"Hochproduktive Lösungen für ein anspruchsvolles Umfeld zu entwickeln, ist Teil der DNA von HELLER"
Interview mit Marcus Kurringer, Leiter Marketing der Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH, einem der führenden Werkzeugmaschinenhersteller auf dem Gebiet der Zerspanung
IndustryArena: Herr Kurringer, welche Schlüsselmomente in der Geschichte von HELLER haben den Wandel vom kleinen Handwerksbetrieb zum globalen Unternehmen maßgeblich beeinflusst?
Marcus Kurringer: Der Einstieg in den Maschinenbau gelang 1898 mit der Produktion von Kaltkreissägen zum Sägen von Metallen sowie der Fertigung von Sägeblattschärfmaschinen und Gewindeschneidapparaten. Im Jahr 1900 stieg Hermann Hellers Bruder Ernst als gelernter Kaufmann ins Unternehmen ein. Das war die Geburtsstunde der „Gebr. Heller Werkzeug- und Maschinenfabrik“ in Nürtingen.
HELLER wagte Anfang des 20. Jahrhunderts den Schritt hin zur Fräsmaschinenherstellung, brachte 1942 Fertigungsstraßen auf den Markt, führte in den 1950ern die elektrohydraulische Steuerung ein und versorgte seine Montagestationen schon in den frühen 60er Jahren mittels induktiv gesteuerter Flurförderfahrzeuge mit Material.
In den 60er Jahren übernahmen Hubert und Berndt Heller die Führung in der Maschinenfabrik und entwickelten die Firma zu einer international erfolgreichen Unternehmensgruppe mit zahlreichen Standorten in allen wichtigen Märkten – darunter auch die Produktionswerke in England (Redditch) und Brasilien (Sorocaba), die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum begehen.
- 1978: HELLER erweitert sein Produktprogramm um Nockenwellenfräsmaschinen.
- 1990er: HELLER bietet ein breites Maschinenspektrum für zahlreiche Anwendungen, flexibel und modular, für mehr Produktivität und rationellere Fertigungsabläufe: zum Beispiel Bearbeitungszentren (MCA, MCS, MCP), Bohrkopfwechselmaschinen (HCS), Kurbel- und Nockenwellenfräsmaschinen (RFK, RFN) und Drehräumzentren (DRZ).
- 1997: Einführung der Zentren-Baureihe MC mit der neuen HELLER-Steuerung uniPro CNC 90
- 2007: Die neue Baureihe H wird eingeführt. Sie umfasst flexibel konfigurierbare 4-Achs-Horizontalbearbeitungszentren für ein großes Werkstoff- und Teilespektrum, von der Einzelanfertigung bis zur Großserienfertigung.
- 2009: Start der neuen Baureihe F. Sie umfasst 5-Achs-Produktionsmaschinen mit und ohne Palettenwechsel für ein breites Feld von Anwendern unterschiedlicher Branchen.
- 2011: HELLER führt die neue Baureihe C ein. Sie umfasst 5-Achs-Bearbeitungszentren für kombinierte
Fräs-/Drehaufgaben auf einer Maschine (Combined Processing). - 2012: Die ersten CBC-Module zur neuartigen Beschichtung von Zylinderbohrungen von Kurbelgehäusen werden ausgeliefert. Start der Fließtaktmontage bei HELLER in Nürtingen. Das Unternehmen erhält den bisher größten Auftrag in seiner Geschichte.
- 2016: Einführung des Konzepts HELLER4Industry, das neben ergänzenden Maschinenfunktionalitäten weitere Dienstleistungen "on demand" rund um die Maschine sowie erweiterte Servicemöglichkeiten bietet. Die neue Baureihe HF mit horizontalen 5-Achs-Bearbeitungszentren, die hochproduktiv und flexibel arbeiten und einfach in Bedienung und Wartung sind, wird eingeführt.
- 2021: Die vierte Generation der bewährten vierachsigen Bearbeitungszentren der Baureihe H kommt auf den Markt. Dabei stehen den Anwendern vielfältige Industrie-4.0-Features zur Verfügung.
