Das NC-Formschleifen mit Schleifstiften auf Bearbeitungszentren ist aufgrund der Prozesskinematik ein flexibles Feinbearbeitungsverfahren, welches insbesondere die Bearbeitung freigeformter Werkstückoberflächen ermöglicht. Ein Einsatzgebiet ist dabei die Fertigung vom Umformwerkzeugen, welche zur Standzeiterhöhung mittels thermischer Spritzverfahren, wie dem Hochgeschwindigkeitsflammspritzen (HVOF) oder dem Lichtbogendrahtspritzen mit Verschleißschutzschichten, versehen werden. Aufgrund der Schichtrauheit und der Formabweichungen durch den Beschichtungsprozess lassen sich die Werkstücke nicht direkt im Umformprozess einsetzen und müssen zunächst beispielsweise durch Schleifen nachbearbeitet werden.
Ein Vorteil der Nachbearbeitung der beschichteten Werkzeuge ist, dass diese dabei direkt mit tribologisch geeigneten Strukturen versehen werden können. Indem gezielt unterschiedliche Oberflächenstrukturen auf Funktionsflächen der Umformwerkzeuge aufgebracht werden, lässt sich der Materialfluss bei der Formgebung der Blechwerkstücke beeinflussen, um so den Umformprozess zu verbessern. Die aus der Schleifbearbeitung resultierenden Oberflächenstrukturen hängen von vielen Faktoren, wie den Prozessparametern, den Werkzeugen und insbesondere dem Korn- und Bindungsverschleiß, ab.
Um die Schleifprozesse dennoch gezielt auslegen zu können, werden in Kooperation mit dem Lehrstuhl XIV Informatik – Virtual Machining Simulationssysteme entwickelt, mit denen eine Vorhersage der entstehenden Oberflächentopographien und auftretenden Prozesskräfte unter Berücksichtigung einzelner Körner möglich ist. Im Kontrast zu Finite-Elemente-Modellen oder partikelbasierten Methoden bieten geometrische Modellierungsansätze in Kombination mit empirischen Modellen für beispielsweise die Prozesskräfte eine zeiteffiziente Möglichkeit zur Simulation größerer Prozessausschnitte. Die Form der Diamant- oder CBN-Körner lässt sich dabei als Punktwolken unterschiedlicher Verschleißzustände abbilden, die in einer Datenbank hinterlegt werden und stochastisch auf der Oberfläche des Werkzeugmodells verteilt werden (Abb. a).
Zur Erstellung dieser Korndatenbank werden im Rahmen dieses Projektes umfangreiche experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Durch repräsentative Schleifprozesse werden gezielt unterschiedliche Verschleißzustände erzeugt und die Werkzeugtopographien digitalisiert. Aus diesen Messungen können einzelne Kornformen extrahiert und in unterschiedlichen Verschleißzuständen in der Datenbank abgelegt werden (Abb. b). Für die Parametrisierung des Prozesskraftmodells werden Einkornritzversuche durchgeführt. Auf diese Weise lassen sich die auf ein einzelnes Korn wirkenden Kräfte in Abhängigkeit von der Spanungsform messen und in ein empirisches Prozesskraftmodell überführen.
Mit der stochastischen Korndatenbank und dem Prozesskraftmodell lassen sich NC-Formschleifprozesse mit unterschiedlichen Werkzeuggestalten simulieren. Als Anwendung dieses Ansatzes werden unterschiedliche Schleifprozesse zur Oberflächenstrukturierung freigeformter Umformwerkzeuge ausgelegt. Durch eine Vorhersage der entstehenden Oberflächentopographien mit der Simulation und einen Vergleich mit experimentellen Prozessergebnissen erfolgt eine Validierung des Simulationsmodells.