Kunststoff

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Kunststoffe sind organische und halborganische Stoffe mit einer hohen Molmasse. Sie werden in Thermoplaste, Duroplaste und Elastomere eingeteilt. Durch die besonderen chemischen und physikalischen Eigenschaften der Kunststoffe erreichen sie eine Typenvielfalt, die bei anderen Werkstoffgruppen nicht annähernd erreicht werden kann. Im Hinblick auf Umweltschutz und Ressourcenschonung wird allerdings in immer mehr Bereichen versucht auf Kunststoff zu verzichten, da dieses, bis auf wenige Ausnahmen, nicht natürlich abgebaut werden kann. In der ISO/TC 61 hat die Internationale Organisation für Normung (ISO) Terminologien und viele Eigenschaften definiert. Diese Norm wurde auch in Deutschland als Grundlage für nationale Normen verwendet.

Eine Übersicht über alle Werkstoffe finden Sie hier.

Extrusion eines Kunststoffprofiles, Universität Stuttgart

Aufbau

Kunststoffe besitzen die größte Strukturvielfalt aller vom Menschen genutzten Werk- und Funktionsstoffe. Das hängt zum großen Teil mit deren Aufbau zu tun:

Chemischer Aufbau

Kunststoffe sind organische Makromoleküle aus Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O). In so genannten Hetero-Atomen können weiterhin Stickstoff (N), Chlor (Cl), Fluor (F) und Schwefel (S) vorkommen. Halborganische Kunststoffe enthalten das Halbmetall Silizium (Si) und werden als Silikone bezeichnet. Auch andere Elementarzusammensetzungen sind möglich, werden aber wegen ihrer geringen Relevanz hier nicht weiter betrachtet. Organische Polymere besitzen in der Regel folgende Eigenschaften:

  • geringe elektrische Leitfähigkeit (elektrische Isolatoren)
  • geringe Wärmeleitfähigkeit (thermische Isolatoren)
  • spezifisch leichte Werkstoffe (Dichte 0,8 bis 2,2 g/cm³)
  • begrenzte thermische Beständigkeit, da die Aufspaltung der Elektronenpaarbindung irreversibel ist

Morphologischer Aufbau

Der Ordnungszustand der Makromoleküle wird stark beeinflusst von äußeren Bedingungen, wie Temperaturänderungen oder Deformation. Den amorphen Strukturen fehlt eine Fernordnung der Moleküle, weshalb diese die energieärmste Form einnehmen. Der amorphe Festzustand wird wegen seiner Ähnlichkeit zu dem Zustand erstarrter Gläser auch als Glaszustand bezeichnet. Aufgrund der wirren Struktur ist dies die größte Größenordnung auf der von einer geordneten Struktur gesprochen werden kann. Da diese Größenordnung aber immer noch kleiner ist als die Wellenlänge von Licht, sind amorphe Kunststoffe transparent. Bei einer mechanischen äußeren Belastung weisen Kunststoffe eine zeitabhängige Verformungszunahme bei einer gegebenen Spannung auf (Kriechen) und darüberhinaus auch einen Spannungsabbau (Relaxion) nach erfolgter Verformung. Dieses Verhalten wird als Viskoelastizität bezeichnet und lässt sich auf die gleichzeitige Wirkung von drei qualitativ unterschiedlichen Deformationsmechanismen zurückführen:

  • energieelastische (auch: spontanelastische) Verformung
  • entropieelastische (auch: gummielastische) Verformung
  • plastische (auch: viskose) Verformung

Kunststoffklassen

Kunststoffe lassen sich in vier Klassen einteilen. Diese haben grundlegend unterschiedliche Eigenschaften, was auch die große Vielfalt der Kunststoffe erklärt. Es handelt sich dabei um Endprodukte, also nicht um Formmasse oder Vorprodukte.

