wichtigste Kundensegmente sind die Automobil- und Automobilzulieferindustrie, der Maschinenbau, die Luftfahrtindustrie, die Metallerzeugung, die Medizintechnik, die Feinmechanik und Optik, die Elektro- und Konsumgüterindustrie. Die 10 wichtigste Herstellernationen 2017 waren in absteigender Reihenfolge China, Japan, Deutschland, Italien, USA, Südkorea, Taiwan, Schweiz, Spanien und Österreich. Die Weltwerkzeugmaschinenproduktion steigt kontinuierlich und lag 2017 bei 71,7 Mrd. €.
Genauigkeit
Die Genauigkeit von Werkzeugmaschinen ist ein wesentliches Beurteilungskriterium und in der Regel auch eine vertraglich definierte Eigenschaft beim Kauf einer Maschine. Es bestehen vielfältige konstruktive, steuerungstechnische und physikalische Einflussfaktoren. Konstruktiv sind neben der Konzeption der Maschine die verwendeten Komponenten wie Führungssysteme oder Messsysteme qualitätsbestimmend. Seitens der Steuerungstechnik sind z.B. die Interpolierbarkeit oder Kompensationsfunktionen relevant. Des Weiteren können Montagefehler gravierende Auswirkungen haben. Im Prozess beeinflussen die Bearbeitungskräfte - induzierte Schwingungen und entstehende Wärme - die Bearbeitungsgenauigkeit. Zusammenfassend spricht man von geometrischen, statischen, dynamischen und thermischen Eigenschaften einer Werkzeugmaschine. Die messtechnische Erfassung dieser Eigenschaften ist in der DIN ISO 230-1 beschrieben. In vielen Fällen erfolgt aber auch eine werkstückgebunden Maschinenabnahme. Hierbei werden in der Regel Genauigkeitsmerkmale des zu fertigenden Werkstücks definiert und dann erfolgt auf der Basis eines festgelegten Bearbeitungsablaufes eine Einzelauswertung (Prüfwerkstück) oder eine statistische Auswertung der Kennwerte am Werkstück. Hierbei wird in der Regel die Prozessfähigkeit cpk bezogen auf relevante Maße des Werkstücks als Kennwert ermittelt (DIN ISO 22514-2).
Sicherheitsaspekte
Die Anforderungen an die Sicherheit von Werkzeugmaschinen ist durch die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und die Umsetzung in nationales Recht durch das Gerätesicherheitsgesetz gesetzlich geregelt. Auf dieser Grundlage kann jeder Hersteller auf Basis einer Gefahrenanalyse und einer Risikobewertung die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Die Umsetzung dieser gesetzlichen Anforderungen wird dann durch eine Konformitätserklärung und eine CE-Kennzeichnung dargestellt.
Für viele Aspekte zur Erfüllung der Anforderungen der Maschinenrichtlinie wurden europäische Normen erarbeitet. Man unterscheidet hier in generische CEN-Normen (Typ A), technologieübergreifende CEN-Normen (Typ B) und maschinenspezifische CEN-Normen (Typ C). Deren Einhaltung impliziert die Erfüllung der Richtlinienkonformität. Für einzelne Themen wurden diesen europäischen CEN-Normen in internationale ISO-Normen umgesetzt.
Forschung
Forschungsaktivitäten im Bereich Produktionstechnik im allgemeinen und Werkzeugmaschinen im speziellen werden in Deutschland von den in der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) aktiven Hochschulinstituten und Fraunhofer-Instituten durchgeführt. International sind die Forschungsinstitute zur Produktionstechnik in der „International Academy for Production Engineering“ (CIRP) engagiert. CIRP hat 600 wissenschaftliche Mitglieder und 50 Industriemitglieder.
Nachweise und Literatur
- Günter Spur: Vom Wandel der industriellen Welt durch Werkzeugmaschinen – eine kulturgeschichtliche Betrachtung der Fertigungstechnik, Carl Hanser Verlag, München Wien 1991, ISBN 3-446-16242-9
- Manfred Weck, Christian Brecher: Werkzeugmaschinen Band 1, Maschinenarten und Anwendungsbereiche 6. Aufl., Springer Berlin 2005, ISBN 3-540-22504-8.
- Reimund Neugebauer (Hrsg.): Werkzeugmaschinen: Aufbau, Funktion und Anwendung von spanenden und abtragenden Werkzeugmaschinen, Springer, Berlin Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-30077-6
- Joachim Milberg: Werkzeugmaschinen – Grundlagen, Springer-Lehrbuch Berlin, Heidelberg 1992, ISBN 978-3-662-10915-1
- Hans Kurt Tönshoff: Werkzeugmaschinen, Grundlagen, Springer-Lehrbuch Berlin, Heidelberg 1995, ISBN 978-3-662-10914-4
- Andreas Hirsch: Werkzeugmaschinen - Grundlagen, Auslegung, Ausführungsbeispiele, Springer-Verlag, Chemnitz 2010, ISBN 978-3-8348-0823-3
- Manfred Weck und Christian Brecher: Werkzeugmaschinen 1: Maschinenarten und Anwendungsbereiche, Springer-Verlag, 2006, ISBN: 3540280855, 9783540280859
Weiterführende Suche
Suche in der IndustryArena nach gebrauchten Blechbearbeitungsmaschinen
Bewertung für diesen Artikel: