Linear-rotatorischer Antrieb erhöht Dynamik in Werkzeugmaschinen
Ein kompakteres Antriebsdesign in Werkzeugmaschinen kann durch die Integration eines linearen- und rotatorischen Freiheitsgrad in einem einzigen Antrieb realisiert werden. Im Gegensatz zu konventionellen Maschinen sind Mehrachsbewegungen ohne serielle Stapelung mehrerer Achsen möglich. Durch die Entwicklung eines neuartigen Mehrkoordinatenantriebs wurde am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover der Bauraum deutlich verringert und die Dynamik gesteigert.
Für eine kombinierte Bewegung in mehreren Freiheitsgraden werden in Werkzeugmaschinen bislang einzelne Achsen in einer seriellen Anordnung verschaltet. Durch die serielle Struktur trägt die unterlagerte Achse die auf ihr angeordnete Achse: Dadurch steigt der Platzbedarf und die erreichbare Dynamik und Präzision werden begrenzt. „Um diesen Nachteilen zu begegnen, haben wir einen neuartigen Mehrkoordinatendirektantrieb entwickelt“, erläutert IFW-Mitarbeiter Henning Buhl. Die Neuheit des Antriebes ist, dass ohne eine serielle Kinematik in linearer- und rotatorischer Achsrichtung mit nur einer Maschinenkomponente (Rotor) verfahren werden kann. Um auch bei einer hoch produktiven Zerspanung die Tragfähigkeit der Rotorlagerung zu gewährleisten, wurde hierfür extra eine hydrostatische Lager- und Klemmeinheit konzipiert.
Die Eignung des Mehrkoordinatendirektantriebes für zerspanende Prozesse wurde am Institut erfolgreich nachgewiesen. Buhl: „Unsere Fräsversuche bestätigen, dass verschiedene Geometrien im Voll- und Halbschnitte prozessstabil gefräst werden können.“. Eine Abdrängung der Achsposition durch die Bearbeitungskräfte wurde selbst bei Eingriffstiefen von 5 mm nicht festgestellt. Das Fräsen war mit einer stabilen Achsreglung und Achsposition möglich. In Aktion ist der Antrieb unter dem nachfolgenden Link als Video zu sehen (https://www.youtube.com/watch?v=7m4gLaebbMY).
Mit dem kombinierten Antrieb wurden Verfahrweg entlang der Y-Linearachse um ± 100 mm und entlang der B-Rotationsachse um ± 120 ° erreicht. Diese gleichen den Verfahrwegen eines konventionellen Dreh-Fräszentrums. Es wurde zudem ein maximales Drehmoment von 1.471,6 Nm und eine Vorschubkraft von 4.893,7 N erzielt. Neben der Eignung für die Fräsbearbeitung weist der Mehrkoordinatenantrieb eine hohe Positioniergenauigkeit auf, sodass hochgenau im einstelligen µm-Bereich verlässlich positioniert werden kann. Gegenüber der konventionellen Kinematik ermöglicht der kombinierte Antrieb einen bis zu 16 % kompakteren Bauraum. Zusätzliche Vorteile sind die um 82 % geringere bewegte Masse in Y-Achsrichtung, sowie die im geklemmten Achszustand erhöhte Steifigkeit gegenüber einer seriellen Kinematik.
Für weitere Informationen steht Ihnen Henning Buhl, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 5210 oder per E-Mail unter Buhl@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.