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Glockenguss: Vom Sound-Design zum Klangkörper

Juni 2018
18
Autor: Thomas Greß, utg
Firma: Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen utg, TU München
Glockenguss: Vom Sound-Design zum Klangkörper

Eine Glocke wird klanglich optimiert und am utg in Garching gegossen.
Foto: Martin Landesberger, utg

 

In seiner Masterarbeit entwarf Felix Thomann einen Glockenklang, der sich von der stark kulturell geprägten Erwartungshaltung der Hörer abheben soll. Im europäischen Raum am bekanntesten sind sogenannte Mollterz-Glocken. Sie erklingen von den meisten Kirchtürmen. Fröhlicher anmutende Durterz-Glocken sind dagegen selten zu finden und die nahezu zylinderförmigen asiatischen Exemplare klingen hierzulande exotisch. Ein ganz neues, unerwartetes Klangbild sollte die von Felix Thomann gestaltete Jazz-Glocke liefern. Der designte Sound wurde mit akustischen Zielgrößen beschrieben und die Form der Glocke in einem Finite-Elemente-Modell mittels evolutionärer Optimierungsverfahren dahingehend optimiert.

Betreut wurde diese interdisziplinäre Arbeit am Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen (utg, www.utg.de) und am Lehrstuhl für Akustik mobiler Systeme (VIB, www.vib.mw.tum.de) durch Thomas Greß, Magdalena Scholz und Lennart Moheit. Die Idee zu einer möglichen Zusammenarbeit kam den beiden Lehrstuhlleitern Prof. Wolfram Volk und Prof. Steffen Marburg bei einem Treffen im Kloster Scheyern. Der Klangkörper „Glocke“ spielt in der Lehre des Lehrstuhls VIB eine zentrale Rolle. Die Infrastruktur am Lehrstuhl utg bietet die Möglichkeit sowohl im Sand- als auch im Kokillengießverfahren Gussprodukte aus Leicht- und Schwermetallen herzustellen, welche im Vorfeld am PC entworfen wurden.

Am Lehrstuhl utg wurde ein gießtechnisches Konzept für das virtuelle Modell der Glocke erarbeitet, das am Lehrstuhl VIB vorab hinsichtlich des Glockenklangs topologisch optimiert wurde. Traditionell werden Glocken im fallenden Gießverfahren gefertigt. Charakteristisch hierfür ist eine rasche Formfüllung, welche bei geringen Wandstärken vorteilhaft sein kann. Beim fallenden Guss kann es jedoch aufgrund der turbulenten Formfüllung zur erhöhten Blasenbildung, Formausspülung und zum Verspritzen des Gießwerkstoffes kommen. Im Rahmen des Projekts wurden daher zwei Strategien verfolgt: der fallende und der steigende Guss. Die Auslegung des Gießsystems erfolgte mittels numerischer Simulation. Die Gießprozesssimulation ermöglicht es, das System hinsichtlich Gaseinschlüssen, Lunkerbildung, Formfüllung und Erstarrung zu bewerten. Die Gießformen wurden von der Firma voxeljet AG, Friedberg (www.voxeljet.com), aus mit Furanharz gebundenem Sand hergestellt.

 

Die ca. 20 kg schwere Glocke aus Zinnbronze wurde am Lehrstuhl utg erfolgreich sowohl im fallenden als auch im steigenden Gießverfahren gefertigt. Eine abschließende Akustik- und Gefügeanalyse soll nun Aufschluss darüber geben, wie gut simulierter und tatsächlicher Klang übereinstimmen. Das Läuten der Glocke mit dem TUM-Emblem kann möglicherweise bald schon auf dem Campus Garching zu hören sein.