Thermoplaste

  • Amorphe Thermoplaste: Diese Kunststoffe besitzen lineare und verzweigte Makromoleküle mit amorpher Struktur. Sie lassen sich thermoplastisch Verformen (Verformbarkeit in einem bestimmten Temperaturbereich) und sind löslich in geeigneten Lösungsmitteln. Der thermische Verformung lässt sich beliebig oft wiederholen, wobei es wichtig ist, dass die Temperatur der thermischen Zersetzung nicht erreicht wird. Das nennt man reversible Verformbarkeit. Bei der Temperatur der thermischen Zersetzung fängt das Thermoplast aber an zu "verbrennen". Babei zersetzt es sich in seine Grundbestandteile und wird technisch unbrauchbar. Aufgrund dieser Eigenschaften werden Thermoplaste vor allem für Spritzgussverfahren eingesetzt. Eine weitere Besonderheit dieser Kunststoffe ist die Schweißbarkeit. Ein bekanntes Beispiel für die Verwendung von Thermoplasten sind die LEGO-Bausteine.
  • Teilkristalline Thermoplaste: Diese Thermoplaste besitzen, neben den Eigenschaften amorpher Thermoplaste, teilkristalline Phasen. Dadurch besitzen sie eine verringerte Löslichkeit und eine erhöhte Härte. Je höher der Anteil der teilkristallinen Phasen ist, desto stärker prägen sich diese Eigenschaften aus.
  • Beispiele für Thermoplaste: Polyethylen (PE), Polyethylen (PE), Polystyrol (PS), Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), Polyvinylchlorid (PVC) und Polypropylen (PP)

Thermoplastische Elastomere

Thermoplastische Elastomere, auch Elastoplaste genannt, sind Kunststoffe, die sich unter Raumtemperatur verhalten wie Elastomere. Unter Wärmezufuhr weisen sie allerdings ein thermoplastisches Verhalte auf und können sie allerdings plastisch verformt werden. Diese besondere Eigenschaft ist zurückzuführen auf in thermoplastisches Material eingebundene elastische Polymerketten. Zwar besteht keine Notwendigkeit durch eine chemische Vernetzung mittels Vulkanisierung, wie bei den restlichen Elastomeren, jedoch besteht aufgrund der speziellen Molekülstruktur eine gummielastische Struktur. Einteilen lassen sich diese Kunststoffe noch in Copolymere und Elastomerlegierungen:

  • Copolymere: Sie bestehen aus einem kristallisierendem Hauptpolymer und einem Conomer. Das Conomer wird zufällig entlang der Polymerkette angebunden bis kein direkter Kontakt zwischen den kristallinen Phasen mehr besteht. Wie in herkömmlichen Elastomeren dienen sie dann als Vernetzungspunkte.
  • Elastomerlegierungen: Sie sind Zusammenmischungen, auch Gemenge genannt, von fertigen Polymeren. Durch verschiedene Mischungsverhältnisse und Zuschlagsmittel lassen sich so die gewünschten Eigenschaften einstellen. Oft sind diese Elastomerlegierungen unter Handelsnamen der Firmen bekannt, wie Styroflex (BASF) oder Keyflex (LG Chem).

Vernetzte Elastomere

Bei vernetzten Elastomeren spricht man umgangssprachlich auch von Gummi. Elastomere besitzen thermisch irreversibel (kovalente) vernetzte Makromoleküle mit amorpher Struktur. Durch die geringe Vernetzungsdichte ensteht die geringe Härte. Eine thermoplastische Verformung ist nicht möglich, weshalb das Elastomer sich ab einer relativ geringen Temperatur in seine Grundbausteine zersetzt und "verbrennt". Grundlegend sind Elastomere zwar nicht löslich, können aber in geeigneten Medien stark aufquellen. Sie besitzen zwar eine besonders stark ausgeprägte Entropieelastizität, auch Gummielastizität genannt, weisen aber auch häufig Dehnungskristallisationen auf. Das ist einer der Gründe, warum Dichtungen aus Elastomeren mit der Zeit spröde werden und ausgetauscht werden müssen. Ein alltäglich oft zum Einsatz kommendes Elastomer ist das Gummiband.

