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IFA Hannover Blog

Vorstellung Forschungsprojekt: WorkCam

Oktober 2018
15
Autor: Dennis Pischke
Firma: Institut für Fabrikanlagen und Logistik IFA, Leibniz Universität Hannover
Vorstellung Forschungsprojekt: WorkCam

Laufzeit: 04/2017 - 03/2019

Förderung durch: BMWi | IGF | AiF | GVB

 

Ausgangssituation

Der Fokus industriell produzierender Unternehmen wird immer stärker auf eine ergonomische Arbeitsgestaltung gelegt. Der Grund für diesen Paradigmenwechsel liegt in der Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter im Alter und der Schonung der jungen Belegschaft für ein immer länger werdendes Berufsleben. Nicht selten führen Mitarbeiter Bewegungen am Arbeitsplatz nicht korrekt aus. Als Konsequenz dessen entstehen Fehlhaltungen des Mitarbeiters, arbeitsbedingte Ausfallzeiten oder sogar gänzliche Arbeitsunfähigkeit. Dies ist insbesondere bei manuellen Tätigkeiten wie Kommissionier- oder auch Montagetätigkeiten von großer Relevanz. Darüber hinaus können sich ergonomisch ausgerichtete Prozesse und Arbeitsplätze positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Produktion auswirken.

Um nicht ergonomische Bewegungsabläufe zu identifizieren, ist zunächst eine Bewertung der Ergonomie von prozess- und arbeitsplatzbedingten Bewegungsabfolgen sowie deren inhärenten Belastungen auf den Menschen notwendig. Darauf aufbauend können sowohl geeignete Gestaltungsmaßnahmen zur Verbesserung der Ergonomie abgeleitet als auch Mitarbeiter über ihre nicht ergonomischen Bewegungsabläufe informiert werden. Die Gestaltungsmaßnahmen ermöglichen den Aufbau ergonomischer Prozesse und Arbeitsplätze. Durch die Spiegelung des Bewegungsablaufes kann ein Lernprozess initiiert werden, der den Mitarbeiter langfristig zu einer korrekten Bewegungsabfolge führen kann.

Die meisten Ergonomiebewertungssysteme nutzen Sensoren, die am Körper getragen werden [9]. Der Aufwand diese anzulegen und die Arbeitstätigkeiten zu bewerten ist hoch. Unterstützend muss zum System immer ein Ergonomieexperte anwesend sein, der die ausgeführten Tätigkeiten bewertet, dem Probanden Rückmeldung gibt und anschließend ggf. Handlungsempfehlungen für ergonomieverbessernde Maßnahmen empfiehlt. Diese Art der Ergonomiebewertung ist somit aufwändig und zeitintensiv. Aktuell existiert im industriellen Umfeld kein System, dass automatisiert Hinweise zu falschen Bewegungsabläufen gibt (bspw. in Form von grafischen Darstellungen und akustischen Warntönen) und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen für geeignete Maßnahmen ableitet, um die physiologischen Auswirkungen zu reduzieren und die Produktivität zu steigern.

Zielsetzung

Ziel des Forschungsprojektes „Echtzeitfähige und kamerabasierte Ergonomiebewertung und Maßnahmen-ableitung in der Montage (WorkCam)“ ist die automatisierte, kontaktlose bzw. kamerabasierte Bewegungs-erfassung, -analyse und -beurteilung von Mitarbeitern an ihren Arbeitsplätzen mithilfe einer zu entwickelnden 3D-Messtechnik. Diese soll zudem anhand des Bewertungsergebnisses Handlungsempfehlungen für die Verbesserung ergonomischer Bewegungsabläufe unter Realbedingungen ableiten. Basierend auf Daten einer 3D-Kamera sollen die Ergebnisse erstmalig eine automatisierte Reaktion auf ergonomisches Fehlverhalten im industriellen Umfeld (z. B. bei Kommissionier- oder auch Montagetätigkeiten) ermöglichen. Die Entwicklung dieses echtzeitfähigen, kamerabasierten Ergonomiebewertungssystems erfordert die rechnerinterpretierbare Formalisierung von umfangreichem Expertenwissen der Ergonomiebewertung, das durch viele Einflussfaktoren charakterisiert ist. Die Herausforderung liegt in der systematischen Identifikation von Fehlbewegungen und geeigneten Gegenmaßnahmen.

Vorgehensweise

Um das beschriebene Forschungsziel zu erreichen, gilt es zunächst in Arbeitspaket 1 die Anforderungen für das echtzeitfähigen, kamerabasierten Ergonomiebewertungssystems zu identifizieren und in einem Lastenheft zu dokumentiert. Darüber hinaus sollen Fallstudien in Unternehmen definiert werden, mithilfe derer charakteristische Anwendungsbereiche, die sich beispielsweise durch die Anzahl an manuellen Tätigkeiten sowie typische Bewegungsabläufe kennzeichnen, ermittelt werden. Zudem werden die Kriterien für die spätere Validierung des Ergonomiebewertungssystems bestimmt.

Mithilfe einer Funktionsstrukturanalyse sowie eines morphologischen Kastens erfolgt in Arbeitspaket 2 die Konzeption des kamerabasierten Ergonomiebewertungssystems. Hierzu werden die für die Ergonomiebewertung relevanten Informationen zusammengeführt und strukturiert aufbereitet.

Arbeitspaket 3 verfolgt die Umsetzung des kamerabasierten Ergonomiebewertungssystems. Hierzu gehören neben der Gestaltung der Benutzeroberfläche insbesondere die Entwicklung geeigneter Algorithmen zur Menschidentifikation in der Produktionsumgebung sowie robusten Bewegungsverfolgung und -analyse, um hieraus Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Die Validierung und Optimierung des Systems erfolgt unter Realbedingungen in Arbeitspaket 4. Hierbei sollen entsprechend der in Arbeitspaket 1 definierten Fallstudien Testszenarien aufgebaut werden, in denen die Validität des Ergonomiebewertungssystems überprüft wird. Die Ergebnisse der Ergonomiebewertung des Systems sowie die Anwendbarkeit selbst werden von Experten bewertet. Zur Sicherstellung der späteren Zweckmäßigkeit wird ein Anwenderleitfaden erstellt.

Arbeitspaket 5 umfasst das Projektmanagement und die Dokumentation gemäß den Anforderungen des Förderers. In diesem Rahmen erfolgt die Erstellung der Zwischenberichte, des Abschlussberichtes sowie diverser Veröffentlichungen.