WZL der RWTH Aachen (WZL-TF)

Zukunft der Produktionstechnik

Ressourceneffizienz im Kontext der Energiewende

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Produktion und Nachhaltigkeit – ein bislang geglaubter Widerspruch wird mit dem Vorhaben zur Bedarfsorientierten Steuerung von Peripheriesystemen in der Produktion (BeStPeri) und der Integration von datengetriebenen Methoden in die Produktionstechnik angegangen. Der Bedarf von Ressourcen in der Produktionstechnik kann oftmals nicht vermieden, vielmehr aber deren effizienter Einsatz entlang der Wertschöpfungskette verbessert werden. Dazu fehlt jedoch neben der oftmals nicht vorhandenen, aber notwendigen, transparenten Datenlage vor allem der konkret umgesetzte Mehrwert aus Daten für Personal, Wertschöpfung und Umwelt. Große und bis heute meist unentdeckte Potenziale zur Steigerung der Ressourceneffizienz liegen vor allem bei der Betrachtung ganzer Prozessketten vor. Mit dem Verlassen des Bereichs der Optimierung von Einzelprozessen steigt jedoch die Komplexität sowie die zu handhabende Datenmenge und -vielfalt, da kausale Effekte zwischen den Prozessschritten und deren Auswirkung auf die resultierende Qualität und den Gesamtressourcenverbrauch gleichzeitig für eine Vielzahl von Prozessschritten berücksichtig werden müssen. An diesem Punkt wird die zukünftige Produktionstechnik durch den Einsatz digitaler Technologien und maschinellem Lernen entscheidend befähigt, die Ressourceneffizienz des Gesamtsystems maßgeblich zu steigern. Die aktuelle Herausforderung für produzierende Unternehmen besteht demnach einerseits in der systematischen Digitalisierung ihrer Bestandsmaschinen inkl. der Versorgungsperipherie zur Datenerhebung und andererseits in der Integration von digitalen Services zur Generierung eines Datennutzens entlang der Prozesskette, sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Perspektive.

„Das Ziel von BeStPeri ist es, produzierende Unternehmen durch den Einsatz von datengetriebenen Methoden zeitnah zu einer Senkung ihrer CO2-Emissionen zu befähigen, indem notwendige Ressourcen für die Produktion effizienter eingesetzt werden. Der Schlüssel dazu ist die bedarfsgerechte Versorgung der Prozesse. Dafür brauchen wir Transparenz entlang der gesamten Fertigungskette und müssen digitale Software-Services zur Steuerung der Anlagen entwickeln.“ Frank Benner, Geschäftsführer der B+T Oberflächentechnik GmbH

Am Verbundvorhaben beteiligt sind: Ein industrieller Anwender, Datenerzeuger und IT-Experte aus dem ressourcenintensiven Bereich der Galvanotechnik, die B+T Oberflächentechnik GmbH (B+T), eine Forschungseinrichtung mit langjähriger Erfahrung im Bereich IoT-Daten – das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen University – und ein operativ-technischer Experte für die Datenakquise und Entwicklung von Steuerungssystemen, die DiTEC GmbH. Somit dient das Vorhaben der aktiven Nutzung von Daten im Anwenderkontext mit dem Fokus auf vorausschauender Wartung, Prozessführung und Ressourcenrückführung entlang der Wertschöpfungskette. Das Verbundvorhaben BeStPeri liefert einen ganzheitlichen Ansatz zum Prinzip der Circular-Eco-nomy mit einer bedarfsorientierten Betriebsmittelversorgung und Steuerung der Peripherieanlagen mit einer hohen Übertragbarkeit aus der Galvanotechnik in die Produktionstechnik.

Arbeitsinhalte zur Zielerreichung

Im Vorhaben dienen zwei Galvaniklinien der B+T als Pilot für eine konsistente Datenkette zur industrienahen Identifikation von Ressourceneffizienzpotenzialen. Im Vorhaben werden mit Hilfe von Methoden des maschinellen Lernens Zustandsdaten entlang der gesamten Prozesskette zusammengeführt und darauf aufbauend ökologisch-ökonomisch wertvolle Kennzahlen prognostiziert. Abschließend werden die dazu
trainierten Modelle als digitale Services in die Produktion integriert. Der industrielle Einsatz der Services verwirklicht die benötigte Kombination aus Verfügbarkeit und Analyse von Produktionsdaten. Beginnend mit einer explorativen Datenanalyse zur Erkennung von Mustern, Bedarfen und Verschwendungen werden Modelle des maschinellen Lernens darauf trainiert, diese Anomalien und Muster verlässlich zu erkennen und vorherzusagen. Der eigentliche Datennutzen zur Steigerung der Ressourceneffizienz erfolgt durch die operativ-technische Rückführung von Handlungsanweisungen und optimierten Steuerungssignalen für die Elektrolytführung, sowie Spüleinheiten, Transportwagen, Druckluftversorgung und Chemikalienzufuhr.

