Neue Prozessplanung reduziert Maßfehler um 83 %
Das Projekt LearnWZS wurde 30 Monate von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und ist nun abgeschlossen. Motiviert wurde das Vorhaben durch die steigenden Anforderungen an Schaftwerkzeuge bei zugleich sinkenden Losgrößen, wodurch für die Wettbewerbsfähigkeit eine maßhaltige Fertigung ab Losgröße 1 erforderlich ist. Um die Mitarbeitenden in der Prozessplanung zu unterstützen, entwickelte das IFW im Rahmen des Projekts eine Methode, die mit einer Stellgrößenauslegung kombiniert mit einer Adaption der Bahnplanung die Fertigung optimiert. Als Ausgangspunkt wurde dafür eine prozessparallele Simulation aufgebaut, mit der sowohl die lokalen Eingriffsgrößen als auch steuerungsinterne Daten aus der Werkzeugschleifmaschine synchron erfasst werden konnten. Implementiert wurde das Vorgehen in die geometrische Materialabtragsimulation IFW CutS, die aufgrund der dexelbasierten Berechnung eine leistungsfähige Grundlage darstellt. Das Aufbereiten der Daten sowie die Erweiterung mit Metadaten zur Geometrie und zum Material der verwendeten Produktionsdaten wurde ebenfalls betrachtet.
Im zweiten Arbeitspaket entstanden empirische Modelle der Prozesskraft in Abhängigkeit der lokalen Eingriffsgrößen. Dafür wurden sowohl die lokalen Kontaktlängen als auch die äquivalenten Spandicken aus der Simulation des Materialabtrags genutzt. Zusätzlich entstand eine umfangreiche Datenbasis aus Nutenschleifprozessen mit unterschiedlichen Schleifscheiben und Werkstoffen, mit deren Daten verschiedene Modelle maschinell angelernt wurden. Die Modelle dienten der Prognose der Maßabweichungen sowie der Oberflächenrauheit, wobei neuronale Netze eine um durchschnittliche 37,9 % höhere Prognosegüte als Modelle der Stützvektormethode aufwiesen.
Nachdem die Vorhersage der Prozessqualität gesichert wurde, konnte eine Prozessoptimierung durch eine Variation der Prozessstellgrößen mit unterschiedlichen Heuristiken aufgebaut werden. Dabei trat der Algorithmus simulated annealing durch die zuverlässige Identifikation eines globalen Qualitätsoptimums hervor. Für die Optimierung wurden sowohl die Oberflächenrauheit als auch die Prozesszeit als Zielgrößen vorgegeben. Die Maßhaltigkeit blieb dabei unberücksichtigt, da sie anschließend durch eine Adaption der Schleifscheibenbahn entlang des Biegebalkenmodells kompensiert wurde. Die Parametrierung des Modells erfolgte mit der Prozesskraftprognose sowie mit den Flächenträgheitsmomenten des Werkzeugquerschnitts aus der Materialabtragsimulation und erreichte eine Reduktion der Maßabweichung von 83 %. Das letzte Arbeitspaket umfasste die Übertragung der Methode auf unterschiedliche Schleifscheibenspezifikationen und –zustände. Die Ergebnisse zeigten, dass ein Datensatz zumindest 30 Datenpunkte enthalten muss, um aussagekräftige Modelle aufzubauen. Darüber hinaus konnte das Einsatzverhalten der Schleifscheibe nach dem Schärfen mit unterschiedlichen Parametern dargestellt werden.
„Die Prozessplanung kann durch die entwickelte Methode auf ein vertieftes Prozesswissen sowie auf eine optimierte Werkzeugbahn zurückgreifen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Werkzeugfertigung langfristig zu sichern.“, resümiert IFW-Mitarbeiter Michael Wulf. Der Abschlussbericht des Projekts wurde Ende Februar bei der DFG eingereicht. Die Projektinhalte wurden darüber hinaus in verschiedenen Veröffentlichungen publiziert.