- 2023: Im Rahmen der EMO wird die neue Generation der 5-Achs-Bearbeitungszentren der Baureihe F vorgestellt.
- 2024: HELLER begeht sein 130-jähriges Firmenjubiläum. Auf der Hausmesse HELLER Open House und der Fachmesse AMB in Stuttgart präsentiert HELLER neben weiteren Modellen der Baureihe F vielfältige Dienstleistungen und zukunftsfähige Technologie-, Digitalisierungs- und Automationslösungen.
Welche zukünftigen Trends und Technologien sehen Sie als besonders wichtig für die Weiterentwicklung Ihrer Dienstleistungen und Maschinen?
Grundsätzlich geht es für ein Unternehmen, das in eine Werkzeugmaschine investiert, um Langzeit-Zuverlässigkeit in Verbindung mit Produktivität, Flexibilität, Stabilität und Präzision. Damit überhaupt zuverlässig produziert werden kann, müssen Maschinen genau diese Merkmale erfüllen. Die optimale Kombination aus Maschinenbau, Automatisierung, Digitalisierung inkl. künstlicher Intelligenz und Technologieprozessen ist der Schlüssel für erfolgreiche kundenspezifische Fertigungslösungen.
Können Sie ein konkretes Beispiel geben, wie die Unternehmenswerte ‚Systematisch, Nachhaltig und Partnerschaftlich‘ im Alltag umgesetzt werden und welchen Einfluss sie auf Ihre Geschäftspraktiken haben?
Die Begriffe „systematisch“, „nachhaltig“ und „partnerschaftlich“ sind unsere Markenattribute, die unsere Arbeitsweise, Gestaltung, Sprache oder unseren Umgang wesentlich beeinflussen. Ein Beispiel dafür ist unser umfassender 360-Grad-Blick für Fertigungslösungen. Wir sehen uns nicht nur als Hersteller von Werkzeugmaschinen, sondern insbesondere als kompetenter Technologiepartner für unsere Kunden. Wir analysieren die spezifischen Bedürfnisse unserer Kunden und entwickeln daraus maßgeschneiderte, modulare Lösungen.
Heller ist seit über 130 Jahren im Maschinenbau tätig und ist somit einer der ältesten noch existierenden Maschinenhersteller der Welt. Was würden Sie sagen, sind die Schlüsselstrategien, dass sich die Firma Heller so lange etablieren konnte?
Der Anspruch, hochproduktive Lösungen für ein anspruchsvolles Umfeld zu entwickeln, ist Teil der DNA von HELLER. Diese Kompetenz konnten wir in unsere verschiedenen Maschinenkonzepte übertragen, und jetzt auch auf universelle Lösungen. Wir nutzen die Eigenschaften wie hohe Produktivität, Langlebigkeit, Präzision und Flexibilität, damit auch andere Abnehmer und Branchen davon profitieren können.
Dabei geben wir unseren Kunden ein Qualitätsversprechen, das auf 4 Botschaften basiert:
- Made by HELLER:
Höchste Fertigungstiefe: HELLER Maschinen fertigen HELLER Maschinen. - Made to Work:
HELLER Maschinen sind für den rauen Produktionsalltag ausgelegt – 24/7 im 3-Schicht-Betrieb. - Lifetime Partnership:
HELLER Services bietet umfassende Dienstleistungen über den gesamten Lebenszyklus einer Maschine. - HELLER Global Footprint:
Unsere globale Ausrichtung bei gleichzeitig starker regionaler Präsenz sichert Kundennähe weltweit.
Wie haben sich die 5-Achs-Bearbeitungszentren der neuen Generation in Bezug auf Zerspanungsleistung und Präzision weiterentwickelt, und welche spezifischen Vorteile bieten ergänzende Technologien wie beispielsweise Power Skiving für die Produktionsindustrie?