Der Projekterfolg wird anhand der Steigerung der Ressourceneffizienz mittels dynamischer Ressourcenstrombilanzierung, CO2-Fußabdruck und EcoScore bewertet.

Konkrete Verwertungs- und Nutzungsabsichten

Durch die vervollständigte Datenerfassung in der Produktion bei B+T entsteht eine Datenkette mit über 100 Stationen. Das Vorhaben fördert maßgeblich die unternehmensstrategische Ausrichtung hin zum Einsatz von digitalen Technologien und maschinellem Lernen in der gesamten Produktionskette. Mit der datengetriebenen Analyse und der verankerten Rückführung in die Steuerungssysteme entsteht ein erstmaliger
Nutzen der Datenerfassung und somit ein maßgeblicher Beitrag zum Return on Investment. Dieser Nutzen dient gleichzeitig der übergeordneten Senkung des Primärressourcenverbrauchs von Material und Energie: Endmetallisierungsaufwand, Neubeschichtungen sowie Abwasser bzw. Abfall werden erheblich reduziert. Weiterhin steigt durch die Transparenz in der Produktion die Anlagenproduktivität hinsichtlich
Verfügbarkeit und Robustheit. Mit der Etablierung der digitalen Services werden zudem die Durchlaufzeiten verkürzt und damit die Auslastung der Anlagen optimiert. Weiterhin können durch die anlagendifferenzierten Verbräuche in Abhängigkeit von der Auftragslage die Abwasserkapazitäten und
Spülbadqualität vorausschauend aktiv gesteuert werden. Darauf aufbauend wird die gesamte Ressourcenbeschaffung an die Produktionsplanung angebunden. Die konsequente Rückführung von ausgeschleppten Chemikalien in die Elektrolyte vor der Vermischung mit anderen Stoffen bewirkt die Reduktion der Verschleppung. Berechnungen zufolge können pro Trommel alleine je 4-6 l Frischwasser eingespart werden. Weiterhin werden indirekte Kosten über die Besteuerung von CO2-Emissionen eingespart. Wesentliche Kundennutzen durch die Datenerfassung und -verarbeitung sind vor allem die hohen Potenziale auf Seiten der Produktqualität und der Kosteneffizienz. Aus der Möglichkeit der Umplanung der energieintensiven
Produktionsprozesse auf Zeiten hoher Verfügbarkeit von regenerativen Energien folgt eine emissionsärmere und kostengünstigere Produktion. Die gesteigerte Transparenz und Datenlage resultieren in einem einfacheren Controlling und Performance-Management im Bereich der Nachhaltigkeit, z. B. zur Erstellung der Nachweise für ISO:50001. Diese und weitere Einsparpotenziale müssen zunächst noch exakt eruiert und validiert werden.

Neben proaktiven Handlungsmaßnahmen wird die Reaktionsgeschwindigkeit in der laufenden Produktion durch die prozessaktuelle Verfügbarkeit von Zuständen und Empfehlungen erheblich gesteigert. Weiterhin gelingen die Absicherung sekundärer Prozesszustandsgrößen, die bedarfsgesteuerte Versorgung mit Betriebsmitteln, die präzise Fehlerlokalisierung in der Produktion und der zielgerichtete Einsatz von vorausschauender Wartung.

Durch das Vorhaben wird es für DiTEC möglich, tief in die Produktions- und Prozesssteuerung inkl. der ressourcenintensiven Betriebsmittelversorgung einzusteigen. Die Erweiterung der Services u. a. mit der Dokumentation der Emissionen und des Ressourcenverbrauchs pro Produkt oder pro Zeiteinheit auf Basis tatsächlicher Verbrauchsdaten kann auf den bei mehr als 800 Kunden installierten und modular aufgebauten ProGAL-Steuerungen aufsetzen. Bei diesen wiederum ist mit Nutzung der Services eine Steigerung der unternehmenseigenen Ressourceneffizienz zu erwarten.

„Eine vergleichbare Entwicklung zur Steuerung der Ressourceneffizienz für die Galvanotechnik ist bisher am Markt nicht bekannt. Die Zusammenarbeit mit einer führenden Forschungseinrichtung im Bereich datengetriebener Methoden in der Produktionstechnik ermöglicht uns ein erweitertes Verständnis, sodass eigene Produkte, wie der Service-Manager, zukunftsfähig in Richtung digitale Technologien weiterentwickelt
werden können.“ Dr.-Ing. Siegfried Kahlich, Geschäftsführer der DiTEC GmbH

Das Vorhaben wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Verantwortlich für den Inhalt dieser Pressemitteilung: Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren, Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen

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