Duroplaste

Duroplaste besitzen wie Elastomere thermisch irreversibel (kovalente) vernetzte Makromoleküle mit amorpher Struktur. Da Duroplaste allerdings eine wesentlich höhere Vernetzungsdichte besitzen, sind sie aber auch dementsprechend härter. Die thermoplastische Erweichung ist je nach Duroplast unterschiedlich hoch, jedoch immer höher als bei Elastomeren. Begründen lässt sich dies mit der Höhe der zwischenmolekularen Kräfte und Vernetzungsdichte, welche von Duroplast zu Duroplast unterschiedlich hoch ist. Prinzipiell sind Duroplaste unlöslich, können aber in geeigneten Medien leicht quellen.

Verarbeitung

Aufbereitung

Unter der Aufbereitung versteht man die Prozessabläufe die dem Rohstoff unterworfen werden bis er als Formmasse einem Prozess zugeführt werden kann. Wesentlich lassen sich die Abläufe einteilen in das Mischen, Dispergieren, Kneten, Lösen, Trocknen und Granulieren. Auch dazu zählen lassen sich das Einarbeiten von Zusätzen wie Farbstoffen, Füll- und Verstärkungsstoffen, Weichmachern, Gleitmitteln, Stabilisatoren, Flammschutzmitteln, Treibmitteln, Lösemitteln oder anderern Polymeren, sowie die Umwandlung der Formmasse in eine geeignete Form (Granulat, Pulver, Paste, Lösung, Dispersion).

Mischen

Ein optimaler Mischvorgang und das Verständnis dessen Ablaufes beeinflusst die Qualität des Endproduktes maßgeblich. Man spricht hier auch von der Mischgüte. Dabei ist es Aufgabe des Mischens einen Stoff I in eine einen Stoff II einzubetten. Der Stoff I kann dabei als Phase in einer Matrix (Stoff II) verstanden werden. Zu Berücksichtigen ist dabei, dass die Mischung beim späteren Bearbeitungsprozess unter Umständen wieder aufgemscholzen werden muss. Um die feine Struktur der Mischung dabei nicht zu zerstören kommen als Compatibilizer bezeichnete Stoffe zum Einsatz. Diese sind Makromoleküle, die sich an den Grenzflächen der Phasen zwischenlagern und dort eine Verträglichkeit der beiden Phasen herstellen. Man bezeichnet diese auch als Verträglichkeitsvermittler. Die Mischungen, auch Blends (engl. blend = Mischung) genannt, unterscheidet man in drei Kategorien: homogene Blends aus kompatiblen Polymeren, einphasige Blends aus partiell inkompatiblen Polymeren und mehrphasige Blends aus inkompatiblen Polymeren. Beim Mischen unterscheidet man anhand der angewandten Mechanismen in distributives und dispersives Mischen, sowie Koaleszenz. Das distributive Mischen wird auch als laminieren bezeichnet. Dabei wird durch eine hohe Dehnung die Grenzfläche der Phasenanteile erhöht und die Schichtdicke verringert. Als dispersives Mischen bezeichnet man das Aufbrechen von Agglomeraten, Partikeln oder unlöslichen Fluiden und dem Verteilen dieser Bruchstücke in einer Matrix. Entscheidend für den Erfolg ist dabei die Höhe der in das System eingebrachten Spannung, welche das Zerteilen der Partikel zur Folge hat. Die Koaleszenz beschreibt das Zusammenfließen einzelner Tropfen etwa durch Kollision im Strömungsfeld. Je nach Füllstoffanteil und Oberflächenspannung kann der Prozess der Koaleszenz den Prozess des Dispergierens überwiegen. In einem solchen Fall vergröbert sich die Blendmorphologie beim Mischen. Die Mischer lassen sich dabei in zwei Kategorien einteilen: diskontinuierliche Feststoffmischer, wie Schneckenbandmischer, Schaufelmischer, Paddelmischer, Kegelschneckenmischer, Pflugscharmischer, schnell laufender Trogmischer, langsam laufender Trogmischer und Senkrecht-Schneckenmischer, und kontinuierliche Feststoffmischer, wie Schneckenbandmischer, Schaufelmischer, Paddelmischer, Doppelspiralenmischer und Pflugscharmischer.

