Digital Implant Lifecycle Management – Implantat-Überwachung von der Idee bis zur Entsorgung
Im Rahmen des TRR/SFB SIIRI (Sicherheitsintegrierte infektionsreaktive Implantate) wird ein digitaler Zwilling eines Implantats am Beispiel der totalen Knie-Endoprothese erstellt. Hierzu soll ein digitales Implantat-Lebenszyklus-Management (DILM) eingerichtet werden, das es ermöglicht, Daten aus verschiedenen Phasen des Lebenszyklus zu erfassen, zu speichern, zu kombinieren und zu nutzen. Das DILM soll zukünftig die Qualitätskontrolle und automatisierte Planung von Revisionsoperationen für Implantate ermöglichen.
Die Ausfallraten von Knie-Implantaten (TKA) sind mit rund 13 % innerhalb der ersten zehn Jahre im Vergleich zu den Ausfallraten in der Luftfahrtbranche mit rund 0,0000019 % deutlich höher. Das Projekt A01 - Implantatregeneration und Lebenszyklusmanagement des Sonderforschungsbereich/Transregio 298 SIIRI (Sicherheitsintegrierte und infektionsreaktive Implantate) versucht den Ausfall von Implantaten durch frühzeitige Revision einzelner Implantatkomponenten mit digitaler Unterstützung zu verhindern. Am Beispiel der totalen Knie-Endoprothese werden Abnutzungsmuster einzelner Komponenten analysiert, beispielsweise durch die Röntgen-Stereogrammetrie-Analyse, und Messergebnisse in der digitalen Ebene gespeichert. Zur effektiven Verwendung solcher Daten bedarf es eines intelligenten und übersichtlichen Informationsmanagements.
Zur Entwicklung des „Digital Implant Lifecycle Management“ wurden Strategien aus des Product Lifecycle Managements (PLM), der Condition-based Maintenance (CBM) sowie des Konzeptes des Digitalen Zwillings (DT) genutzt. Diese in der Fertigungstechnik und Luftfahrt verbreiteten Ansätze bieten den Vorteil, die disziplinübergreifende Kommunikation während des gesamten Implantat-Lebenszyklus durch einen gemeinsamen Datenraum zu verbessern.
Das vorgestellte Konzept für das Digital Implant Lifecycle Management (DILM) orientiert sich sowohl an dem „klassischen“ PLM nach Stark als auch an der Definition des Digitalen Zwillings nach Grieves. Das Implantat durchläuft im DILM die unterschiedlichen Phasen des Lebenszyklus.
Den ersten Schritt bildet das Development des Implantats, in der hauptsächlich die Geometrie und der Wirkmechanismus modelliert werden. Während dieser Phase dient das DILM hauptsächlich der Kommunikation des Entwicklerteams und erfüllt damit Aufgaben eines PLM-Systems.
Im zweiten Schritt, dem Manufacturing, nimmt das DILM Eigenschaften eines digitalen Zwillings an. Dabei besteht die Möglichkeit, verschiedene Modelle einzubinden, sodass Fertigungssimulationen zu einer Prozessanpassung führen oder eine Online-Prozessüberwachung stattfindet.
Der dritte Schritt beschreibt die Use-Phase. In dieser werden die Daten des Patienten und des Implantats zum ersten Mal miteinander in Verbindung gebracht. Dabei kann es sich sowohl um generelle Informationen (Name, Adresse, Krankengeschichte, etc.) als auch um operations- oder implantatspezifische Informationen (Anamnesebericht, OP-Bericht, Entlassungsbericht) handeln.
Beim Monitoring von Implantaten können, aufgrund der äußeren Umstände (Stromversorgung, Inkorporation der Sensorik in Gewebe, Deutungshoheit von medizinischem Personal) Informationen nicht dauerhaft und automatisiert abgerufen werden. Daher wurde ein vierter Schritt hinzugefügt, welcher sich mit Informationen und Daten aus dem Check-Up durch Krankenhauskräfte oder Ärzte beschäftigt. Dabei werden Daten, welche aus dem Implant-Monitoring stammen im System, verarbeitet und bereitgestellt, sodass die verantwortliche Stelle diese weiterverarbeiten kann.
Der fünfte Schritt, das Retirement, beginnt mit der Explantation des Implantats sowie der Aufnahme zugehöriger Daten. Darüber hinaus werden weitergehende Informationen, falls diese anfallen sollten, aufgenommen.
Beispielhaft umgesetzt wurde das DILM-Konzept mittels der Zerspanungssimulation IFW CutS. Dabei handelt es um eine Software zur kinematischen Simulation von Werkzeug/Werkstück-Interaktionsmodellen, die einen digitalen Zwilling abbilden können. Um das vorliegende DILM-Konzept in die Software zu übertragen, wurde ein Plug-In implementiert, das unterschiedliche Datenformate einschließen kann. Somit ist es möglich, die verschiedenen Daten abzubilden , die über den Lifecycle hinweg auftreten. Anfallende Datei-Typen werden dabei in das XML-Format gewandelt, strukturiert und mit Metadaten versehen.
Kontakt:
Für weitere Informationen steht Ihnen Max-Enno Eggers, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 4341 oder per E-Mail (eggers@ifw.uni-hannover.de) gern zur Verfügung