Die 5-Achs-Maschinen der neuen Generation der Baureihe F mit Kopfkinematik eignen sich für den Einsatz von der Einzelteil- bis hin zur flexiblen 24/7-Serienfertigung für Anwender zahlreicher Branchen – vom Maschinenbau über Energietechnik bis hin zu Aerospace. Wie alle Maschinen von HELLER sind sie ein Benchmark in Zerspanungsleistung und Präzision. Highlights sind kurze Nebenzeiten und eine optimale Automatisierbarkeit. Es ist uns gelungen, mit der Baureihe F den bisherigen hohen Standard auf ein neues Level zu heben. Dies auch dank neu entwickelter Schlüsselkomponenten „Made by HELLER“. Zu diesen zählen die grundlegend überarbeiteten Schwenkköpfe samt den darin integrierten und eigens von HELLER entwickelten Motorspindeln. Darüber hinaus punkten die 5-Achs-Bearbeitungszentren mit einer Top-Ausstattung, einem schmalen Footprint sowie einer Erweiterungsmöglichkeit durch Technologien wie zum Beispiel Mill-Turn, Interpolationsdrehen oder auch Power Skiving.
Mit dem Technologiezyklus Power Skiving bietet Heller den Kunden ein hochproduktives und flexibles Verfahren zum Wälzschälen verschiedener Verzahnungen an. Mithilfe einer bedienerfreundlichen Eingabe lassen sich auf einem 5-Achs-Bearbeitungszentrum mit Mill-Turn-Lösung hohe Verzahnungsqualitäten erzielen. Bauteile in einer Aufspannung zu bearbeiten bietet einige Vorteile: Die Bearbeitungsgenauigkeit nimmt ebenso zu wie die Produktivität. Zudem verringern sich Aufwendungen im Bauteilhandling. Damit Kunden diese Potenziale erschließen können, integriert Heller aus Nürtingen sukzessive weitere Technologien in seine Bearbeitungszentren. Ein Beispiel ist das Wälzschälen, mit dem Nutzer von 5-Achs-Fräszentren Bauteile auch verzahnen – ohne umzuspannen.
Beim Power Skiving gibt es kaum Stirnräder, die sich nicht herstellen lassen. Ob gerade oder schräge Verzahnung, Außen- oder Innenverzahnung: Alles ist problemlos machbar. Auch ballige Verzahnungen sind mit hoher Profiltreue realisierbar. Die Kosten für eine extra Verzahnungsmaschine lassen sich dabei sparen. Zudem ist das Verfahren zwei- bis dreimal schneller als das Stoßen und damit weitaus produktiver. Dazu punktet das Wälzschälen mit weniger Störkonturen, mehr Flexibilität und günstigeren Werkzeugen als beim Räumen und beim Wälzfräsen.
Einzige Voraussetzung ist, dass die eingesetzte 5-Achs-Maschine zusätzlich über die Drehfunktionen der Heller Mill-Turn-Option mit dem direkt angetriebenen Rundtisch verfügt. Ist dies der Fall, lässt sich die Technologie Wälzschälen einfach in moderne Siemenssteuerungen integrieren und ebenso einfach programmieren. Selbst Maschinenbediener mit wenig Verzahnungserfahrung werden keine Probleme haben, ein zuverlässig funktionierendes Programm zu erstellen. Basis dafür ist ein Technologiezyklus mit klarer Gliederung und grafisch unterstützter Eingabemaske. Die Programmierenden geben hierzu schrittweise alle relevanten Verzahnungsdaten ein und bestätigen diese am Ende. Dann führt der Zyklus automatisch eine umfangreiche Plausibilitätsprüfung durch. Schließt diese erfolgreich ab, lässt sich der Fertigungsprozess starten.
Power Skiving auf Maschinen der Baden-Württemberger erweitert so das Spektrum der Komplettbearbeitung auf einfache und zuverlässige Weise. Dabei halten sich die Zusatzinvestitionen in engen Grenzen, da lediglich die jeweiligen Werkzeuge benötigt werden.
Können Sie abschließend in einem Satz schildern, was HELLER so besonders macht und von der Konkurrenz abhebt?
Wissen, wie es geht: Seit 130 Jahren entwickelt das HELLER Team voller Leidenschaft für und mit den Kunden passende Lösungen für ihre Fertigung.
Herr Kurringer, vielen Dank für das interessante Gespräch.
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