Dispergieren

Beim Dispergieren einer Polymerschmelze in einer Matrix wird die kugelförmige, energetisch günstigste Form durch Deformation und Spannung aufgebrochen. Zum Dispergieren von Feststoffagglomeraten sind Dehnströme besonders effektiv. Dies ist eine sehr energiearme Möglichkeit Feststoffagglomeraten zu einem Feingemenge aufzubereiten.

Granulieren

Kunststoffgranulat in verschiedenen Farben

Das Granulieren ist ein recht simpler Schritt. Dabei wird die eigentlich fertige Formmasse verträglich für die Weiterverarbeitung formatiert. In der Industrie haben sich Anlagen durchgesetzt, welche mit einem Granulat beschickt werden. Dadurch bildet Granulat auch den wichtigsten Formstoff. Es gibt verschiedene Granuliermaschinen, welche sich grundlegend nach Heißabschlag und Kaltabschlag unterteilen lassen. Beide Typen Formen dabei die Masse in runde Stränge. Der Unterschied besteht darin, dass bei Maschinen mit Heißabschlag das Material erst auf die gewünschte Korngröße zerteilt wird und anschließend erkaltet. Bei Maschinen mit Kaltabschlag werden die Stränge zuerst abgekühlt und dann auf die gewünschte Korngröße zerteilt.

Eine Alternative zum Granulieren ist das Herstellen von Filament. Dabei werden die Stränge erkaltet und in großen Bahnen aufgerollt. Verwendung finden diese Halbzeuge für Additive Fertigungsverfahren.

Für einige Prozesse ist es wichtig die Korngröße des Granulats noch weiter zu verkleinern. Dazu wird das Granulat zu Pulver vermahlen.

Trocknen

Gerade bei der Aufbereitung von Thermoplasten ist es notwendig hydrolytische Abbauprozesse zu verhindern indem man das Granulat trocknet. Vor allem bei hydrophilen Kunststoffen ist dies besonders wichtig, aber auch bei hydrophoben Kunststoffen kann dies erforderlich werden. Das ist der Fall, wenn Füllstoffe oder Pigmente eingesetzt werden welche einen hydrophilen Charakter aufweisen. Entscheidend für den Erfolg des Trocknens sind dabei die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und der Luftstrom an Frischluft.

Verarbeitung und Bearbeitung

Extrudieren

Extrudieren beschreibt das Aufschmelzen von Kunststoff-Formmasse und das Austragen durch eine maßgebende Düse mit abschließender Kühlung. Das Extrudieren kommt zum Einsatz, um aus Formmasse Halbzeuge wie Rohre, Profile oder Bleche herzustellen. Die meisten Extrudiermaschinen werden mit Granulat beschickt. Extruder können zusätzlich mit Dosier- und Stopfeinrichtungen zur gleichmäßigen Produktaufgabe, beheizten Vakuumtrichtern zur Vorab-Entgasung und -Trocknung, Scher- und Mischteilen zur Erhöhung der Homogenität einer Schmelze, Staubuchsen oder Lochplatten an der Schneckenspitze zur Anpassung des Massedrucks an den Werkzeugwiderstand, Schmelzepumpen für einen gleichmäßigen Massestrom zum formgebenden Werkzeug und Auswechselbare Schmelzefilter zur Reinigung der Schmelze und Verringerung des Quellkörperanteils ausgestattet werden.

Je nachdem was für ein Halbzeug hergestellt werden soll, werden Extruder mit verschiedenen Werkzeugen zur Formgebung ausgestattet.

Spritzgießen

Spritzgussbauteil mit Werkzeug

Für Thermoplaste ist das Spritzgießen das wichtigste Verfahren zur Verarbeitung. Das Spritzgießen besteht aus mehreren Schritten: dem Einspritzen, dem Nachdrücken, dem Plastifizieren und der Werkzeugöffnung samt Auswurf. Beim Einspritzen wird die Schmelze mit durchschnittlich 100 bar in das Formnest gepresst. Während des Nachdrückens erstart die Schmelze, wobei der Druck auf 600 bis 1500 bar erhöht wird. Während das Bauteil im Werkzeug komplett erstarrt plastifiziert (plastifizieren = aufschmelzen von Kunststoff) die Schnecke neue schmelze für den nächsten Zyklus. Letztendlich öffnet sich das Werkzeug. Das Werkstück fällt je nach Maschine dann einfach heraus oder wird über eine Handhabungseinrichtung heraus genommen. Nachdem sich das Werkzeug dann wieder geschlossen hat beginnt der Prozess von neuem.

Spanende Bearbeitung

Natürlich können Kunststoffe auch spanend bearbeitet werden mit den herkömmlichen Verfahren, wie zum Beispiel Bohren, Drehen, Fräsen und Schleifen. Im Vergleich zu Metallen lassen sich Kunststoffe sogar hervorragend spanend bearbeiten. Hohe Zeit-Span-Volumen sind möglich, solange ausreichend Kühlschmierstoff eingesetzt wird.

Nachbearbeitung und Nachbehandlung

Wie im Kapitel [Eigenspannung] beschrieben können Kunststoffe getempert werden, um Eigenspannungen abzubauen. Das gegenteilige Verfahren zum Erhöhen von Eigenspannungen ist das Abschrecken.

Einfluss auf innere Eigenschaften

In der Bearbeitung besitzen die variablen Prozessparameter einen erheblichen Einfluss auf die inneren Eigenschaften der Polymere. Da diese Parameter einen wesentlichen Einfluss ausüben, hat es sich etabliert diese inneren Eigenschaften zur Beschreibung des Zustandes eines Kunststoffes zu definieren. Die wichtigsten inneren Eigenschaften sind:

Orientierung

In einer unbewegten Kunststoffschmelze kommen die Molekülketten in unorientierten, auch verknäuelten genannten, Zuständen vor. Durch eine bewegte Schmelze kann man diese in einen teilorientierten Zustand überführen. Zwei Prozesse sind für diese Orientierung zuständig: Zum Einen lokale Dehnungen, welche durch eine Verengung des Fließkanals oder eine Fließfront enstehen. Zum Anderen durch die Scherung benachbarter Schmelzeschichten bei Strömungen mit einem Geschwindigkeitsprofil beim Spritzgießen oder Extrudieren. Dabei ist der Orientierungszustand durch das Spritzgießen nur sehr schwer abzuschätzen. Trotz Computersimulationen bedarf es oft mehrer Versuche und Prototypen bis die gewünschten Eigenschaften erreicht sind.

Eigenspannung

Eigenspannungen sind das unmittelbare Ergebnisse von Druck- und Temperaturführung während des Erstarrungsprozesses. Sie wachsen bei einer heterogenen Temperaturverteilung im Bauteil, schnellen Abkühlgeschwindigkeiten, hohen Wärmeausdehnungskoeffizienten und einem hohen E-Modul des Werkstoffs. Durch Eigenspannungen entstehen innere mechanische Kräfte, welche die Härte des Bauteiles erhöhen können. Zum Abbau der Eigenspannungen kann man Kunststoffe Tempern, was im Grunde genommen dem [Glühen] bei der Rekristallisation von Metallen sehr ähnlich ist. Man erhitzt das Kunststoff über lange Zeit auf eine gewisse Temperatur und kühlt es dann langsam wieder ab. Aufgrund der Brownschen Bewegung der Molekülketten relaxieren sich Eigenspannungen in der Schmelze relativ schnell. Beim Spritzgießen ist von wenigen Sekunden auszugehen, bis sich die Eigenspannungen wieder zurückgebildet haben. Um diesen Prozess zu stoppen werden die Werkzeuge sehr schnell runtergekühlt, man spricht auch vom Einfrieren des Kunststoffes. Bei Raumtemperaturen erfolgt keine Relaxion mehr. Nur bei Bauteilen die unter erhöhten Temperaturen und/oder erhöhten Drücken eingesetzt werden kann es nachträglich vorkommen, dass sich die Eigenspannungen wieder abbauen. Durch diese Feststellung lassen die meisten Kunststoffe als anisotrop bezeichnen.

Kristallisation

Diese innere Eigenschaft trifft nur auf Thermoplaste zu, genauer gesagt auf Thermoplaste mit einer Teilkristallisation. Die Kristallinität definiert sich dabei neben dem Kristallisationsgrad auch über die Überstruktur (z. B. Sphärolithdurchmesser). Dabei verhält sich die Steifigkeit und die Festigkeit gleich dem Kristallisationsgrad. Steigt somit die Kristallisation, steigt auch die Steifigkeit und die Festigkeit, aber auch die Sprödigkeit. Je geringer der Kristallisationsgrad, desto transparenter auch der Kunststoff. Das hängt damit zusammen, dass unkristalline Phasen eine kürzere Wellenlänge als Licht besitzen. Ein Beispiel hierfür sind PET-Flaschen für Getränke. Ohne das schnelle Abkühlen wäre das Material weiß und nicht transparent. Wenn Formteile über längere Zeiträume bei erhöhten Temperaturen eingesetzt werden, kann es zu einer Nachträgliche Kristallisation kommen. Da sich das Volumen dabei verringert und die Formgenauigkeit dann nicht mehr gegeben ist kann durch eine Wärmenachbehandlung diesem Effekt vorbeugen.

Molekularer Aufbau

Der molekulare Aufbau beschreibt die unterschiedlichen Eigenschaften, welche in den anderen Unterkapiteln genannt werden. Oft wird dabei die Geometrie der Molekülketten angegeben.

Änderung der Zuschlagsstoffe

Durch eine Änderung der Zuschlagsstoffe können die technischen Eigenschaften stark beeinflussen. Diese variieren stark von Hersteller zu Hersteller und stellen stark gehütete Unternehmensgeheimnisse dar.


Wirtschaftliche Bedeutung

Kunststoffe sind in der heutigen Zeit nicht mehr aus dem industriellen und privaten Alltag wegzudenken. Die globale Produktion hat sich seit 1950 bis 2010 von 25 Mio. m³ auf 280 Mio. m³ um mehr als 1100 % gesteigert. Damit übersteigt Kunststoff selbst die globale Herstellung von Stahl um 100 Mio. m³. Anteilig beträgt die Produktion in den wichtigsten Produktionsregionen dabei 20 % in Westeuropa, 25 % in Nordamerika und 39,5 % in Asien. Die Produktionsstandorte gehen dabei meist mit der nachgelagerten Industrie einher. So ist einer der wichtigen Standorte in Deutschland der Chemiepark in Marl. Das Haupteinsatzgebiet für Kunststoff in Europa ist dabei die Verpackungsindustrie mit 35 %. Das Baugewerbe verwendet etwa 23 % des produzierten Kunststoffes, der Fahrzeugbau 10 %, Elektrik und Elektronik 6 % und sonstige (Landwirtschaft, Möbel, Haushalt, Freizeit, Sport, Medizin und Maschinenbau) 26 %. Obwohl die Anwendung in der Medizintechnik immer wichtiger wird beträgt der Anteil des Verbrauches in diesem Gebiet gerade einmal 1 %, was an dem immensen Volumen der anderen Sektoren liegt. Damit darf bei der Beurteilung des Marktes nicht nur der volumenanteilige Verbrauch bewertet werden. So werden im Bereich der Verpackungsindustrie bereits nach neuen Ausgangsstoffen gesucht, was in anderen Bereichen, wie der Medizin, oft nicht möglich ist.


Hersteller

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Nachweise und Literatur

  • Baur, Brinkmann, Osswald, Rudolph, und Schmachtenberg: Saechtling Kunststoff Taschenbuch; Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG; ISBN: 978-3-446-43442-4
  • Klemens Kohlgrüber, Michael Bierdel und Harald Rust: Polymer-Aufbereitung und Kunststoff-Compoundierung - Grundlagen, Apparate, Maschinen, Anwendungstechnik; Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG; ISBN: 978-3-446-45832-1

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